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So gut ist Dresden heute vor einem Hochwasser geschützt

Der gefährlichste Fluss Dresdens ist gebändigt. Auch für große Teile der Elbe gibt es feste und mobile Systeme. Doch noch immer wird über den Schutz einzelner Stadtviertel vor Hochwasser diskutiert.

Von Kay Haufe & Peter Hilbert
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Um die Übigauer Insel zu schützen, gibt es mehrere Projekte.
Um die Übigauer Insel zu schützen, gibt es mehrere Projekte. © René Meinig

Dresden. Die dramatischen Bilder der Flut aus dem Ahrtal haben 2021 in Dresden Erinnerungen an die Hochwasser 2002 und 2013 wach werden lassen. Doch inzwischen ist in der sächsischen Landeshauptstadt viel geplant und gebaut worden, um sie vor weiteren Fluten zu schützen.

Seit 2002 hat die Landestalsperrenverwaltung (LTV) dafür knapp 124 Millionen Euro in Dresden investiert, erklärt Birgit Lange, die den LTV-Betrieb Oberes Elbtal leitet. Der ist in Dresden für den Flutschutz an Elbe, Weißeritz und Lockwitzbach zuständig. Lange erläutert, wie weit die LTV gekommen ist und woran weiter geplant wird.

Die Elbe: zwölf Kilometer lange Schutzsysteme

Über zwölf Kilometer des Elbufers sind in Dresden bereits durch drei Großprojekte geschützt. Bis 2011 wurden im Zentrum zwischen Hasenberg und Alberthafen Hochwasserschutzmauern und Böschungen errichtet. Installiert wurden dabei auch drei Flutschutztore am Kongresszentrum und zwei mobile Wände für die Münzgasse und die Brühlsche Gasse am Terrassenufer.

Vier Stadtteile schützt die rund vier Kilometer lange Anlage aus Flutschutzwänden und Deichen zwischen dem Ballhaus Watzke und Kaditz seit 2013. Bei Hochwasser können sie mit mobilen Elementen auf bis zu zwei Meter erhöht werden.

Zuletzt wurde 2017 der Flutschutz für Stetzsch, Gohlis und Cossebaude fertiggestellt. Zwischen der Autobahnbrücke und dem Cossebauder Stausee sind Deiche und Wände entstanden. Bei Hochwasser sorgen zudem zwei Pumpwerke dafür, dass angestiegenes Grundwasser zur Elbe abgepumpt wird.

Die mobilen Elemente werden vom Regiebetrieb Zentrale Technische Dienste regelmäßig aufgebaut. Die gesamte Anlage im Zentrum hatte bei der Juniflut 2013 ihre Feuertaufe an der Elbe bestanden. 2021 gab es einen Probeaufbau in Übigau in dem Bereich, wo zwischen Böcklinstraße und Kötzschenbrodaer Straße die Aufsätze auf die Hochwasserschutzwand montiert werden und die Treppen mit mobilen Elementen verschlossen werden.

Außerdem gab es dieses Jahr am 17. Juli den regulären Probeaufbau des mobilen Hochwasserschutzes im Bereich des Kongresszentrums, der Schlachthofstraße und des Stadions.

Die Karte zeigt die überfluteten Bereiche, außerdem die, die jetzt geschützt sind und welche Projekte noch umgesetzt werden sollen.
Die Karte zeigt die überfluteten Bereiche, außerdem die, die jetzt geschützt sind und welche Projekte noch umgesetzt werden sollen. © SZ Grafik

Die Weißeritz: Dresdens gefährlichster Fluss jetzt flutsicher

Seit 2009 hat die LTV die Weißeritz zwischen Altplauen und der Mündung in die Elbe auf einer Länge von 4,7 Kilometern so ausgebaut, dass sie selbst eine 500-jährliche Flut, wie es sie 2002 gab, sicher ableiten kann.

