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Wenn der Roboter die Nudeln kocht

Sächsische.de stellt Erfindungen von hier vor, die unser Leben verbessern. Teil 10: DaVinci Kitchen, die Neuerfindung eines Spitzenkochs.

Von Jana Mundus
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Ihren vollautomatischen Koch-Kiosk wollen Ibrahim Elfaramawy (o. l.) und Vick de Froz Jorge Manuel (o. r.) in diesem Jahr auf den Markt bringen.
Ihren vollautomatischen Koch-Kiosk wollen Ibrahim Elfaramawy (o. l.) und Vick de Froz Jorge Manuel (o. r.) in diesem Jahr auf den Markt bringen. © J. Loesel, loesel-photographie.d

Frische Pasta, auf den Punkt gekocht, mit knackigen Frühlingszwiebelringen und sämiger Soße. Wie beim Italiener – nur ist der Koch dieses Essens gar kein Italiener. Er ist noch nicht mal ein Mensch. Der flinke Arm, der dort im Kiosk am Kochtopf hantiert, ist ein Roboter. Er ist Herzstück einer Erfindung des Leipziger Unternehmens DaVinci Kitchen. Die Gründer wollen die Gastronomie revolutionieren. Mit programmierten Abläufen und künstlicher Intelligenz soll die Qualität von Spitzengastronomie immer und immer wieder reproduzierbar werden. Als Ersatz für den Besuch im Lieblingsrestaurant wollen die Entwickler ihren Kochroboter allerdings nicht verstanden wissen. In Betriebskantinen oder Einkaufspassagen könnte das Angebot jedoch bald für aufwendig-wohlschmeckende Gerichte sorgen.

Mittwoch ist Pastatag. Nach Tagen des Programmierens, Einstellens und Verbesserns zeigt der Roboter einmal wöchentlich, was er alles gelernt hat. Im Akkord bereitet er Essen zu, gibt es Nudeln satt für das Firmenteam und seine Gäste. „Kochen konnte er eigentlich schon sehr früh im Projekt“, erklärt Marco Schnell. Bei DaVinci Kitchen ist er zuständig fürs Marketing. „Die Kunst ist nun aber das Feintuning.“ Pasta ist genau dafür ein guter Anfang. Später soll der Kochroboter auch andere Gerichte zubereiten können. Doch Gerade die Hausforderung, eben keine zerkochten Nudeln auf dem Teller zu drapieren, ist im Moment ein gutes Training für die Maschine.

Für seine Kochkünste geht der Roboter natürlich nicht in die Schule. Per Computerbefehl lernt er die Abläufe, entsteht die perfekte Choreografie zwischen Hinzufügen, Umrühren, Würzen. Neu entwickelte Rezepte des Leipziger Spitzenkochs Thomas Marbach bilden die Grundlage für die Gerichte, die hinter Glas entstehen. Dort sitzt der Roboter zentral in seinem Küchen-Kubus. Der ist gut drei mal drei Meter groß. Über ein Befüllsystem an der Rückwand können die Zutaten für ihn bereitgestellt werden. Auch da war erst einmal Ausprobieren angesagt. „Wir mussten genau schauen, wie Zutaten geschnitten und gelagert werden müssen, damit der Roboterarm gut an sie herankommt.“

Für seine Kochkünste geht der Roboter natürlich nicht in die Schule. Per Computerbefehl lernt er die Abläufe, entsteht die perfekte Choreografie zwischen Hinzufügen, Umrühren, Würzen.
Für seine Kochkünste geht der Roboter natürlich nicht in die Schule. Per Computerbefehl lernt er die Abläufe, entsteht die perfekte Choreografie zwischen Hinzufügen, Umrühren, Würzen. © Jürgen Lösel

Der Roboter selbst ist keine Eigenentwicklung. Das, was er heute kann, aber schon. Das Ziel ist sportlich: In lediglich drei Minuten soll später ein Gericht fertig sein. Die Pasta wird im Kiosk frisch zubereitet, dann wandert sie in eine Pfanne. Aus kleinen Fächern im Hintergrund holt der Roboter Löffel für Löffel die weiteren Zutaten. In Zukunft wird er sogar parallel an zwei Pfannen kochen. „Für zwei Gerichte braucht er derzeit etwas über sieben Minuten,“ sagt der Marketingverantwortliche. Er ist zuversichtlich, dass er schon bald noch schneller sein wird.

