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Kommentar zum Bericht zur Deutschen Einheit: Die Deutsche Zweiheit gehört beendet!

Die Wiedervereinigung ist auch nach drei Jahrzehnten nicht abgeschlossen. Für SZ-Redakteur Gunnar Saft könnte aber ein Umstand die Annäherung zwischen Ost und West künftig deutlich beschleunigen. Ein Kommentar.

Von Gunnar Saft
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33 Jahre nach der Deutschen Einheit ist nicht alles schlecht - aber auch nicht alles gut. Viele Deutsche in Ost und West hadern noch miteinander. Das könnte sich ausgerechnet dadurch ändern, dass es immer mehr gemeinsame Probleme gibt.
33 Jahre nach der Deutschen Einheit ist nicht alles schlecht - aber auch nicht alles gut. Viele Deutsche in Ost und West hadern noch miteinander. Das könnte sich ausgerechnet dadurch ändern, dass es immer mehr gemeinsame Probleme gibt. © dpa

Es war ein Geschenk für alle, dass die Deutschen 1990 ihr Projekt Wiedervereinigung starten durften. Schade nur, dass es nach mehr als 30 Jahren immer noch nicht abgeschlossen ist.

Bei bundesweiten Vergleichen – egal ob zu Einkommen, Führungspersonal oder dem politischen Meinungsbild – tauchen heute weiterhin häufig die Umrisse der ehemaligen DDR auf der gemeinsamen Deutschlandkarte auf. Trotz Einheit ist vieles unterschiedlich geblieben. Obwohl es mittlerweile in West und Ost eine ganze Generation gibt, die ohne Trennung zusammen aufgewachsen ist. Woran liegt das also?

Behindert durch die harten Gesetze der Marktwirtschaft, welche wirtschaftlich starke Regionen gegenüber den schwächeren deutlich und auf Dauer bevorteilen, musste der Osten nach der Wiedervereinigung leider auch all zu oft eine ungerechtfertigte Stigmatisierung ertragen. So wurden die neuen Bundesbürger im öffentlichen Meinungsbild des Westens sehr lange auf wenige Kategorien reduziert: obrigkeitshörig wegen des Töpfchenzwangs in den Ost-Kitas, demokratieskeptisch und ausgesprochen rechtslastig bis hin zum Vorwurf der Undankbarkeit. Wer auch immer im Osten sich nach der Wende wirklich so gezeigt haben soll angesichts der gigantischen Aufbauhilfen. Dass es viele Menschen im Osten trotzdem deutlich schwerer hatten, sich einen sicheren Platz in dem für sie neuen Wirtschaftssystem zu erkämpfen, wird hier und da zwar registriert, aber bis heute nur selten berücksichtigt.

Der neue Bericht zur Deutschen Einheit, der diese Woche veröffentlicht wurde, ist deshalb nicht gleich ein Bericht des Scheiterns und des Misserfolgs, er bleibt aber eben nur ein Zwischenstand.

Allerdings: Deutsche in West und Ost könnten künftig noch viel schneller zusammenrücken als bisher. Das liegt aber nicht an einer besseren Vergangenheitsbewältigung, sondern längst am gemeinsamen Alltag. Die Welt, in der wir alle leben, verändert sich rasant – internationale Auseinandersetzungen, Klimawandel, Migration, Exportkrise. Deutschland muss sich heute gegen viele Probleme stemmen, um ein Land mit hohem Lebensstandard zu bleiben. Das kann nur gelingen, wenn man auf alle eigenen Ressourcen zurückgreift – nicht nur auf die technischen und wirtschaftlichen. Das Verständnis von „Gemeinsam in einem Boot“ hebt am Ende mehr Unterschiede zwischen West und Ost auf als jeder noch so gut gemeinte Appell zum Tag der Einheit.