Missbrauch: Dresdner Bistum korrigiert sich

Von Jens Schmitz*, Tobias Wolf und Ulrich Wolf
Freiburg/Dresden. Im Streit um einen mutmaßlichen Missbrauchsfall an einer Sächsin aus dem Jahr 1990 hat das Bistum Dresden-Meißen seine Angaben korrigiert. Demnach ist eine kirchenpolitisch heikle Vertuschungsuntersuchung gegen den Provinzial der deutsch-österreichischen Pallottiner-Provinz im Jahr 2020 doch zu Ergebnissen gelangt. Entgegen früheren Auskünften bestätigte das Ordinariat in Dresden nun, dass es in dem Verfahren einen Abschlussbericht mit Empfehlung zu einer Kontrolle des Pallottiner-Ordens gegeben habe.
Die Untersuchung war im März 2020 begonnen worden. Bislang hatte das Bistum dazu erklärt, das Verfahren sei „nicht zu Ende geführt“ worden. Es habe in der Sache weder Zwischen- noch Abschlussergebnisse gegeben; über einen Antrag auf Visitation sei nur „anfangs“ nachgedacht worden. Nach Recherchen von Badische-Zeitung.de und Sächsische.de lagen Bischof Heinrich Timmerevers der Abschlussbericht und die Empfehlung einer Visitation jedoch in der zweiten Novemberhälfte 2020 vor. Das hat die Pressestelle des Bistums nun eingeräumt. Anders als die Abschlussberichte zweier verwandter Untersuchungen sei dieses Material jedoch nicht an die Glaubenskongregation in Rom verschickt worden.
Zur Begründung erklärte das Bistum, der Bischof von Dresden-Meißen habe kein Visitationsrecht bei den Pallottinern, zumal der Orden im Bistum keine Niederlassung habe. „Es liegt in der Verantwortung des Generalrektorats, in dieser Causa tätig zu werden.“ Der der Vertuschung verdächtigte Pallottiner-Provinzial sei darüber ebenfalls nicht informiert worden, teilte die Pressestelle mit. „Ihm wurden aber mehrere Angebote unterbreitet, die Ergebnisse der Voruntersuchungen zu besprechen.“ Seinem Wohnsitzbistum Augsburg zwei Anlagen zu dem Bericht geschickt worden, darunter ein Dokument mit dem Titel „Zum Umgang mit Meldungen über Anhaltspunkte für sexuellen Missbrauch in der Herz-Jesu-Provinz der Pallottiner“.

Das Bistum Augsburg hatte bislang erklärt, ihm lägen zu dem Verfahren keine Zwischen- oder Abschlusserkenntnisse in schriftlicher Form vor. Nun hat aber auch die Pressestelle dieses Bistums den Empfang der Anlagen eingeräumt. .
Zwei im Freiburger Erzbistum wohnenden Pallottiner-Patres wird vorgeworfen, 1990 eine damals 22-jährige DDR-Bürgerin aus Sachsen im Notaufnahmeverfahren sexuell missbraucht beziehungsweise ihren Missbraucht gedeckt zu haben. Sie bestreiten die Vorwürfe. Im November 020 hatte Timmerevers wegen „tatsächlicher Anhaltspunkte“ für Missbrauch an einer Schutzbedürftigen aus Präventionsgründen Seelsorgeverbote in seiner Diözese gegen die beiden Patres verhängt. Das Erzbistum Freiburg hingegen unternahm nichts, um den Einsatz der Patres einzuschränken: Die Vorwürfe seien „nicht bewiesen oder plausibilisiert“. Anders als Dresden unterhält Freiburg mit den Pallottinern Arbeitsverträge. Inzwischen liegt die Causa in Rom.
*Jens Schmitz ist Landeskorrespondent der Badischen Zeitung in Stuttgart.