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Immer mehr Einsätze: Rettungsdienste in Sachsen am Limit

Bei Notfällen sind in Sachsen die Rettungsdienste zumeist noch immer schnell zur Stelle. Diese klagen jedoch über steigende Belastungen und fordern Reformen.

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Der Rettungsdienst in Sachsen stößt an seine Grenzen.
Der Rettungsdienst in Sachsen stößt an seine Grenzen. © Hannes P. Albert/dpa (Symbolfoto)

Dresden. Immer mehr Menschen wählen den Notruf: Die Rettungsdienste klagen über zunehmend Belastung durch Notfälle, die eigentlich keine Notfälle sind - und mahnen Reformen an. "Die Einsatzbereitschaft ist derzeit zwar nicht gefährdet", sagte der Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Sachsen, Kai Kranich, bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Dennoch komme es wegen der vielen Einsätze regelmäßig zu Engpässen bei Notfall- und Rettungssanitätern.

Laut Innenministerium sind die Einsatzkräfte in Sachsen nur bei etwa drei von vier Notfällen in der gesetzlich vorgeschriebenen Fahrzeit von zehn Minuten bei den Patienten. Den Angaben zufolge haben die sogenannten bodengebundenen Rettungsdienste im ersten Halbjahr 2022 bei 76,40 Prozent und im zweiten Halbjahr bei 75,64 Prozent der Einsätze die vorgeschriebene Frist eingehalten. Zahlen zu den Einsätzen insgesamt in Sachsen liegen den Angaben zufolge nicht vor.

Wegen der immer weiter steigende Einsatzzahlen bei der Notfallrettung oder bei Krankentransporten würden immer mehr Rettungs- und Krankentransportwagen gebraucht, sagte Kranich. Die Notfall- und Rettungssanitäter, mit denen die Wagen besetzt sind, könnten jedoch nicht schnell genug ausgebildet werden. Das DRK Sachsen hatte laut Kranich Ende 2022 etwa 2.400 Vollzeitstellen für Notfallsanitäter in 25 DRK Rettungsdiensten.

Dabei sei Interesse an einer Ausbildung nach wie vor groß, sagte Kranich. Während Notfallsanitäter eine vollwertige Berufsausbildung durchlaufen müssen, sind Rettungssanitäter oft Quereinsteiger, Berufsanfänger oder sie machen den Job als Nebentätigkeit.

Mit dem demografischen Wandel häufen sich die Notrufe

Die steigenden Einsatzzahlen für die Rettungsdienst sind Kranich zufolge vor allem Folgen von Eingriffen in die Gesundheitsstruktur. Würden etwa Krankenhäuser geschlossen, hätten die Patienten weitere Wege zu bewältigen, die Zahl der Transporte steige. Mit dem demografischen Wandel mit mehr älteren Menschen würden Notfälle häufiger. Weniger werdende ärztliche Hausbesuchsdienste sowie die Überlastung von Notaufnahmen oder fehlende Alternativangebote, auf die der Disponent in der Leitstelle zurückgreifen könnte, ließen die Einsatzzahlen weiter nach oben schnellen. Viele Patienten erhofften sich über die Rufnummer 112 auch eine schnellere Behandlung. Die Rettungsdienste kämen deshalb langsam an ihre Grenze, sagte Kranich. "Eine Reform der Notfallversorgung muss zu einer Entlastung des Rettungsdienstes von vermeidbaren Bagatelleinsätzen führen."

"Genug interessierte Bewerber für die Ausbildungsplätze gibt es", bestätigte Wiebke Waltemathe von den Maltesern. Für den steigenden Bedarf werde jedoch nicht genug ausgebildet. Bei den Maltesern Sachsen seien 22 Stellen für Notfallsanitäter offen. Diese Schwierigkeiten, hätten jedoch alle Träger von Rettungsdiensten. Dennoch sei die Einsatzbereitschaft der Malteser gesichert.

Fachkräftemangel auch im Gesundheitswesen spürbar

"Der allgemeine Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist auch im Rettungsdienst spürbar", sagte ein Sprecherin des Innenministeriums. Es bedürfe erheblicher Anstrengungen, um ausreichend Fachpersonal zu gewinnen und langfristig im Beruf zu halten. Zu den Maßnahmen gehörten unter anderem eine attraktive Ausbildung zum Notfallsanitäter, moderne Rettungswachen, mehrere Fort- und Weiterbildungsangebote sowie eine attraktive tarifliche Entlohnung, und angepasste Arbeitszeitmodelle.

Die Johanniter-Unfall-Hilfe in Sachsen hätte keine größeren Probleme, die Stellen für Notfall- und Rettungssanitäter zu besetzen, sagte Pressesprecher Sebastian Späthe. "Damit stehen wir vergleichsweise gut da." Die Johanniter böten ihren Mitarbeitern gute Bedingungen. Zudem kämen viele Bewerber über die Nachwuchsarbeit aus dem Ehrenamt.

"Wenn wir uns allerdings die stetig steigenden Zahlen zu den Rettungseinsätzen ansehen, ist klar, das System muss reformiert werden", sagte Späthe. Die Notfallrettung sei am Limit, hatten die Teilnehmer eines Johanniter-Symposium laut einer Mitteilung erst im Februar festgestellt. Die Notfallrettung müsste Notfällen vorbehalten bleiben. Immer mehr Menschen wählten die 112 – auch wenn gar kein Notfall vorliege. Die Folgen seien massiv steigende Einsatzzahlen und überfüllte Notaufnahmen. (dpa)