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Mongolische Diplomaten mit 70kg Heroin verurteilt

Die Urteile gegen drogenschmuggelnde Diplomaten aus der Mongolei sind rechtskräftig. Auch Geheimdienst-Geschichten nützten ihnen wenig.

Von Alexander Schneider
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Der Vizekonsul Battushig B. (2.v.l.) und sein Chauffeur Erdenebayar S. (r.) wurden im Juni 2020 wegen Heroinschmuggels verurteilt.
Der Vizekonsul Battushig B. (2.v.l.) und sein Chauffeur Erdenebayar S. (r.) wurden im Juni 2020 wegen Heroinschmuggels verurteilt. © Ronald Bonß

Es bleibt spektakulär. Nach dem Urteil in erster Instanz hat sich nun auch der Bundesgerichtshof mit dem Fall befasst und ist zu einem ungewöhnlichen Ergebnis gekommen. Doch der Reihe nach.

Ein hochrangiger Diplomat wurde mit 70 Kilo Heroin erwischt und stand deswegen mit seinem Chauffeur wegen Drogenschmuggels vor dem Landgericht Dresden. Ein halbes Jahr lang wurden in der Hauptverhandlung Gepflogenheiten des Auswärtigen Dienstes erkundet, diplomatische Noten gewälzt, Geheimdienst-Finten gelegt, Verschwörungserzählungen ausgebreitet. Und immer ging es um die Frage, ob es deutsche Behörden interessieren darf, was Diplomaten fremder Nationen durchs Land kutschieren. War schon das Anhalten der besonders gekennzeichneten Limousine statthaft? Hätte man das Auto im Zweifel zurückschicken müssen? Oder war es richtig, den Mercedes auf den Kopf zu stellen?

Im Zentrum des Prozesses: Battushig B. (41) aus der Mongolei, Vizekonsul in der Botschaft von Istanbul, Türkei, angeblich Top-Jurist und Geheimdienst-Offizier seines Landes. An seiner Seite: Erdenebayar S. (47), auch Mongole, Angestellter der türkischen Botschaft. Angeblich waren sie auf dem Weg zu einer Konferenz in Belgien.

Eine Geheimdienst-Operation?

Am 3. Mai 2019 waren die Männer kurz nach der Einreise aus Tschechien aus dem Verkehr gezogen worden. Bundespolizei und Zoll hatten im Rahmen einer groß angelegten Kontrolle frühmorgens auch den Diplomaten-Benz angehalten – und sich so viel Arbeit aufgehalst. Natürlich hatten die Beamten den Status der Insassen überprüft, ehe sie den Kofferraum öffneten.

Doch mit der Entdeckung der brisanten Fracht im dunklen Mercedes E 350 änderte sich die Lage schlagartig, und die mutmaßlichen Schmuggler wurden festgenommen. Ende November 2019 begann ihr Prozess mit der nächsten Überraschung. Verteidiger Klaus Bernsmann kritisierte schon zum Auftakt, die Angeklagten hätten wegen ihrer diplomatischen Immunität niemals inhaftiert werden dürfen, und was in ihrem Fahrzeug lag, ginge niemanden etwas an.

Außerdem tischte der Anwalt dem Gericht auf, sein Mandant sei nicht nur Vizekonsul, sondern als Geheimdienstoffizier drauf und dran gewesen, illegalen Netzwerken auf die Schliche zu kommen. Es gehe um den Schmuggel von Rauschgift, Zigaretten und Mode-Imitaten in Diplomatenfahrzeugen. B.s Absicht sei es gewesen, einen Zugang in das Milieu zu finden und sich als „scheinbar mitwirkender Diplomat für Fahrten nach Europa zur Verfügung zu stellen“, erklärte Bernsmann: „Die Tat ist in diesem Zusammenhang zu sehen.“

Zweifel an Objektivität

In der Folge ging das Gericht neben dem Status der Diplomaten auch den Geheimdienst-Hinweisen nach. Ein weiterer Tiefschlag für die Angeklagten war die Entschlüsselung von Battushig B.s Apple iPhone. Der vermeintliche Geheimagent hatte sein Smartphone mit 051007 verschlüsselt, was an James Bond erinnert und Heiterkeit im Prozess auslöste. Weniger heiter war die Frage, wie mit den 70 Gigabyte Daten, die auf B.s Handy lagerten, umzugehen sei.

Am Ende verurteilte das Gericht die Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln zu je elf Jahren Haft. Die Vorsitzende Richterin Monika Müller belegte mit E-Mails, dass deren Angabe, es sei eine spontane Fahrt gewesen, eine Schutzbehauptung war. Die Vorsitzende lobte den Einsatz von Zoll und Bundespolizei ausdrücklich.

Die Verteidiger hatten die Vorwürfe bis zuletzt bestritten und rechtliche Schranken aufgezählt, die einer Verurteilung entgegenstünden. Natürlich beantragten sie eine Revision beim BGH und schoben noch einen Befangenheitsantrag nach: Aufgrund des richterlichen Lobes von Polizei und Zoll in der Urteilsbegründung habe die Kammer gezeigt, dass sie nicht objektiv sei.

Befangenheitsgesuch kassiert

Laut Begründung des 5. Strafsenats beim BGH können die Angeklagten keine Immunität geltend machen. Ihre Fahrt von Istanbul nach Brüssel sei keine „direkte Rückreise vom Dienstort Istanbul im Empfangsstaat Türkei in den Entsendestaat – die Mongolei“ gewesen, „schon in Anbetracht der geografischen Lage“. Auch die Durchsuchung des Diplomaten-Mercedes sei zulässig gewesen, und die sichergestellten Beweise durften verwendet werden. Zuletzt hat der BGH auch das Befangenheitsgesuch der Angeklagten kassiert.

Das Urteil gegen die Heroinschmuggler ist seit Ende Mai rechtskräftig. Battushig B. und Erdenebayar S. befinden sich in Strafhaft und sitzen dem Vernehmen nach auch in derselben Justizvollzugsanstalt.