Gunnar Saft
Dresden. Trotz anhaltender Proteste können in Sachsen weiterhin Reste von früheren Atomkraftwerken aus anderen Bundesländern deponiert werden. Das geht aus der Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf eine parlamentarische Anfrage des Landtagsabgeordneten Volkmar Zschocke (Grüne) hervor.
So kam es bereits im Juni vergangenen Jahres zu einer neuen und bis 2022 gültigen Zusage, die eine jährliche Lieferung von 300 Tonnen Abrissresten aus dem früheren Atomkraftwerk Stade in Niedersachsen nach Sachsen möglich macht. Die Grünen kritisieren, das widerspreche den bisherigen Ankündigungen der Landesregierung und etlicher Deponiebetreiber, keinen AKW-Schutt mehr aufzunehmen. Das 2005 stillgelegte Atomkraftwerk Stade befindet sich im Rückbau. Der sollte eigentlich 2015 abgeschlossen sein, hat sich aber wegen erhöhter Strahlenwerte am Sockel des früheren Reaktors verzögert.
Gleichzeitig bestätigte der Minister, dass es erneut den Plan gibt, 5 000 Tonnen an tritiumhaltigen Betonblöcken aus dem Rückbau des Forschungsreaktors in Karlsruhe in Baden-Württemberg künftig in Sachsen einzulagern. Das war vom betroffenen Deponiebetreiber 2013 zunächst abgelehnt worden. Im Vorjahr habe das Umweltministerium Baden-Württemberg aber um Amtshilfe gebeten, weil dort ein neuer Antrag auf die Einlagerung der Blöcke in einer sächsischen Deponie eingegangen sei. Sein Ministerium, so Schmidt, habe dazu noch keine Entscheidung treffen können, weil ihm die Unterlagen nicht vorliegen.
Zschocke wirft dem Freistaat nun vor, sich mit dieser Vorgehensweise nicht an eine Vereinbarung der Umweltminister der Länder zu halten. Die hätten sich 2014 darauf geeinigt, dass der Bauschutt ehemaliger Atomkraftwerke grundsätzlich in den Ländern der jeweiligen Kraftwerkstandorte erfolgen soll. Trotzdem habe es später weitere, bereits genehmigte Transporte in den Freistaat gegeben. So sollen allein bis zum vergangenen Jahr Genehmigungen zur Ablagerung von 15 000 Tonnen Bauschutt aus Abrissen von Atomkraftwerken auf Deponien in Sachsen vorgelegen haben.
Das Umweltministerium wies die Vorwürfe zurück. Der Freistaat habe keine rechtliche Möglichkeit, Lieferungen von aus Sicht des Strahlenschutzes unbedenklichem Bauschutt auf Deponien in Sachsen zu unterbinden, sagte Sprecher Frank Meyer. Die Verständigung von 2014, Reste von Atomkraftwerken möglichst vor Ort in den Ländern zu deponieren, sei zudem nicht bindend und somit kein Ablehnungsgrund für Lieferungen nach Sachsen. Sie diene vor allem dazu, den umweltbelastenden Transport von Hunderttausenden Tonnen Schutt auf ein Mindestmaß zu reduzieren.