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Oberbürgermeister von Grimma sieht Sachsens Kommunen als "Bettler"

Weil angeblich so wenig Fördermittel wie noch nie fließen, fühlt sich das Stadtoberhaupt von Grimma von der Landesregierung im Stich gelassen. In einem Fall zieht er jetzt vor Gericht.

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Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger schlägt Alarm: Der Förderwahnsinn habe seinen Höhepunkt erreicht.
Grimmas Oberbürgermeister Matthias Berger schlägt Alarm: Der Förderwahnsinn habe seinen Höhepunkt erreicht. © SZ-Archiv: Kairospress

Grimma. Der parteilose Oberbürgermeister von Grimma, Matthias Berger, hat die Förderpolitik für Kommunen scharf kritisiert. "So eine Häufung an Fördermittelablehnungen gab es noch nie", sagte er laut einer Mitteilung seiner Pressestelle. "Aktuell stehen wir wie Bettler da, welche um Geld betteln, das für ureigenste kommunale Aufgaben wie Schulen und Straßenbeleuchtung zwingend notwendig ist." Seine Verwaltung plane akribisch, nehme die Bürger mit und dann werde sie "zu guter Letzt im Stich gelassen".

Bisher habe es zumindest ein gewisses Kontingent an Förderung von Freistaat, Bund sowie Europäischer Union gegeben. "Es kam wenig, aber das zumindest kontinuierlich", sagte Berger. Damit habe man rechnen können. In diesem Jahr aber erreiche der "Fördermittelwahnsinn seinen Höhepunkt". Man müsse nach Geld suchen wie nach der berühmten Nadel im Heuhaufen, aber ohne zu wissen, ob es sie überhaupt gebe.

Keine Turnhalle, keine Grundschule, kein Sonderpädagoge

Allein in seiner Stadt lägen vier millionenschwere Bauvorhaben auf Eis: eine Turnhalle sowie zwei Grundschulen mit Kita und Hort. "Wir reden hier nicht über Spaßeinrichtungen und Luxus. Es geht um Schulen und Infrastruktur."

So seien die Planung zur Sanierung und das Finanzierungskonzept für die 100 Jahre alte und denkmalgeschützte Turnhalle im Stadtteil Nerchau bereits seit 2020 fertig. Dafür seien mehr als 100.000 Euro ausgegeben worden. Bislang sei aber noch nicht ein Stein bewegt worden. Nun, nachdem der Förderantrag drei Jahre im Apparat der Landesverwaltung gelegen habe, sei das Nein gekommen mit der Begründung, dass nur noch Vorhaben mit einem Fördermittelvolumen von sechs Millionen Euro unterstützt würden. Für die Turnhalle sei jedoch nur rund die Hälfte davon eingeplant. Verweise auf andere Förderprogramme von Bund, Land und Landkreis hätten sich nicht als hilfreich erwiesen, da es dort ebenfalls Ablehnungen gab.

Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland

Auch die Mittel für die Lüftungsanlagen in einer Grundschule seien formal gestrichen worden, weil der Bewilligungszeitraum für die Förderung abgelaufen sei. Das habe jedoch nicht an der Kommune gelegen, sondern an Lieferengpässen beim Hersteller. Nun klage Grimma gegen die Bundesrepublik. "Es lagen keinerlei Versäumnisse seitens der Stadtverwaltung vor." Zudem sei die Förderung von zwei Sprachförderpädagogen in großen Kindertagesstätten eingestellt worden. Ferner gebe es keine Mittel für den Jugendtreff im Ortsteil Beiersdorf. Berger ist seit Juni 2001 Oberbürgermeister von Grimma.

Noch im April hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine dreistellige Millionensumme als Finanzhilfe für Sachsens Kommunen in Aussicht gestellt. Die Verhandlungen darüber sind jedoch gescheitert.

Unterstützung erhielt Berger indirekt vom Markkleeberger Oberbürgermeister Karsten Schütze. "Die Probleme, die wir hier vor Ort haben, sind drängend. Sie müssen gelöst werden. Hier muss der Freistaat helfen: Den Ankündigungen des Ministerpräsidenten müssen jetzt Taten folgen", sagte er laut einer Mitteilung. Bereits vor wenigen Tagen hatten der Landkreis Meißen sowie Kommunen dieses Landkreises einen Brandbrief an die Landesregierung geschickt, darunter mit Bert Wendsche das Stadtoberhaupt von Radebeul und Vorsitzender des Sächsischen Städte- und Gemeindetages. (SZ/uwo/gs)