Warum Biedenkopfs Ruhestätte noch ohne Grabstein ist

Es ist eine schlichte Grabstelle. Seit der Beerdigung vor einem Jahr hat sich kaum etwas verändert. Ein Einzelgrab ohne Einfriedung, mitten auf einer inzwischen verdorrten Wiese. Ein schlichtes Holzkreuz mit einem kleinen Messingschild daran, auf dem steht: „Prof. Kurt Hans Biedenkopf“. Ein Friedhofs-Pflegedienst hat es mit Blumen bepflanzt. Kein anderes Grab ist in unmittelbarer Nähe. Und da der Fußweg über den Dresdner Johannisfriedhof gar nicht an der Grabstätte vorbeiführt, ist es leicht zu übersehen.
Am 12. August 2021 starb Kurt Biedenkopf im Alter von 91 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit. Die Trauerfeier für ihn wurde als Staatsakt in der Frauenkirche gestaltet. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kam und tröstete Biedenkopfs Witwe, die der Schmerz und die Trauer zerriss. Etliche politische Weggefährten kamen, um Abschied zu nehmen von dem Spitzenpolitiker, der den Aufbau des Freistaats nach der Wende maßgeblich geprägt hat. Seine letzte Ruhestätte fand Kurt Biedenkopf dann im engsten Familienkreis an einem Tag im September auf dem evangelischen Johannisfriedhof.
Kretschmer: "Ein Vordenker mit großem Herzen"
In spätestens einem halben Jahr werde ein Grabstein aufgestellt, heisst es auf Nachfrage von Biedenkopfs Familie. Man habe erst eine zeitlang abwarten müssen, bis sich die Erde nachgesenkt habe und damit eine Steinaufstellung möglich wird. Man suche noch nach einer geeigneten Gestaltungsidee und dem passenden Material. Das sei gar nicht so einfach. Es solle „nichts von der Stange sein“, sondern etwas, das „dem Wesen von Kurt Biedenkopf entsprechend“ gestaltet sei, sagt Christoph Kuhbier, Sohn von Witwe Ingrid Biedenkopf. Die 91-Jährige lebe inzwischen in einer Senioren-Einrichtung für Betreutes Wohnen. Es gehe ihr „altersentsprechend gut“, so Kuhbier.
Im Überschwang der Trauer wurden damals etliche Ideen geboren, wie man den großen „Sachsen“ bleibend ehren könnte. Eine Straße wollte die Dresdner CDU nach ihm benennen, gar ein Flughafen sollte seinen Namen tragen. Doch daraus geworden ist bis heute fast nichts. Nur die Stadt Gröditz hat Mitte Juli zum Dank einen „Kurt-Biedenkopf-Platz“ feierlich eingeweiht. Sachsens damaliger Regierungschef hatte sich vehement für den Erhalt der Gröditzer Schmiedewerke eingesetzt.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer besuchte am Freitagmorgen das Grab und legte einen Kranz nieder. Die Erinnerung an seine Verbundenheit zu Sachsen und den Bürgern bleibe, teilte Kretschmer via Twitter mit. Biedenkopf habe die Weichen für den Erfolg unseres Bundeslandes in Wirtschaft, Technologie und Bildung gestellt. Sachsen gedenke "einem Vordenker mit großem Herzen", so Kretschmer.