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Fall Lina E.: Für Selbstjustiz gibt es keine Rechtfertigung

Die Linksextremisten um Lina E. stellen vor allem das staatliche Gewaltmonopol infrage, kommentiert Sächsische.de-Redakteurin Karin Schlottmann.

Von Karin Schlottmann
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Karin Schlottmann kommentiert das  Urteil im Lina-E.-Prozess.
Karin Schlottmann kommentiert das Urteil im Lina-E.-Prozess. © dpa

Mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren und drei Monaten ist der Prozess gegen Mitglieder einer linksextremen Schlägerbande zu Ende gegangen. Die Strafen sind hart, aber, folgt man der Argumentation des Gerichts, nur konsequent. Die Gefahr, die von der Gruppe um Lina E. ausging, richtete sich zwar in erster Linie gegen deren Opfer - Funktionäre und Mitglieder rechtsextremer Parteien und Organisationen. Darüber hinaus stellen die Antifa-Kämpfer aber vor allem das staatliche Gewaltmonopol infrage.

Wenn der Staat nicht genug gegen rechtsextremistische Gewalt unternimmt, so deren Logik, müssen selbsternannte Kommandos die Aufgabe in die eigene Hand nehmen. Da aus solchen gruppendynamischen Prozessen eine äußerst gefährliche Eskalation entstehen kann, haben Polizei und Justiz mit diesem Verfahren ein deutliches Stoppzeichen gesetzt.

In den 1990-er Jahren sind insbesondere in Ostdeutschland schwere Versäumnisse begangen worden, die das Erstarken rechtsextremistischer Gewalt ermöglicht haben. Neonazis haben schwere Straftaten verübt, es gab Todesopfer und Verletzte, Bedrohungslagen und Einschüchterungen. Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), die zehn Menschen getötet hat, ist in Thüringen entstanden und in Sachsen untergetaucht. Die damaligen Versäumnisse der Politik waren folgereich und sind hinreichend dokumentiert.

Seitdem hat sich vieles geändert. Politik, Justiz und Gesellschaft haben längst erkannt, welche Gefahr vom Rechtsextremismus ausgeht. Zivilgesellschaftliche Gruppen erhalten jährliche Steuergeld in Millionenhöhe für Projekte gegen Rassismus und für Demokratieförderung. Für die Annahme der linken Straßenkämpfer, Selbstjustiz sei legitim, gibt es keine Begründung.

Deren Selbstermächtigung hat sich, wie es die Bundesanwaltschaft nannte, inzwischen zu einer Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entwickelt. Nach dem Beispiel der Gruppe um Lina E. haben sich weitere Zellen gebildet, die den Weg in die Illegalität nicht mehr scheuen. Die Szene ist radikaler geworden. In Aufrufen zu Protestdemonstrationen am Sonnabend in Leipzig und anderen Städten werden Sachschäden in Millionenhöhe angedroht.

Ein größeres Fußballspiel muss womöglich ausfallen, Firmen fürchten um ihr Eigentum. Mit dem Urteil gegen Lina E. haben Polizei und Justiz ihre Aufgaben gegen den Linksextremismus noch längst nicht erledigt.