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MDR-Jubiläum: Die Stimme des Ostens

Nie wieder Staatsfunk hieß es mit dem Ende der DDR. 30 Jahre nach Start des MDR lobt der Bundespräsident nun die Arbeit des Senders.

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Vor der großen Digitalisierung: So arbeiteten MDR-Angestellte 1992 im Dresdner Stadtteil Wilder Mann.
Vor der großen Digitalisierung: So arbeiteten MDR-Angestellte 1992 im Dresdner Stadtteil Wilder Mann. © MDR/Hopf

Der Mitteldeutsche Rundfunk feiert Geburtstag und der zur Feier eigens nach Leipzig gereiste Bundespräsident wird in seiner Rede umgehend grundsätzlich: „Wir brauchen auch in Zukunft starke öffentlich-rechtliche Sender, die ihrem Auftrag konsequent und auf hohem Niveau nachkommen können“, sagte Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch beim Festakt zum 30. Jubiläum des MDR. „Sie werden in einer Zeit der Krise aus meiner Sicht sogar noch wichtiger.“ Anwesend waren bei der Gala mehr als 250 Ehrengäste aus Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Medien.

Das Land stehe vor gewaltigen Umbrüchen. „Schon jetzt sind durch den Krieg in der Ukraine viele unserer jahrzehntelangen Gewissheiten hinweggefegt worden: politische, militärische, auch ökonomische“, ergänzte der Bundespräsident. Und er würdigte den MDR als „Bastion der Pressefreiheit“. Der Sender sei eine „unverwechselbare Stimme mit einem ganz eigenen Profil“, er habe nicht nur Rundfunkgeschichte, sondern auch deutsche Geschichte geschrieben“, so Steinmeier. Er ging zudem auf die Besonderheit der Dreiländeranstalt ein, die sich als „Stimme des Ostens“ versteht. „Ich bin überzeugt, viele Geschichten der Ostdeutschen sind noch immer nicht ausreichend erzählt“, sagte er. Sie gehörten aber zur Geschichte unseres wiedervereinigten Landes.

Der MDR nahm zum Jahreswechsel 1992 den Betrieb auf. Er ist Teil der ARD-Gemeinschaft. Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehören auch ZDF und Deutschlandradio. Hierzulande und im Ausland gibt es Debatten rund um das öffentlich-rechtliche System.

Krimi mit Blauem Wunder: Bernd Michael Lade als Kain und Peter Sodann (l.) als Ehrlicher 1993 im MDR-„Tatort“.
Krimi mit Blauem Wunder: Bernd Michael Lade als Kain und Peter Sodann (l.) als Ehrlicher 1993 im MDR-„Tatort“. © MDR/Ch. Köfer

Die Bundesländer, die für Medienpolitik in Deutschland zuständig sind, reformieren derzeit den Auftrag und die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In einem späteren Schritt soll das Thema Finanzierung an die Reihe kommen. Um Programminhalte der Sender geht es bei der Reform jedoch nicht. Dafür sind allein die Sender zuständig – mit Blick auf die im Verfassungsrecht festgehaltene Pressefreiheit.

MDR-Intendantin Karola Wille sagte bei dem Festakt vor geladenen Gästen: Der MDR sei ein Forum, das den Zugang zu unabhängigen Informationen, zu einem offenen Austausch, zu freier Meinungsbildung und zu einer produktiven Teilhabe ermögliche. Sie ergänzte, wie lebensnotwendig das sei und gleichzeitig: wie gefährdet. Das zeige sich heute weltweit. Besonders schmerzlich derzeit bei den jegliche Kritik ausschließenden Propagandamedien in Russland. Vor drei Jahrzehnten sei im Osten nach dem Ende der DDR klar gewesen: „Nie wieder Staatsfunk.“ Das Kern-Sendegebiet des MDR liegt in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

MDR-Chefin Wille sagte auch: Zur Reformdiskussion der Medienlandschaft gehöre die Hauptfrage, „wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk es schaffen kann, ein funktionierendes Gespräch der Gesellschaft zu ermöglichen“ – das in einer Welt der entgrenzten Kommunikation und fragmentierter Teilöffentlichkeiten. Die Wege dahin seien: Genau zuzuhören, die verschiedenartigen Lebenswirklichkeiten und die vielfältigen Lebensleistungen bundesweit noch sichtbarer zu machen. Und sie versicherte, der MDR wolle „stärker das Neue aus dem Alten heraus erzählen und auf Dialog mit und zwischen den Menschen setzen“ – als Vermittler bei den Themen der Zeit. Zugleich betonte sie: Demokratie muss auch im Internet funktionieren.“

Gewagter Bart: Juergen Schulz am 31. Mai 1992 in seiner Show „Stop & Go“.
Gewagter Bart: Juergen Schulz am 31. Mai 1992 in seiner Show „Stop & Go“. © MDR/Härtel

Dies sei Auftrag und Verantwortung aller Qualitätsmedien zugleich. Die MDR-Intendantin selbst kann sich für die Zukunft ein vernetztes digitales Kommunikationsmodell vorstellen, in der lineare, also im fortlaufenden Programm gesendete, und nonlineare Angebote von ARD und sinnhafterweise mit ZDF und Deutschlandradio leicht aufzufinden sind und das mit Empfehlungssystemen, die Vielfalt sichern und nicht einengen. Wille nennt dies gemeinwohlorientiertes Kommunikationsnetzwerk.

Auf vielfältige Angebote setzt auch Ministerpräsident Michael Kretschmer. Er bekannte bei der Veranstaltung am Mittwoch in Leipzig: „Bei uns zu Hause wird viel Fernsehen geschaut.“ Und setzte sofort nach: „Aber es sind im Wesentlichen die Mediatheken, die dafür genutzt werden, und nicht das lineare Programm“, sagt er. „Das ist, glaube ich, extrem notwendig für den MDR. Wir haben immer gesagt: Eine Insel der Verlässlichkeit. Dafür braucht man auch die neue Generation, und die kriegt man vor allem über das Internet.“

Moderatoren der ersten Sendeminuten beim MDR waren 1992 Wolfgang Kenntemich und Victoria Herrmann.
Moderatoren der ersten Sendeminuten beim MDR waren 1992 Wolfgang Kenntemich und Victoria Herrmann. © MDR

Anlässlich des 30-Jahre-Jubiläums hat der Sender über „MDRfragt“, das spezielle Meinungsbarometer für Mitteldeutschland, knapp 30.000 Menschen zu verschiedenen Aspekten befragt. So hätten 93 Prozent der Teilnehmer befunden, dass der MDR tatsächlich auch für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen steht. Sechs Prozent sehen das dagegen anders und können dieser Aussage nicht zustimmen. 82 Prozent vertrauen dem MDR als Medienanbieter. 17 Prozent haben dagegen angegeben, dass sie dem MDR nur wenig oder gar nicht vertrauen.

80 Prozent empfinden den MDR als „starke Stimme des Ostens“. Zur Aussage „Der MDR ist für alle da“ gibt es generell ebenfalls eine deutliche Zustimmung: Mehr als drei Viertel finden, dass sie zutrifft. (SZ/dpa/epd)