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Ruin am Rotstein in letzter Minute abgewendet

Die Straße zum Hotel im Naturschutzgebiet ist beinahe fertig. Der Wirt beklagt 22 000 Euro Verlust wegen Baupannen.

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© Rafael Sampedro

Von Markus van Appeldorn

Das große Bangen hat für Marco Kunze erst mal ein Ende. Monatelang hatte der Hotelier des Berghauses am Rotstein keine Planungssicherheit, fürchtete die Insolvenz. „Ich habe in den letzten Monaten 22 000 Euro Umsatzeinbußen erlitten. Und ohne einen Kredit über 35 000 Euro für die laufenden Kosten hätte ich den Laden schließen können“, sagt Kunze. Grund für die Existenzsorgen ist die schleppende Erneuerung der 2,8 Kilometer langen Straße, die von Dolgowitz zu seinem Haus hinauf führt. Bis vor Kurzem noch eine achsbrecherische Holperpiste. Seit wenigen Wochen schlängelt sich ein neues, ebenes Asphaltband durch den Wald.

Bis es so weit war, ist die Straße in jüngster Zeit immer wieder wegen Bauarbeiten gesperrt gewesen – zum Schaden von Marco Kunze. „Weil mir die Sperrungen von der Stadt Löbau erst zehn Tage vorher mitgeteilt wurden, musste ich zweimal von Gästen gebuchte Veranstaltungen absagen“, sagt er. Seine Umsatzverluste will er nun bei der Stadt Löbau geltend machen. „Ich habe dort schon meine Zahlen vorgelegt. Man hat mir aber bereits angedeutet, dass man meinen Anspruch nicht anerkennen wolle“, sagt der Wirt. Zur Not will er die Summe auch einklagen.

Tatsächlich ist die Erneuerung der Straße pannenbehaftet. Der Löbauer Stadtrat hatte im März den Bau beauftragt und dafür 528 000 Euro bereitgestellt. Um den Geschäftsbetrieb des Rotsteinhauses möglichst wenig zu beeinträchtigen, sollte die Asphaltierung und eine damit vierwöchige Vollsperrung nach damaliger Kenntnis des Hoteliers direkt nach Pfingsten erfolgen. Für diese Zeit nahm Marco Kunze dann auch keine Reservierungen an. Doch es kam anders. Schon kurz nach Baubeginn im April verhängte die Naturschutzbehörde des Landkreises bis Ende Juni einen Baustopp für den 820 Meter langen Streckenteil, der durch das Naturschutzgebiet am Rotstein verläuft. Grund: Schutz für brütende Vögel. Von einer solchen Bau-Einschränkung sei vorher nie die Rede gewesen, beklagte sich die Stadt und musste sich vom Landkreis korrigieren lassen. Der teilte nämlich mit, dass es die Stadt selbst gewesen sei, die den Zeitraum von März bis Ende Juni in ihrem Bauantrag ausgeschlossen habe. Nur deswegen sei die Genehmigung überhaupt erteilt worden.

Marco Kunze sieht sich nun mit seiner Forderung im Recht. „Die Baufirma ist auch bereits in erheblichem Maße nachfinanziert worden“, sagt er. Seiner Kenntnis nach mit einem hohen fünfstelligen Betrag. Die Stadt Löbau gibt zu einer solchen Summe auf Anfrage der SZ keine Auskunft. Nur so viel: „Trotz äußerst leichter Verzögerung kam es bisher noch zu keinen Kostenerhöhungen“, teilt Stadtsprecher Marcus Scholz mit. Eine Aussage über die tatsächlichen Baukosten könne ohnehin erst nach Abschluss der Bauarbeiten getroffen werden. Allerdings hat die Stadt laut eigener Aussage die Fördermittelbehörde vorgewarnt, dass es zu Kostensteigerungen kommen könne.

Den Umstand, dass es während der Bauzeit immer wieder zu für Marco Kunze nachteilhaften Vollsperrungen kam, erklärt Stadtsprecher Marcus Scholz mit üblichen Unwägbarkeiten, die bei so einem längerfristigen Bauprojekt immer wieder auftreten könnten. So könnten etwa andere Bauvorhaben wie Autobahnen Priorität gehabt haben. Oder die Lieferung für nötige Baumaterialien könne sich verzögert haben. Eine Mitteilung zehn Tage vor der Sperrung sei jedenfalls „anliegerfreundlich“, so Scholz. Die Beschwerde von Marco Kunze sei schwer nachvollziehbar. Seinen Forderungen nach Baupausen an umsatzstarken Wochenenden sei immer entsprochen worden, etwa an Himmelfahrt.

Ganz vorbei ist der Ärger für Marco Kunze noch nicht. Zur kompletten Fertigstellung der Straße fehlt noch eine zweite Asphalt-Deckschicht. Die sollte nach Auskunft der Stadt ab dem 10. September aufgebracht werden – und damit wäre man sogar im ursprünglich vorgesehenen Fertigstellungszeitraum gewesen. Doch in diesem Fall hätte die Termintreue dem Hotelier geschadet. „Ich habe in dieser Zeit mein Haus mit einer Reisegruppe drei Wochen lang voll belegt“, sagt Kunze, „diesen Umsatz wollte ich nicht auch noch stornieren.“ In Absprache mit der Stadt Löbau wurde dieser letzte Arbeitsgang nun auf die Zeit vom 8. bis 12. Oktober verschoben.