Die Döner-Fluktuation in Pirna ist hoch. Erst vor kurzem hat der "Elbegrill" in der Dohnaischen Straße einen neuen Betreiber bekommen und heißt jetzt "Herdem". Kein Einzelfall in der Innenstadt, in der es zahlreiche Grillgeschäfte gibt. In den sozialen Medien wird oftmals über eine zu hohe Dichte der Dönerconnection in Pirna geätzt. Ebenso wie über eine zu hohe Betreiberwechsel-Quote.
Eine rühmliche Ausnahme ist jedoch das Restaurant Kebap House Pirna, das etwas versteckt in der Gerichtsstraße liegt, und mehr als nur Döner oder Dürüm anbietet. Das Restaurant wurde 1995 eröffnet und ist eine angesagte Nummer in Pirna. Der Mann, der hinter dem Tresen steht, heißt Ismail Incedal. Es ist an der Zeit, seine Geschichte zu erzählen.
Flucht aus der Türkei
Ismail Incedal wird in der Osttürkei geboren. "Ich bin Kurde und das im Herzen auch immer geblieben", betont der heute 69-Jährige. 1979 kommt er nach Deutschland. Damals ist Ismail Incedal 24 Jahre alt. Er flüchtet aus politischen Gründen aus seiner Heimat. Näheres möchte er allerdings darüber nicht erzählen.
Die ersten fünf Jahren arbeitet Incedal in einer Metallfirma in Heidelberg, dann zieht er nach Tübingen, wo er einen neuen Job findet, erneut in der Metallbranche. In dieser Zeit legt er immer etwas Geld zurück, um sich einen großen Traum zu erfüllen. Er möchte nämlich ein eigenes Restaurant eröffnen.
Donnerstag ist Bohnensuppe angesagt
1995 ist es schließlich so weit. "Meine Cousinen leben in Kamenz und Bautzen. Sie berichteten mir damals, dass es in Pirna gute Möglichkeiten gebe, um sich in der Gastronomie selbstständig zu machen", erinnert sich der Kurde.
In der Gerichtsstraße 7 eröffnet er schließlich das türkische Restaurant Kebap House Pirna. Es ist damals mit einer der ersten dieser Art in der Stadt und hat enormen Zuspruch. Kein Wunder, denn Ismail Incedal bietet natürlich auch Döner und Dürüm an.
Nicht nur er ist die gute Seele, der sich auch schon mal Zeit für einen Plausch mit seinen Kunden nimmt. Seine Frau Turkan ist die Herrin der Kochtöpfe und organisiert die Küche. Besonders beliebt ist ihre Bohnensuppe, die jeden Donnerstag als Tagesgericht auf der Speisekarte steht. Das Rezept verrät sie natürlich nicht, aber der heiße Eintopf kommt bei den Gästen gut an.
Viele Stammkunden, aber auch Touristen kommen
Nach 29 Jahren Gastro-Betrieb an ein und demselben Standort haben Ismail und Turkan Incedal natürlich viele Stammkunden. "Die meisten sind aus Pirna, aber auch Touristen finden den Weg in unsere Gasse", freut sich Ismail Incedal. Erst vor Kurzem kamen Urlauber aus Kanada, um in dem Biergarten die Gerichte von Turkan Incedal zu genießen. "Werbung machen wir jedenfalls nicht. Unser Lokal hat sich mittlerweile herumgesprochen", schätzt Ismail ein.
Überhaupt fühlt er sich in Pirna wohl. "Wir wurden hier sehr freundlich aufgenommen", berichtet der Wahlpirnaer. So schrieb Wolfgang Bieberstein, bekannt als Pirn'scher Nachtwächter und Stadtführer, zum 25-jährigen Jubiläum des Lokals ein kleines Gedicht, in dem Küche und Herzlichkeit der Gastronomen gleichermaßen gewürdigt werden.
Ehepaar will sich zur Ruhe setzen
Einen langen Anfahrtsweg zur Arbeit hat das Ehepaar übrigens nicht. Sie wohnen in dem Haus in der Gerichtsstraße. Die Eltern von Ismail Incedal sind bereits verstorben, aber er hat noch guten Kontakt zu seinen Geschwistern, die in der Türkei leben.
Wie lange es allerdings noch Salate, Pizza, Bohnensuppe, Döner und Dürüm am Standort gibt, ist ungewiss. "Ich plane, mich in einem oder zwei Jahren zur Ruhe zu setzen", schaut Ismail Incedal in die Zukunft. Verdient hat er den Ruhestand bestimmt. Der Kurde lächelt. "Und dann habe ich auch mehr Zeit für meine Familie."