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Prinz Andrew will Missbrauchsskandal mit Geld besiegeln

Statt einem großen Finale vor Gericht endet der Missbrauchsskandal um Prinz Andrew und Virginia Giuffre still und leise mit einem Vergleich.

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Der wegen Missbrauchsvorwürfen mit einer Zivilklage konfrontierte britische Prinz Andrew hat sich mit der US-amerikanischen Klägerin Virginia Giuffre im Grundsatz auf einen Vergleich geeinigt.
Der wegen Missbrauchsvorwürfen mit einer Zivilklage konfrontierte britische Prinz Andrew hat sich mit der US-amerikanischen Klägerin Virginia Giuffre im Grundsatz auf einen Vergleich geeinigt. © Pool PA

New York. Kurze Zeit sah es so aus, als würde der Missbrauchsskandal um den britischen Prinzen Andrew im grellen Licht der Öffentlichkeit eines New Yorker Gerichtssaals landen. Richter Lewis Kaplan visierte schon einen Prozess wegen der Klage von Virginia Giuffre für Ende des Jahres an - nach einer Befragung Andrews unter Eid. Doch dazu kommt es nicht. "Virginia Giuffre und Prinz Andrew haben eine außergerichtliche Einigung erzielt" - so der schlichte Wortlaut eines aktuellen Gerichtsdokuments, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In einem Brief an den New Yorker Richter Lewis Kaplan kündigten beide Konfliktparteien am Dienstag an, die Einstellung des Prozesses zu beantragen.

Giuffre hatte dem zweitältesten Sohn von Queen Elizabeth II. vorgeworfen, sie vor gut 20 Jahren als Minderjährige mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Sie sei vom US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein und dessen Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell dazu gezwungen worden. Andrew weist die Vorwürfe strikt zurück.

Experten waren sich deshalb zuvor auch nicht einig gewesen, ob der Prinz sich auf einen außergerichtlich Deal einlassen würde, weil dies nach außen wie ein Schuldeingeständnis wirken könnte. Vor kurzem hieß es noch, Prinz Andrew stelle sich dem Prozess und solle am 10. März an einem "neutralen Ort" in London unter Eid vor Giuffres Anwälten aussagen. Auch Virginia Giuffre sollte unter Eid aussagen.

Opfer eines Missbrauchsrings um Epstein

Nun fließt stattdessen also Geld an die Klägerin - wie viel, ist unbekannt, aber wenig kann es nicht sein. Andrew teilte mit, Giuffres Wohltätigkeitsorganisation zur Unterstützung von Opfern von Gewalt unterstützen zu wollen. "Prinz Andrew hatte nie die Absicht, Frau Giuffre zu verleumden, und er akzeptiert, dass sie sowohl als Opfer von Missbrauch als auch als Folge unfairer öffentlicher Angriffe gelitten hat", heißt es in der Verlautbarung, mit der der Rechtsstreit nun nach dem Willen von Andrew zu den Akten gelegt werden soll.

Auch auf Andrews früheren Freund wird direkt Bezug genommen: Es sei bekannt, dass Jeffrey Epstein über viele Jahre für den Menschenhandel mit unzähligen junge Mädchen verantwortlich sei. "Prinz Andrew bedauert seine Verbindung mit Epstein und lobt den Mut von Frau Giuffre und anderen Überlebenden, sich für sich selbst und andere einzusetzen."

Giuffre gibt an, Opfer eines von dem US-Multimillionär Jeffrey Epstein und seiner Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell aufgebauten Missbrauchsrings geworden zu sein. Nach eigenen Angaben wurde sie dabei zum Missbrauch an den Royal vermittelt. Die mit Andrew viele Jahre befreundete Maxwell war erst vor kurzem von einem Gericht in einem US-Strafverfahren in mehreren Punkten schuldig gesprochen worden, unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken, und muss mit einer langen Haftstrafe rechnen. Epstein nahm sich 2019 in Untersuchungshaft das Leben.

Das Image des Royals ist ohnehin zunichte

Mit der außergerichtlichen Einigung entgeht Andrew einen möglicherweise sehr unangenehmen Prozess mit der Veröffentlichung von Details des ihm vorgeworfenen sexuellen Missbrauchs. Groß war in Kreisen der Royals die Sorge, der Skandal könne die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. (95) in diesem Jahr überschatten. Ein Prozess in New York hätte voraussichtlich im Herbst stattgefunden und riesige mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Palast hat dem zweitältesten Sohn der Queen bereits alle militärischen Dienstgrade und Schirmherrschaften entzogen.

Der Rechtsexperte und ehemalige US-Bundesanwalt Neama Rahmani beurteilte die Einigung als Sieg für Giuffre, auch wenn Andrew einen möglicherweise extrem peinlichen öffentlichen Prozess abgewendet habe. "Dies ist im Wesentlichen ein Eingeständnis, dass etwas passiert ist", sagte Rahmani der Deutschen Presse-Agentur. Es wirke nun so, als sei der Royal über Jahre nicht aufrichtig gewesen, als er kategorisch geleugnet hatte, Giuffre überhaupt zu kennen. Rahmani geht davon aus, dass der Vergleich eine Vertraulichkeitsklausel und die Aussage enthält, dass Andrew nicht haftbar sei. Dafür habe er schätzungsweise Millionen an Giuffre gezahlt, wenn nicht sogar eine Summe im achtstelligen Bereich, so Rahmanis Einschätzung.

Ob mit Prozess oder ohne: Das Image des Royals ist ohnehin zunichte. Mit einem seltenen BBC-Interview, bei dem sich Andrew um Kopf und Kragen redete, hatte sich der Prinz 2019 noch weiter ins Aus manövriert. Darin zweifelte er unter anderem die Echtheit eines Fotos an, auf dem er im Londoner Haus von Ghislaine Maxwell zu sehen ist, einen Arm um die Hüfte von Virginia Giuffre gelegt. Er säte sogar Zweifel daran, die Frau, der er nun viel Geld zahlt, überhaupt gekannt zu haben. Eine Rückkehr Andrews als arbeitendes Mitglied des Königshauses gilt als ausgeschlossen. (dpa)