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Russland soll große Summen an ausländische Politiker gezahlt haben

Der Vorwurf ist nicht neu, dass sich Russland in ausländische Wahlen einmischt. Nun legen die USA Geheimdienstinformationen offen, wie Moskau im großen Stil Einfluss nimmt.

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Aus Putins Russland sollen seit 2014 verdeckt mehr als 300 Millionen Dollar an ausländische politische Parteien und Kandidaten geflossen sein.
Aus Putins Russland sollen seit 2014 verdeckt mehr als 300 Millionen Dollar an ausländische politische Parteien und Kandidaten geflossen sein. © POOL TASS Host Photo Agency/AP/dpa

Washington. Nach Angaben von US-Geheimdiensten hat Russland in den vergangenen Jahren enorme Summen in die Beeinflussung ausländischer Wahlen gesteckt. Mehrere US-Medien, darunter die "Washington Post" und der Sender CNN, berichteten am Dienstag (Ortszeit) übereinstimmend unter Berufung auf einen hochrangigen US-Regierungsvertreter, Russland habe seit 2014 verdeckt mehr als 300 Millionen Dollar an ausländische politische Parteien und Kandidaten in mehr als zwei Dutzend Ländern gezahlt, um Einfluss auf die dortige Politik zu nehmen. Das sei das Ergebnis eines neuen Berichts der Geheimdienste.

Die US-Regierung habe bewusst entschieden, Teile der Untersuchung öffentlich zu machen, um Russlands Gebaren entgegenzuwirken, hieß es. Die 300 Millionen Dollar beträfen jene Summen, die aufgedeckt worden seien. Darüber hinaus gebe es vermutlich weitere bislang unentdeckte Zahlungen. Um welche Länder es sich handelte, wurde nicht genannt. Die betroffenen Länder würden informiert.

Der US-Regierungsvertreter wurde mit folgenden Worten zitiert: "Indem wir ein Licht werfen auf die verdeckte russische Politikfinanzierung und die russischen Versuche, demokratische Prozesse zu untergraben, machen wir diesen ausländischen Parteien und Kandidaten klar, dass wir aufdecken können und werden, wenn sie heimlich russisches Geld annehmen."

Die Russen zahlten mit Bargeld, Kryptowährungen, elektronischen Überweisungen und großzügigen Geschenken, hieß es weiter. Genannt wurde das Beispiel eines nicht näher spezifizierten asiatischen Landes. Dort habe der russische Botschafter mehrere Millionen in bar an einen Präsidentschaftskandidaten gezahlt.

Aufregung in Italien

In Italien sorgte der US-Geheimdienstbericht für große Aufregung. Eineinhalb Wochen vor den Parlamentswahlen forderten viele Politiker am Mittwoch rasche Aufklärung in der Sache. In dem Mittelmeerland hatten einige Parteien und Politiker in den vergangenen Jahren gute Beziehungen mit Moskau. Die Einschätzung der Amerikaner versetzte einige Stellen in Rom deshalb in Alarmstimmung.

"Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Mitteilungen, wonach Italien betroffen ist", sagte Adolfo Urso, der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Geheimdienste (Copasir), dem Sender Rai3. Alle Parteien forderten den Copasir und die Regierung jedoch auf, weitere Erkenntnisse dazu einzuholen. "Wir müssen vor der Wahl Klarheit haben", sagte Enrico Letta, der Chef der Sozialdemokraten. Sollte sich eine Verwicklung italienischer Parteien oder Politiker herausstellen, könnte dies auf die Wahl große Auswirkungen haben.

Unter anderem die rechtspopulistische Lega pflegt seit Jahren enge Kontakte zu Kremlchef Wladimir Putin, auch prominente Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung zeigten immer wieder ihre Nähe zu Moskau. Lega-Chef Matteo Salvini wiegelte nach Bekanntwerden der Meldungen prompt ab. "Ich habe nie nach Geldern gefragt oder welche erhalten, keine Rubel, Euro, Dinare oder Dollar aus Russland", sagte er in einem Radiointerview und ergänzte: "Es ist schon komisch, dass jedes Mal, zehn Tage vor den Wahlen, solche Fake News aufkommen."

Zuletzt lag das Mitte-Rechts-Lager in Umfragen deutlich in Führung. Die postfaschistischen Fratelli d'Italia sind die klar stärkste Partei in dieser Allianz; deren Chefin Giorgia Meloni hat beste Chancen, neue Ministerpräsidentin zu werden. Sie hatte sich - anders als etwa Lega-Chef Salvini - in den vergangenen Monaten stets deutlich gegen Russland gestellt. "Ich bin sicher, dass Fratelli d'Italia keine Gelder aus dem Ausland nimmt", sagte sie am Mittwoch.

Die USA werfen Russland seit langem vor, sich auch in amerikanische Wahlen eingemischt zu haben - allerdings in anderer Form: Nach Ansicht der US-Geheimdienste setzte sich Russland bei der Präsidentschaftswahl 2020 für den damaligen Präsidenten Donald Trump ein und bemühte sich, dessen Herausforderer Joe Biden zu schaden.

Russland habe sich auf Desinformation konzentriert, anders als bei der Wahl 2016 aber nicht versucht, die Wahlinfrastruktur direkt zu untergraben. Bei der Präsidentschaftswahl 2016 hatte Russland nach Überzeugung der US-Sicherheitsbehörden zugunsten des Kandidaten Trump interveniert, um die Demokratin Hillary Clinton auszubremsen.

In den vergangenen Monaten hatte die US-Regierung wiederkehrend Geheimdiensterkenntnisse zu Russland öffentlich gemacht, um den Druck auf Moskau zu erhöhen - vor allem mit Blick auf den Ukraine-Krieg. (dpa)