Der Job der Extreme auf A4 und A17

Lampen blitzen, Pfeile leuchten, Blinker flackern - es stockt. "Jetzt werden wieder viele genervt sein", sagt Jens Höfer, der Kolonnenführer und steuert seinen Dienstwagen auf die gesperrte Spur. Schwarze Flecken glänzen in dem grauen Betonband. Die Zeichen der Wanderbaustelle. Heute kommen etliche neue dazu, auch wenn das Verständnis dafür auf den verbliebenen Fahrspuren meistens fehlt, wie Jens Höfer glaubt. "Es muss ja gemacht werden."
Vor einem Jahr hat der Bund die Verantwortung für Deutschlands 13.000 Autobahnkilometer übernommen. Auch die Autobahnmeisterei Dresden-Nickern in Goppeln ist seither Teil der neuen Autobahn GmbH. Die Meisterei kümmert sich um die gesamte A17 und um die A4 bis zum Dreieck Nossen. Ronny Hamann, der Autobahnmeister, ist ganz zufrieden mit dem ersten Jahr in seiner neuen Firma. Die Aufbruchsstimmung sei immer noch zu spüren. "Wir haben viel geschafft."

Trotz neuer Flagge: Für die gut vierzig Mann der Meisterei sind die Aufgaben dieselben geblieben. Das Flicken gehört dazu. 2021 haben Hamanns Straßenwärter knapp 85 Tonnen Kaltasphalt in schadhaften Fahrbahnabschnitten versenkt. Und so geht es im neuen Jahr weiter, auch zwischen Kilometer 22,4 und 20,9 vor Wilsdruff, einer besonders ramponierten Strecke.
Arbeiten mit dem Vierzigtonner im Rücken
Es ist ein Job der Extreme. Während Straßenwärter Udo Gottschalk mit dem Abbruchhammer bröseligen Beton aus dem Straßenkörper pickert, rauschen eine Schaufelstiellänge weiter die Vierzigtonner an ihm vorbei. Gottschalk wurde schon mehrfach in Unfälle verwickelt. Trotzdem geht er immer wieder auf die Piste. An die Gefahr gewöhnt man sich, sagt er, "sonst kannst du die Arbeit nicht machen."

Die Schadstelle ist nun zehn, zwölf Zentimeter tief ausgespitzt. Die Gasfackel trocknet das Loch. Dann wird Kleber hineingesprüht, dann das Ganze mit Asphalt-Fix aufgefüllt. Azubi Justin Franke hat Mühe, die Masse aus dem 25 Kilo schweren Bottich herauszubekommen. Der Frost macht sie steif. Ja, es ist eine schwere Arbeit, sagt der junge Pirnaer. Aber Spaß macht sie trotzdem. Diese Lehre angetreten zu haben, war die richtige Entscheidung, sagt er. "Es ist mein Traumberuf."
Könnte er es in seinem Meisterbüro hören, wäre Ronny Hamann noch zufriedener als ohnehin schon. Die Meisterei hat sich in letzter Zeit ständig verjüngt, sagt er. Und sie hat Zuwachs bekommen. Seit 2021 arbeiten hier drei Beschäftigte mehr. So gibt es jetzt einen Technischen Angestellten, der die Bauprojekte vorbereitet und die Baustellen überwacht. Früher erledigten Hamann und sein Vize das quasi nebenher. Keine ideale Lösung. "Normalerweise ist das ein Full-Time-Job."