Die Stadt beteiligte sich mit rund 14 Millionen Euro an den Gesamtkosten für den flutsicheren Ausbau von etwa 37 Millionen Euro. Denn der Freistaat übernimmt die Kosten nur bis zum Schutzgrad für ein 200-jährliches Hochwasser. Zuletzt ist der gefährliche Weißeritzknick zwischen den Brücken an der Löbtauer und der Kesselsdorfer Straße fertig geworden. Im Mai 2020 wurde er offiziell übergeben.

Im Oktober 2020 konnte oberhalb der Brücke Hamburger Straße noch die Fischaufstiegsanlage in Betrieb genommen werden. Über sie können die Fische jetzt von der Mündung bis zur Weißeritzquelle schwimmen. Wegen der Corona-Krise konnte 2020 kein Fest zum Abschluss des Weißeritz-Ausbaus gefeiert werden. Dafür wird dieses Jahr der angekündigte Hochwasserschutzlehrpfad entlang der Weißeritz fertig. Auf mehreren Tafeln entlang des Flusses zwischen Altplauen bis zur Elbmündung gibt es Informationen zum Flutschutz und es wird historisches Wissen vermittelt. Wahrscheinlich im September soll der Pfad eingeweiht werden.

Die Flutgefahren: Karten zeigen verbleibendes Risiko

Für die Elbe, die Vereinigte Weißeritz und den Lockwitzbach hat die Landestalsperrenverwaltung die Hochwassergefahren und -risikokarten aktualisiert. Für den Lockwitzbach wurden die Karten im November 2020 an die Stadt übergeben. Auch für die Elbe und die Weißeritz sind die aktualisierten Karten inzwischen überreicht worden.

Die Karten sind im Umweltportal des Freistaats veröffentlicht. Dort können sich Behörden sowie Bürger und Gewerbetreibende informieren. Gemeinsam mit der Stadt wird die LTV dann die Hochwasserrisikomanagement-Pläne und die Hochwasserschutzkonzepte für diese Gewässer aktualisieren.

Neues Projekt 1: Höherer Deich soll Übigauer Insel schützen

Gearbeitet wird derzeit an den Flutschutzplanungen für die Übigauer Insel. Geschützt werden soll der Teil zwischen Autobahn und Flügelwegbrücke. Denn dort befindet sich die wichtige Kaditzer Kläranlage, in die nicht nur Dresdner Abwässer fließen, sondern auch die der Gebiete um Pirna und Wilsdruff.

Vorgesehen ist, dass der rund 1,4 Kilometer lange Deich um maximal einen Meter erhöht wird. Im Deich wird eine Innendichtung eingebaut, die zwischen 13 und 15 Meter in den Untergrund reicht. Sie soll für die Gewährleistung der Grundwasserbewegung nötige hydraulische Fenster haben.

Nach Einreichung der Genehmigungsunterlagen im Juli 2020 bei der Landesdirektion Sachsen wurden sie im Februar 2021 zur Bescheidung an die Landeshauptstadt übergeben. Für die Vorbereitungen zum Bau sind erfahrungsgemäß noch mal zwei bis drei Jahre nötig. Dazu gehören die Ausführungsplanung, das Vergabeverfahren und die Klärung, ob die zum Bau benötigten Grundstücke verfügbar sind. Frühestens 2025 könne der Bau beginnen, so Lange.

Neues Projekt 2: Hochwasserschutzwand an der Flutrinne

Bei den folgenden Projekten sollen Anlagen errichtet werden, die vor einer 100-jährlichen Elbeflut schützen. Am weitesten fortgeschritten ist die Planung für den Schutz der Südseite der Kaditzer Flutrinne zwischen Autobahnbrücke und Böcklinstraße am anderen Ende der Übigauer Insel. Auf etwa 140 Metern Länge zwischen der Autobahn A 4 und dem Anschluss zur Brücke Washingtonstraße ist eine Geländeregulierung vorgesehen. Zwischen der Washington- und der Sternstraße soll eine rund 863 Meter lange und bis zu 1,20 Meter hohe Hochwasserschutzwand entstehen. Die soll teilweise eine Untergrundabdichtung erhalten.

