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Junge und Mutter in Delitzsch abgeschoben

In Delitzsch ist ein Siebenjähriger von der Polizei abgeholt und mit seiner Mutter abgeschoben worden. Linke und Grüne sind bestürzt.

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© dpa

Delitzsch/Dresden. Die Abschiebung eines sieben Jahre alten Jungen aus Tschetschenien hat Linke und Grüne in Sachsen bestürzt. Nach Angaben des Sächsischen Flüchtlingsrates war das Kind am Dienstag in Delitzsch nach dem Unterricht von der sächsischen Polizei abgeholt und dann mit seiner Mutter und Großmutter abgeschoben worden.

"Dieses Vorgehen macht mich fassungslos. Die Abholung aus einer Schule vor den Augen der Mitschülerinnen und Mitschüler ist zutiefst traumatisierend - nicht nur für das betroffene Kind, sondern für alle anwesenden Kinder. Das entspricht nicht unserer Vorstellung von Humanität und ist ein Fall von Kindeswohlgefährdung", erklärte die Landtagsabgeordnete Petra Cagalj Sejdi (Grüne) am Mittwoch in Dresden. Sie habe deshalb Fragen an das Innenministerium gerichtet.

Seit einem Jahr würden die Grünen in der sächsischen Koalition auf einen Leitfaden drängen, in dem humane Regelungen für Rückführungen festgehalten werden sollen, betonte Cagalj Sejdi. Doch der vom Innenministerium im Entwurf vorgelegte Leitfaden zementiere "den Status quo der inhumanen sächsischen Rückführungspraxis". "Das ist für uns Bündnisgrüne nicht tragbar. Hier besteht noch viel Nachbesserungsbedarf. Ich fordere deshalb insbesondere unseren Koalitionspartner CDU auf, endlich anzuerkennen, dass es für eine Abkehr von der derzeitigen Praxis verbindliche Regelungen braucht." Abholungen aus Schulen, des Nachts und Familientrennungen müssten grundsätzlich verboten werden.

Auch Linke-Politikerin Juliane Nagel zeigte sich entsetzt und sprach von einer "kaltblütigen Abschiebung". Dass so etwas nach all den Debatten in diesem Jahr noch geschehen könne, sei "schockierend". Im Fall des kleinen Jungen sei das Kindeswohl ein weiteres Mal grob missachtet worden - nicht nur für ihn, sondern auch für seine Mitschüler. "So etwas darf nicht passieren und muss in Zukunft konsequent verhindert werden. Es ist überfällig eine Bleiberechtsoffensive für Sachsen einzuleiten und menschenrechtswidrige Abschiebungen zu vermeiden." Auch Nagel forderte vom Innenministerium Aufklärung.

Nach Darstellung des Flüchtlingsrates war die Mutter des Jungen vor ihrem gewalttätigen Ehemann nach Deutschland geflohen. Das Kind sei im September eingeschult worden und habe die erste Klasse einer Grundschule besucht, hieß es.

"Es gab nie Probleme mit ihm oder seiner Mutter, beide waren sehr engagiert. Auch seine Sprachkenntnisse waren für sein Alter gut ausgeprägt", wurde eine Erzieherin zitiert. (dpa)

In einer früheren Fassung wurde vermeldet, dass die Bundespolizei den Jungen aus der Schule abgeholt hat. Dies ist falsch. Tatsächlich war die sächsische Landespolizei für die Abholung verantwortlich. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.