Festredner Arnold Vaatz erhitzt die Gemüter

Von Jörg Schurig
Dresden. Der sächsische CDU-Politiker Arnold Vaatz (65) hat sich oft als Querdenker inszeniert. Deshalb verwundert es kaum, dass der langjährige Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag auch in der Corona-Krise gelegentlich etwas eigenwillige Auffassungen vertritt. So hielt er der Berliner Polizei im Zusammenhang mit einer Demo gegen Corona-Regeln DDR-Methoden vor. Während Vaatz im öffentlichen Leben des Freistaates und seiner eigenen Partei in den letzten Jahren weitgehend in der Versenkung verschwand, sorgte er mit umstrittenen Äußerungen immer wieder kurzzeitig für Schlagzeilen.
Eine weitere bescherte ihm nun sein Parteifreund Matthias Rößler. Der Präsident des Sächsischen Landtages lud Vaatz für kommenden Samstag als Festredner zur alljährlichen Feierstunde am Tag der Deutschen Einheit ein. Nach Lage der Dinge wird es eine eher lückenhafte Veranstaltung, denn die Reihen der Linken, Grünen und Sozialdemokraten im Landtag bleiben leer. Sie verzichten aus Protest gegen Vaatz auf eine Teilnahme. Auch die roten und grünen Kabinettsmitglieder sind nicht dabei und nehmen an diesem Tag andere Termine wahr.
Rößler habe die Chance versäumt, einen Festredner zu finden, "der die Menschen nicht spaltet, sondern zusammenführt", sagt SPD-Chef und Wirtschaftsminister Martin Dulig. Vaatz habe zweifelsohne "herausragende Verdienste" sowohl in der friedlichen Revolution als auch bei Deutschen Einheit errungen: "Aber wir sind im Hier und Jetzt und da steht Vaatz mit seinen letzten Äußerungen für eine gewisse Polarisierung." Wer die deutsche Einheit würdigen wolle, sollte eher jemanden wählen, der Menschen zusammenführt. Dulig selbst wird Sachsen bei den zentralen Feierlichkeiten in Potsdam vertreten.
Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt möchte lieber an einem Familienfest in Schwarzenberg teilnehmen. Er wirft Rößler vor, sich in eine schwierige Situation manövriert zu haben: "Herr Vaatz ist tatsächlich kein Festredner zum 30. Jahrestag", befindet Gebhardt. Möglicherweise werde die Staatskanzlei im Anschluss wieder Äußerungen von Vaatz geraderücken müssen, mutmaßt er.
Nicht zuhören als Ausdruck der Freiheit
Auch bei den Grünen ist die Ablehnung deutlich. "Aus unserer Sicht gehört zur Freiheit dazu, Festrednern nicht zuhören zu müssen", meint die Abgeordnete Christin Melcher. Zur Freiheit gehöre auch, nicht anwesend zu sein.
Für die AfD sei die Feierstunde in erster Linie eine Feierstunde, stellt AfD-Partei- und Fraktionschef Jörg Urban klar: "Uns geht es jetzt nicht darum, dort irgendeine eine Symbolik aufzubauen. Für uns ist das die Feierstunde zum Tag der Einheit. Die nehmen wir natürlich wahr." Zugleich räumt er ein, dass die Äußerungen von Vaatz denen seiner eigenen Partei sehr nahekommen.
Tatsache ist: Vaatz wird der 28. Festredner beim Tag der Deutschen Einheit in Sachsen sein. 2000 und 2016 gab es keine Feierstunde, weil der Freistaat die zentrale Einheitsfeier ausrichtete. Erster Redner war 1991 der damalige Dresdner Superintendent Christof Ziemer. In der Liste der Festredner finden sich auch prominente Namen. Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl und der Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher a.D. waren genauso dabei wie der tschechische Dichter Pavel Kohout oder Klaus von Dohnany, das vormalige Stadtoberhaupt von Hamburg. Im Vorjahr trat der Journalist Ulrich Wickert ans Podium. (dpa)