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Russisches Generalkonsulat in Leipzig wird geschlossen

Wegen des Ukraine-Kriegs nehmen die diplomatischen Spannungen zu: Weil Russland viele Deutsche ausweist, muss Russland vier Vertretungen hierzulande schließen. Auch Sachsen ist betroffen.

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Als Reaktion auf die Ausweisung von deutschen Staatsbediensteten hat die Bundesregierung Russland den Betrieb von vier Generalkonsulaten in Deutschland untersagt.
Als Reaktion auf die Ausweisung von deutschen Staatsbediensteten hat die Bundesregierung Russland den Betrieb von vier Generalkonsulaten in Deutschland untersagt. © Joerg Carstensen/dpa (Archiv/Symbolbild)

Leipzig/Moskau. Als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Bediensteter aus Russland hat die Bundesregierung Moskau den Betrieb von vier Generalkonsulaten in Deutschland untersagt. Nach SZ-Informationen steht inzwischen fest, dass das Generalkonsulat in Leipzig bis Jahresende geschlossen wird und damit das einzige in Ostdeutschland. Darüber soll der russische Generalkonsul in Sachsen am Abend bereits informiert haben.

Vom Jahresende an darf Russland nur noch die Botschaft in Berlin und ein weiteres von bislang fünf Generalkonsulaten in Deutschland betreiben, hatte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin angekündigt. Bisher gibt es in Frankfurt, Bonn, Hamburg, München und Leipzig entsprechende Niederlassungen.

Russland kann selber darüber entscheiden, welches Konsulat es behalten will. Für russische Staatsbürger bedeutet dies, dass es weniger Anlaufstellen gibt, um beispielsweise einen Pass zu beantragen oder zu verlängern. Da die russische Botschaft in Berlin geöffnet bleibt, war bereits gemutmaßt worden, dass der Standort Leipzig aufgrund der geografischen Nähe wenig Aussichten hat, erhalten zu bleiben.

Nicht nur russisches Konsulat in Leipzig betroffen

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kündigte eine baldige Reaktion auf die Entscheidung aus Berlin an. Sie hatte bereits am Wochenende weitere Gegenmaßnahmen auf mögliche deutsche Schritte angedroht. Sacharowa hatte der Bundesregierung wiederholt eine russlandfeindliche Politik vorgeworfen. Nicht Moskau, sondern Berlin habe mit den "feindlichen Handlungen" begonnen, sagte sie. Russland sehe sich durch jeden Schritt Deutschlands zu einem Gegenschritt gezwungen.

Berlin hingegen verteidigte die weitere Zuspitzung der Lage. Die russische Regierung sei "einen Schritt der Eskalation gegangen", indem sie die deutsche Gesamtpräsenz in Russland auf 350 Personen begrenzt habe. "Und diese ungerechtfertigte Entscheidung zwingt die Bundesregierung zu einem sehr erheblichen Einschnitt in allen Bereichen ihrer Präsenz in Russland", sagte der Ministeriumssprecher.

Die Bundesregierung habe entschieden, die deutschen Generalkonsulate in Kaliningrad, Jekaterinburg und Nowosibirsk zu schließen. Es solle eine Minimalpräsenz der Kulturmittler - etwa an der deutschen Schule in Moskau und am Goethe-Institut - aufrechterhalten werden. Die Deutsche Botschaft Moskau und das Generalkonsulat in Sankt Petersburg würden aufrechterhalten.

"Für die russische Präsenz in Deutschland gilt unsere Entscheidung reziprok, um eine Ausgewogenheit der beiderseitigen Präsenzen sowohl personell als auch strukturell sicherzustellen. Darum haben wir entschieden, die Zustimmung zum Betrieb von vier der fünf in Deutschland betriebenen russischen Generalkonsulate zu entziehen", sagte der Sprecher. "Dies wurde dem russischen Außenministerium heute mitgeteilt und Russland aufgefordert, die Abwicklung der vier Generalkonsulate in der Bundesrepublik Deutschland umgehend zu veranlassen und bis spätestens zum 31.12.2023 abzuschließen."

