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Kosten für Pflegeheime setzen Sachsens Kommunen unter Druck

Immer mehr Menschen leben in Sachsen in Pflegeheimen. Sie müssen einen Teil der Kosten selbst tragen. Doch diese sind zuletzt deutlich gestiegen - mit Folgen für Betroffene und Kommunen.

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Ein Heimplatz kostete im Juli im bundesweiten Schnitt 2.248 Euro monatlich. In Sachsen waren es 1.972 Euro.
Ein Heimplatz kostete im Juli im bundesweiten Schnitt 2.248 Euro monatlich. In Sachsen waren es 1.972 Euro. © Symbolfoto: dpa/Tom Weller

Dresden. Steigende Kosten für die Pflege belasten zunehmend die kommunalen Haushalte. "Die Hilfe zur Pflege ist einer der größten Posten bei den Sozialausgaben der Landkreise und kreisfreien Städte", sagte eine Sprecherin des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) in Dresden bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Prognosen der Pflegekassen ließen bis zu 50 Prozent Steigerung der Eigenanteile erwarten, die viele Pflegebedürftigen nicht aus der eigenen Rente stemmen könnten. Die Kommunen müssten mit Sozialhilfe einspringen.

Der Städte- und Gemeindetag setzt sich deshalb für eine ausreichende Finanzausstattung der kommunalen Ebene ein. Laut Statistischem Landesamt lebten im vergangenen Jahr mehr als 48.000 Pflegebedürftige in Heimen - sechs Prozent mehr als noch 2016.

Kassen übernehmen nur einen Teil der Kosten

Die soziale Pflegeversicherung ist als "Teilkasko" angelegt. Von der Pflegekasse wird nur ein Teil der Kosten übernommen. Einer Analyse des Verbands der Ersatzkassen zufolge kostete einen Heimplatz im Juli im bundesweiten Schnitt 2.248 Euro monatlich. In Sachsen waren es 1.972 Euro. Zur Entlastung zahlt der Staat Bewohnern der Pflegegrade zwei bis fünf einen Zuschuss von fünf Prozent im ersten Jahr, der auf 70 Prozent nach mehr als drei Jahren steigt.

Mit den Zuschüssen lagen die Eigenbeiträge in Sachsen in diesem Juli im Schnitt zwischen 1.335 Euro bis 1.972 Euro. Jüngere Zahlen liegen noch nicht vor. Das Geld fließt unter anderem in Pflege und Betreuung, Unterkunft und Verpflegung. Seit September sind die Kosten vor allem wegen der sogenannten Tariftreueregelung nach oben gegangen. Die Pflegekräfte müssen nach Tarif bezahlt werden.

"Diese Lohnsteigerung war längst überfällig", sagte der Vorsitzende des Pflegerates Sachsen, Michael Junge. "Allerdings sprechen wir uns klar dafür aus, diese Kostensteigerungen nicht durch die Pflegebedürftigen und deren Angehörigen allein zu finanzieren."

Eigenanteile sind merklich gestiegen

Die Eigenanteile seien in Sachsen Mitte November um etwa 15 bis 20 Prozent höher gewesen als rund ein Jahr zuvor, sagte eine Sprecherin des bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste unter Berufung auf Berechnungen der Krankenkasse AOK. Von einer weiteren Erhöhung sei schon deshalb auszugehen, weil zum 1. Februar 2023 die Personalkosten um weitere 6,47 Prozent angehoben würden und die Sachkosten weiter stiegen.

Ratsuchende hätten über Erhöhungen von durchschnittlich 600 bis 700 Euro berichtet, in Extremfällen von mehr als 1.000 Euro, sagte der Sprecher der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA-Pflegeschutzbund), David Kröll. In den Vorjahren habe der Schnitt bei 200 bis 300 Euro gelegen

In Dresden sind während des Jahres die Fälle, in denen die Stadt Pflegeheimbewohnern mit der "Hilfe für Pflege" finanziell unter die Arme greifen musste, von 935 auf 1.032 gestiegen. Die Ausgaben für die stationäre Pflege wuchsen im vergangenen Jahr von 7,5 Millionen auf mehr als 9,4 Millionen Euro. 2018 waren es 3,5 Millionen Euro.

In Leipzig waren es in diesem Jahr immer etwa rund 1400 Fälle, bei denen die Stadt für Heimbewohner einspringen musste. Die Stadt geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Ausgaben für stationäre Pflege in diesem Jahr von 12,2 Millionen auf geschätzt 14 Millionen Euro steigen werden. 618 Pflegeheimbewohner haben im Oktober in Chemnitz laut Behörden-Angaben Hilfe zur Pflege erhalten. Die Antragszahlen seien steigend, hieß es.

Laut Sozialministerium muss systematisch geprüft werden, ob das Pflegeversicherungssystem der Lebenswirklichkeit noch gerecht werde. Aus Sicht des Freistaates müssen die sozialen Sicherungssysteme wegen des wachsenden Finanzierungsbedarfs weiterentwickelt werden.

Die steigenden Eigenanteile seien seit Jahren ein Problem, sagte der Sprecher des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Sachsen, Thomas Neumann. Der Verband fordere deshalb, die Eigenanteile zur Finanzierung der Pflege für die Betroffenen künftig auf 15 Prozent der Kosten zu begrenzen. Die Diakonie Sachsen sorgt sich auch wegen des zunehmenden Personalmangels. "Klar ist, wenn nicht endlich eine grundlegende Pflegereform kommt, fährt das Pflegesystem absehbar vor die Wand", sagte Sprecherin Sigrid Winkler-Schwarz.