Die Erfindung der Leipziger soll einer Branche helfen, in der schon heute Arbeitskräfte fehlen. Derzeit plagen Gastronomen zwar eher Corona-Sorgen, doch abseits dessen war das Finden geeigneter Arbeitskräfte für viele in den vergangenen Jahren bereits schwierig. Schlechte Arbeitsbedingungen, schwierige Arbeitszeiten und ein hohes Stresslevel machen den Job wenig attraktiv. „Immer öfter ist der Koch heute in den Küchen eher ein Zusammenrührer von Zutaten“, schildert es Marco Schnell. In den nächsten zehn Jahren würde sich die Lage immer mehr verschärfen. Eine Lösung muss her.

Damit der Roboterarm die richtigen Zutaten greift, muss Olaf Miller ihn programmieren.
Damit der Roboterarm die richtigen Zutaten greift, muss Olaf Miller ihn programmieren. © Jürgen Lösel

Die wollen die Leipziger mit DaVinci Kitchen bieten. Die Ursprungsidee entstand am Leipziger Zukunftsforschungsinstitut „2b ahead“. Am Anfang schauten sich die beiden Gründer Vick de Froz Jorge Manuel und Ibrahim Elfaramawy die Abläufe in einer Gastroküche genau an. Im Mittelpunkt dort: der Koch. Also steht der Roboter heute auch bei ihnen zentral in seinem Glashaus. Rundherum installieren die Macher alles, was dieser braucht. Zutaten, Gewürze, Kochutensilien und Möglichkeiten für die Reinigung. Als der Prototyp fertig ist, steht fest, dass die Idee funktioniert.

Aktuell arbeiten 13 Leute daran, dass der Kochroboter in seinem Tun immer perfekter wird. Kameras und Sensoren behalten genau im Blick, was er macht. Die Entwickler im Team verfeinern die Abläufe, üben mit ihm. Einige Hürden mussten gemeistert werden. Wie brennt die Pasta nicht an? Wie kann der Roboterarm Sahne auf seinem Löffel transportieren, ohne sie zu verschütten? 15 Gerichte beherrscht er heute. Noch in diesem Jahr soll die Serienfertigung beginnen. Dann könnte der Kiosk in Kantinen stehen, um zusätzliche Pasta-Angebote zu kochen. „Oder in Betrieben mit Nachtschicht, damit auch diese Mitarbeiter warmes Essen bekommen.“ Außerdem soll der Koch-Kiosk natürlich als moderner Imbiss in der Stadt Passanten versorgen.

Über ein Bedienpanel vor dem Kiosk können die Menschen ihre Bestellung aufgeben. Ist das Essen fertig, landet es auf einem Teller, der dann entnommen werden kann. „Es ist auch eine Warmhaltefunktion integriert“, erklärt Schnell. Später wäre es zum Beispiel auch denkbar, dass per App Pasta bestellt wird. „Der Kunde erhält dann eine Nachricht, wann sein Gericht fertig ist.“ Verspätet er sich, kann der Teller warm gehalten werden. Per Authentifizierung über einen QR-Code entnimmt der Kunde danach sein Essen.

Den Einsatzmöglichkeiten für den Roboter seien wenig Grenzen gesetzt, sagt Schnell. Integriert in eine Großküche könnte er stets wiederkehrende Arbeiten übernehmen und Speisen kochen, auf Messen und Events die Besucher verköstigen. Neue Rezepte sind dabei immer wieder einpflegbar. „Die Gastronomie wird sich in den nächsten Jahren aufgrund der Personalsituation auf solche neuen Technologien einlassen müssen“, ist Schnell überzeugt. Der Koch-Kiosk und was darin passiert, soll ihnen schon einmal die Angst vor solchen Entwicklungen nehmen. Der Roboter-Mitarbeiter hätte zudem noch zwei weitere Vorzüge, sagt Marco Schnell. „Er braucht keinen Urlaub und ist nie krank.“

Das Erfinder-Projekt „Genial Sächsisch“ findet gemeinsam mit den drei Gründerschmieden Dresden Exists, Saxeed (Chemnitz) und Smile (Leipzig) statt.

Acatech, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, hat die Serie von 2019 mit dem wichtigsten Preis für Technikjournalismus ausgezeichnet.

Hier noch einmal alle Erfindungen im Überblick:

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