Es hat sich noch mehr verändert seit die Autobahn GmbH da ist. Das Augenfälligste: Es gibt so gut wie kein Papier mehr. Die Arbeit wurde größtenteils digitalisiert. Rechnungswesen, Zeiterfassung, Schadensbearbeitung - was früher ausgedruckt, x-mal kopiert und per Brief irgendwohin geschickt wurde, bleibt jetzt in den Rechnern. Sein Briefkasten sei vergleichsweise leer, sagt der Meister, selbst wenn er ihn mal eine ganze Woche nicht ausräumen würde.
DDR-Taschenrechner und Polaroid-Kamera
Neue Leute und mehr Computer brauchen auch mehr Platz. Der Besprechungsraum der Meisterei wurde in ein Büro umgewandelt, ebenso das Archiv. Die Aktenordner, darunter ein Gutteil Baugeschichte der A 17, mussten auf den Hof in einen Container umziehen. In Container ausgelagert wurde auch ein Teil der Spinde samt Waschraum. Das soll die Arbeitssicherheit erhöhen und das Corona-Risiko mindern.

Bei den Räumarbeiten wurde auch so manches Stück museale Bürotechnik entdeckt: eine Schreibmaschine Marke Optima aus den 1960ern, ein Taschenrechner vom VEB Kombinat Rundfunk- und Fernmeldetechnik, eine Polaroid-Kamera samt frischer Filmkassette und ein Sony-Handy mit Tasten und Auszieh-Antenne aus den 1990er-Jahren. Wegschmeißen wolle man diese Zeitzeugen nicht, sagt Meister Hamann. "Vielleicht machen wir mal eine Vitrine dafür."
Die Containerbehausung im Meistereihof ist nur gemietet und soll keine Dauerlösung sein. Im Haus selbst, das 2004 gebaut wurde, gibt es jedoch keinerlei Platzreserven mehr. Das werde man jetzt ändern, heißt es aus der Niederlassung Ost der Autobahn GmbH in Halle. Es sei geplant, das Verwaltungsgebäude in den kommenden fünf Jahren zu erweitern.

Draußen, an der Strecke, hat sich im ersten Jahr der Firma einiges getan. Größtes Projekt: die Fahrbahnerneuerung auf der A 17 zwischen Dreieck Dresden-West und Gorbitz. Der rissige Beton wurde auf 3,6 Kilometern durch Asphalt ersetzt. Kostenpunkt: etwa 8 Millionen Euro. Auch die vier Klo-Häuschen auf den Rastanlagen Nöthnitzgrund und Heidenholz wurden generalsaniert, für ungefähr eine Million Euro.
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Dieses Jahr sollen die stillen Örtchen noch schöner werden. Sobald das Wetter es zulässt, wird ein Dresdner Künstler die Fassade der Nöthnitzgrund-Toiletten mit großformatigen Bildern der Heimat besprühen. Dafür werden noch einmal rund 26.000 Euro veranschlagt. Auf den Entwürfen sind etwa Blaues Wunder und Goldener Reiter, Weißeritztalbahn und Lilienstein zu sehen. Bebilderte Klos gibt es bereits mehrere an sächsischen Autobahnen, etwa auf der A13 bei Radeburg oder der A72 bei Espenhain.

Es wird auch wieder kräftig an der Autobahn und ihrem Umfeld gebaut. Schon jetzt, unsichtbar für die Kraftfahrer, schaufelt ein Langstielbagger etwa 400 Kubikmeter Sedimente aus dem Regenrückhaltebecken an der Anschlussstelle Heidenau. Sechs ihrer 45 Becken lässt die Meisterei dieses Jahr säubern, damit im Havariefall genug Platz ist, um Öl und Kraftstoffe nicht in die Bäche gelangen zu lassen.
Das Großprojekt des Jahres werden die Fahrer auf jeden Fall mitbekommen: Auf der A17 zwischen dem Landschaftstunnel Meuschaer Höhe und Pirna wird auf 3,8 Kilometern Länge die Fahrbahn erneuert, eine Investition von etwa zehn Millionen Euro. Nach aktueller Planung, so heißt es aus der Niederlassung Ost, werde man nach Ostern mit der Richtungsfahrbahn Prag beginnen und Ende Juli auf die Gegenrichtung wechseln. Die Fertigstellung ist für November vorgesehen.