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Wie wollen Sie die Flüchtlingszahlen begrenzen, Herr Schuster?

Armin Schuster ist seit einem Jahr Sachsens Innenminister. Im Podcast "Politik in Sachsen" erzählt er, warum das Ministerium jetzt so ruhig läuft, er noch immer mit manchem in Sachsen fremdelt – und manche mit ihm und seiner Art, Politik zu machen.

Von Fabian Deicke & Annette Binninger
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Sachsens Innenminister ist zu Gast im Podcast "Politik in Sachsen".
Sachsens Innenminister ist zu Gast im Podcast "Politik in Sachsen". © [M] Robert Michael/dpa/Sächsische.de

Dresden. Die Begeisterung des Anfangs sei geblieben, versichert Armin Schuster. „Der euphorische Zustand von damals hat sich sogar noch gesteigert. Das Amt, das der gebürtige Rheinland-Pfälzer nach der Entlassung von Roland Wöller vor genau einem Jahr angetreten hat, mache ihm unglaublich viel Freude, erzählt der CDU-Politiker im Podcast „Politik in Sachsen“. Ungewöhnlich offen, mit vielen sehr persönlichen Einblicken.

Dass es ruhiger geworden sei im Innenministerium – bezogen auf die zahlreichen Skandale unter seinem Amtsvorgänger vor allem in der Polizei – das will Schuster in dem gut einstündigen Gespräch so nicht stehen lassen. „Wir haben unglaublich viel Druck im Bereich Innere Sicherheit“, zieht er Zwischenbilanz. Vom Waldbrand bis zu Fußball-Krawallen und zahlreichen, teils gewalttätigen Demonstrationen – Sachsen sei ein „polizeilich unglaublich anspruchsvolles Bundesland“, wegen seiner langen Außengrenzen, wegen seiner Fußballer, wegen vieler Links- und Rechtsextremer. „Gefühlt vergeht kein Tag ohne unmittelbaren Kontakt zu meinem Landespolizeipräsidenten, gefühlt auch keine Woche ohne direkten Kontakt zum Verfassungsschutzpräsidenten.“

Dieses Ausmaß habe er damals nicht erwartet, als er die neue Aufgabe in Sachsen angetreten hat, räumt Schuster in dem 84-minütigen Gespräch ein. Aber darum mache ihm das Innen-Ressort, das viele für ein gefährliches politisches Minenfeld halten, dennoch so eine Freude. Er komme ja aus dem „Fußvolk“, sagt der ehemalige Bundespolizist. „Ich komme aus der polizeilichen Fabrikhalle und du hast als Landesinnenminister eine viel größere Nähe zu dem, was draußen passiert.“ Allerdings, auch das weiß Schuster: „Darüber kann man auch viel unmittelbarer stolpern als Minister.“

Mehr Investitionsmöglichkeiten habe er sich in Sachsen gewünscht, doch schnell „eine ziemlich neue Erfahrung“ gemacht: „Ich arbeite zum ersten Mal in einem Bundesland, das ganz strikt eine Haushaltspolitik macht: Wir geben nur das aus, was wir haben.“ Für Schuster bedeutete dies auch: weniger Polizisten einstellen zu können als gewünscht. So manche heikle Personalstreitigkeit hat er ihm Apparat zwar diskret gelöst, aber das Problem mit dem Nachwuchsmangel längst nicht.

Er „fremdle“ noch mit der besonders ausgeprägten Form von Rechtsextremismus in Sachsen, sehe aber auch, dass Sachsen von innen betrachtet nicht nur deswegen ein riesiges „Image-Problem“ habe. Er schätzt die besonders „kritische Haltung“ vieler Bürgerinnen und Bürger gegenüber Staat und Verwaltung, die sich in Sachsen manchmal auch in heftigen Demonstrationen entlädt. „Politik pur“, nennt er es. Wer ihn mal in einer solchen Veranstaltung erlebt hat, spürt, dass etliche im Raum mit dem „Wessi“ weniger anfangen können, aber dennoch beeindruckt sind von seiner hohen Sachkompetenz.

„Ich war immer der Neue in der Klasse“, nimmt Schuster es locker. „Aber mit einem kann ich nicht umgehen, das gebe ich jetzt mal zu. Wenn die Ostdeutschen ständig das Gefühl haben, das sei ja so schlimm, dass so viele Wessis in ihren Führungsetagen säßen“, sagt Schuster. Er kenne viele „Ossis“ in westdeutschen Führungsetagen. Dazu gebe es keine Studie.

Schuster könnte nach der Landtagswahl nach nur zweieinhalb Jahren aus dem Amt ausscheiden

Als „Merkel-Kritiker“ und „Hardliner“ in Flüchtlingsfragen war Schuster der sächsischen CDU vor einem Jahr verkauft worden . Die Ankunft der Flüchtlinge wird in Sachsen vom Land gut und ruhig gemanagt – zu spät und etwas holprig, sagen Kritiker zwar.

Schuster trägt immer wieder seine Kritik am Bund vor, droht immer wieder mit Grenzkontrollen als „Ultima Ratio“ und wirbt wieder und wieder für eine „flexible, atmende Obergrenze“ bei der Flüchtlingsaufnahme. Aber es wirkt manchmal in der Post-Merkel-Phase wie aus einer anderen Zeit.

Bis zur nächsten Landtagswahl bleiben anderthalb Jahre. Viele Beobachter vermuten, dass Schuster dann – nach zweieinhalb Jahren Amtszeit – wieder ganz raus sein könnte aus dem politischen Geschäft in Sachsen. Ihm ist das durchaus bewusst. Auch, dass er als „Zugereister“, wie er sich selber nennt, nicht unbedingt erwarten sollte, dass ihm ein Landtags-Wahlkreis angeboten wird. Eine Kampfkandidatur gegen einen anderen CDU-Bewerber werde es von ihm nicht geben. „Wenn mir nichts passiert, dann werden das zweieinhalb Jahre werden. Aber das weiß ich jetzt schon. Es werden die schönsten zweieinhalb Jahre meines Berufslebens sein.“

Weitere Schwerpunkte und Fragen in diesem Podcast:

  • Wie stellt sich Sachsen bei der Unterbringung von Flüchtlingen weiter auf?
  • Ist der deutsche Kurs im Ukraine-Russland-Konflikt der richtige?
  • Welche Bedrohungen ist größer im Moment: linker oder rechter Extremismus?
  • Wie beurteilt der Innenminister die Arbeit gegen Gewalt im Fußball in Sachsen?

Die gesamte Folge "Politik in Sachsen" hören Sie direkt über den oben eingebetteten Player.

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