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Sachsen Fahnen im Aufwind

Das vor 25 Jahren gegründete Familienunternehmen sieht seine Zukunft im Netz. Sogar die Nachfolge ist schon geregelt.

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© Kristin Richter

Von Frank Oehl

Darauf hatte Jürgen Ruhland vor 25 Jahren größten Wert gelegt: „Ich wollte meine erste Firma unbedingt noch in der DDR gründen.“ Und genau so ist es gekommen. Am 1. Oktober 1990, genau zwei Tage vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik, wurde die Textilbandfabrik Kamenz GmbH „made in GDR“ in die Welt gesetzt. Sie hat die deutsche Einigung überstanden, versteht sich. Und die Firmengründung war auch die Geburtsstunde der Sachsen Fahnen GmbH & Co. KG. Diese hat eine unglaubliche Entwicklung genommen. Die SZ fasst Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Sachsen Fahnen zusammen:

Mit dem Sortiment und Know how von Bandtex Pulsnitz begann es

Zunächst produzierten 14 Mitarbeiter das vom VEB Bandtex Pulsnitz, wo Ruhland Werkleiter war, übernommene Altsortiment. Also Verbandwatte, Schnittbänder, Haken- und Augenband sowie Staubtücher. Ruhland: „Schon nach kurzer Zeit war klar, dass das nicht zukunftsfähig ist.“ Deshalb habe er mit seinem westdeutschen Partner das Sortiment neu ausrichten müssen. Das war der Einstieg in die Textildrucktechnologie und textile Werbemittelfertigung. Dazu gehörten neben Fahnen, Masten, Sonnenschirmen und Wimpeln bald auch T-Shirts, Taschen, Mützen, handgestickte Fahnen und – man glaubt es kaum – sogar handgefertigte Karnevalskostüme.

Am Kamenzer Ochsenberg entstand der neue Unternehmenssitz

Alle Investitionen gingen bald auf die Initiative der Familie Ruhland zurück, während der westdeutsche Partner, der zunächst 75 Prozent der Anteile hielt, alles Risiko scheute. Die Familie übernahm zunächst die Mehrheit und inzwischen das komplette Unternehmen. Mitte der 90er Jahre wurde der Firmensitz ins neu gebaute Werk am Ochsenberg in Kamenz verlegt. Hier wurden zunächst Fahnen im technologisch anspruchsvollen Siebdruck gefertigt. Die Produktions- und Lagerflächen verdreifachte sich. Schon bald aber veränderte sich der Werbemittelmarkt radikal. Mit der Digitaldrucktechnologie entstand weltweite Konkurrenz. Die ersten Maschinen neuen Typs kaufte die Sachsen Fahnen GmbH 1998.

Immer wieder mit den Grenzen der Kapazität konfrontiert

Schon im Sommer 1998 stieß Sachsen Fahnen erneut an seine Kapazitätsgrenze. Mit einem Investvolumen von 22 Mio DM wurde die Produktions- und Lagerfläche auf 16 000 Quadratmeter erweitert. Die Belegschaft wuchs bis 1999 auf 150 Mitarbeiter an, darunter 19 Auszubildende. Bis 2009 gelang es dem Unternehmen, den Expansionskurs fortzusetzen. Der Umsatz konnte verdoppelt und 100 neue Mitarbeiter eingestellt werden. Zeitgleich gab es den Einstieg in die digitale Großbildfertigung. Der Preis- und Innovationsdruck vor allem aus Fernost sorgte dafür, dass stets am Sortiment gearbeitet werden musste. Karnevalskostüme werden bei Sachsen Fahnen schon lange nicht mehr gefertigt. „Dann haben wir den Fokus auf die eigene Entwicklungsabteilung und den Vertrieb gelegt.“ Schon 2004 begann der Online-Verkauf erster einfacher Produkte über „sachsenfahnen.de“. Das sollte Zukunft haben.

Die Hallenfläche am Ochsenberg beträgt heute bereits drei Hektar

Schon 2008 gab es die nächste Erweiterungsstufe. Für 18 Millionen Euro wurde erstmals ohne Investitionsförderung die Hallenfläche für Lager, Produktion und Verwaltung auf sage und schreibe 30 000 Quadratmeter vergrößert – insbesondere für die neue Konfektions- und Digitaldrucktechnik. „Diese enorme Investition musste mit entscheidenden Verbesserungen in der Organisation, Produktion und Logistik einhergehen, um das Unternehmen weiter auf Wachstumskurs zu halten“, so Ruhland. Und der Vertrieb wurde konsequent auf das zweite Standbein gestellt: online.

Vispronet und die IT-gestützte Betriebsorganisation haben viel Geld gekostet

Nach fast zweijähriger Projektentwicklung startete im Herbst 2011 „Vispronet“, der Online-Shop von Sachsen Fahnen. Hier können Kunden aus einem großen Produktspektrum frei wählen und mit einfachen Mitteln auch ihre Wünsche selbst gestalten. Ruhland: „Es gibt heute außer uns keine Unternehmen in Deutschland, dass einem über Nacht seine individuelle Fahne oder sein Werbemittel anliefert.“ Eine Voraussetzung dafür ist die neue IT-gestützte betriebliche Ablauforganisation auf Microsoft-Basis. Der Investitionsaufwand für das seit Januar laufende neue System betrug immerhin fünf Millionen Euro.

Die Unternehmensnachfolge ist auf einem guten Weg

Mit seinen Söhnen Marcel und Dirk hat der 62-jährige Jürgen Ruhland auch für die Firmenzukunft weit vorgesorgt. Der ältere ist seit 2004 mit einer eigenen Firma in Carlisle (Pennsylvania) zugange. Erst im Sommer 2013 wurde dort ein neues Werk eingeweiht, wo heute 75 Mitarbeiter Lohn und Brot haben. Und der jüngere Ruhland-Sohn kümmert sich mit seiner Firma in Shanghai um den Einkauf, die Qualitätssicherung und die Neuprodukteinführung von Importerzeugnissen sowie Eigenentwicklungen. Beide Söhne halten heute zusammen 49 Prozent an der Sachsen Fahnen GmbH & Co. KG. Der schrittweise Übergang in die nächste Familiengeneration sollte gelingen.