Die Reaktion auf das russische Vorgehen sei in der Bundesregierung eng abgesprochen worden, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Bundesregierung hatte zuvor schon deutliche Kritik an der Entscheidung Moskaus geübt, eine Obergrenze für deutsche Staatsbedienstete in Russland einzuführen. Der neue russische Beschluss führt dazu, dass mehrere Hundert deutsche Staatsbedienstete wie Diplomaten, Lehrer und Beschäftigte des Goethe-Instituts Russland verlassen müssen. Die Obergrenze tritt Anfang Juni in Kraft und trifft neben dem diplomatischen Dienst vor allem den Kultur- und Bildungsbereich. So müssen unter anderem Stellen an der Deutschen Schule in Moskau und am Goethe-Institut in Russland gestrichen werden.

Das Goethe-Institut ist nach eigenen Angaben seit 30 Jahren in Russland aktiv mit Instituten in Moskau und Sankt Petersburg sowie seit 2009 in Nowosibirsk. Betreut werden etwa 20 Sprachlernzentren und rund 10.000 Deutschlehrerinnen und -lehrer mit bisher knapp zwei Millionen Deutsch-Schülerinnen und -Schülern. Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind Kooperationen mit staatlichen Stellen gestoppt, Sprachkurse und Prüfungen wurden noch angeboten.

Russland sieht Beziehung extrem gespannt

Aus Sicht der Präsidentin des Goethe-Instituts, Carola Lentz, zieht die Aufforderung zur Reduktion "drastische Einschnitte in allen Bereichen der Arbeit unserer drei Institute mit sich". Sie sieht darin ein "Einreißen letzter zivilgesellschaftlicher Brücken". Generalsekretär Johannes Ebert kündigte an, "auch mit reduzierter Präsenz die Qualität des Deutschunterrichts und von Deutschprüfungen zu unterstützen und ein - wenn auch räumlich begrenzter - Ort des offenen Austauschs zu bleiben".

Die Institute in Moskau und Sankt Petersburg sollen weiterarbeiten und etwa die Bibliotheken geöffnet bleiben. In Nowosibirsk müssten die Räumlichkeiten aufgegeben werden, hieß es. Dort soll eine Kontaktstelle eingerichtet werden. Deutschland und Russland hatten im Zuge ihrer schweren Spannungen in der Vergangenheit immer wieder gegenseitig Diplomaten ausgewiesen. Schon jetzt sind die Vertretungen stark ausgedünnt, die Dienstleistungen für deutsche Staatsbürger sind reduziert oder mit längeren Wartezeiten etwa bei der Ausstellung von Dokumenten verbunden. Die Lage hat sich mit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine deutlich verschärft.

Mit der Entscheidung macht die Bundesregierung deutlich, dass auch Deutschland andere Saiten aufziehen kann. Als Treiber dieser Eskalation wird die russische Führung gesehen. Die Bundesregierung lässt allerdings auch erkennen, dass eine noch weitergehende Zuspitzung nicht befördert werden soll. "Aus Sicht der Bundesregierung ist mit der nun hergestellten personellen und strukturellen Parität der Präsenzen diese Thematik abgeschlossen", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch.

Russland hingegen sieht die Beziehungen bis zum Zerreißen gespannt. "Die Bundesregierung hat sich bewusst für die Zerstörung der bilateralen Beziehungen entschieden, indem sie innerhalb weniger Monate einen einzigartigen und von mehreren Generationen von Politikern, Bürgern und Diplomaten beider Länder aufgebauten Bestand an Instituten und Mechanismen für Dialog und beiderseitig vorteilhafte Zusammenarbeit vernichtete oder komplett lahmlegte", sagte Sacharowa. Sie ließ allerdings unerwähnt, dass Russland selbst zahlreiche deutsche Nichtregierungsorganisationen für "unerwünscht" erklärt und damit praktisch verboten hat. (dpa)