Die LTV hat sich mit den vom Projekt Betroffenen in den Jahren 2019 und 2020 abgestimmt. Inzwischen hat die Landesdirektion auch diese Unterlagen an die Untere Wasserbehörde der Stadt übergeben, wo über sie entschieden wird. Auch dort könnte der Bau frühestens 2025 beginnen.

Neues Projekt 3: Mobile Aufsätze für Altmickten

Für Altmickten ist ein Schutz vorgesehen, der sich an die Südwand der Flutrinne anschließt. Geplant ist eine etwa 225 Meter lange Flutschutzwand an der Elbe, die von der Böcklinstraße bis kurz hinter die Lindenschänke reicht und zwei im Hochwasserfall mobil zu verschließende Scharten hat. Das längste Stück soll bis zu 1,10 Meter hoch werden. Teilweise sind auf der Mauer mobile Aufsätze für den Flutfall vorgesehen, sodass das Ortsbild nicht zu stark beeinträchtigt wird.

2020 erfolgten dazu Abstimmungen mit den vom Projekt Betroffenen. Die Planungsunterlagen werden derzeit erstellt und bis Ende September dieses Jahres zur Genehmigung eingereicht. Lange rechnet nicht mit einem Baubeginn vor 2027.

Neues Projekt 4: Schutz des Weges zum Ortskern Altübigau

Auch Altübigau soll geschützt werden. Für diesen Abschnitt gibt es zunächst eine Vorplanung. Diese sieht auf 175 Metern Länge Flutschutzwände mit einer Höhe zwischen 2 und 4,80 Metern vor, auch sollen die vorhandenen Uferwände ertüchtigt werden. In der Mitte ist wie in Altmickten ein mobiler Verschluss aus Aluminium-Elementen geplant, der den Weg zum Ortskern bei Hochwasser verschließt.

Neues Projekt 5: Flutschutz für Laubegast

Es gibt noch Bereiche in Dresden, die stark von der Flut betroffen waren, für die es aber noch keinen Schutz gibt. Bestes Beispiel dafür ist Laubegast. Im August 2002 stieg das Wasser der Elbe so hoch, dass sich der alte Elbarm füllte und Laubegast komplett umschlossen war. Seitdem wird nach Lösungen gesucht, wie der Bereich gut geschützt werden kann.

Sollen nur mobile Wände zum Einsatz kommen oder eine Kombination aus fester Mauer und mobilen Wänden? Das zu klären, ist nun Aufgabe des Umweltamtes. Ungefähr ein Jahr wird es dauern, bis eine Vorzugsvariante erarbeitet ist.

Jens Seifert, Abteilungsleiter im Umweltamt, geht davon aus, dass Ende dieses Jahres die konkreten Planungen beginnen. Mitte kommenden Jahres könnten dann erste Projekte zum Flutschutz vorgestellt werden, so Seifert. Wenn alles gut läuft, rechnet er damit, dass 2024 die Genehmigung beantragt wird. Wann genau gebaut wird, ist offen. Aber: "Vor 2030 wird es keinen funktionierenden Hochwasserschutz in Laubegast geben."

Das ist aber nicht das einzige Projekt, das betrachtet wird. Laut Birgit Lange läuft gerade der Prozess, in dem Problemstellen untersucht werden. Bis zum Jahresende 2023 soll dann das aktualisierte Hochwasserschutzkonzept vorliegen. (mit SZ/noa)

Im Themenstadtplan kann sich jeder Dresdner ansehen, welche Gebiete bei bestimmten Hochwasserständen gefährdet sind. Das ist auch im 3D-Stadtmodell möglich.