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Morgenlage in Sachsen: Kretschmer-Interview, Lina-E.-Urteil, russisches Konsulat

Kretschmer verteidigt Asyl-Vorschläge + Haft für Lina E. + russisches Konsulat in Leipzig schließt + Inflation in Sachsen sinkt

Von Maximilian Helm
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Am Mittwoch fiel das lang erwartete Urteil gegen die Linksextremistin Lina E.
Am Mittwoch fiel das lang erwartete Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. © dpa

Guten Morgen,

es war ein Tag voller Überraschungen. Nicht das Urteil, auch nicht die Höhe der Strafe gegen die Linksextremistin Lina E. oder die tumultartigen Szenen der „Fans“ der Verurteilten waren allzu überraschend, sondern vielmehr die Wendung am Ende des Tages hatte es in sich: Lina E. ist zunächst wieder auf freiem Fuß. Haftverschonung, nennen das die Juristen. Meine Kollegin Karin Schlottmann und mein Kollege Alexander Schneider haben den ganzen, letzten Prozesstag in Dresden begleitet, beobachtet und beschrieben.

Es bleibt ein mulmiges Gefühl mit Blick auf den kommenden Samstag, dem in der Linken-Szene als „Tag X“ angekündigten Tag des „Protestes“ gegen das Lina-Urteil. Seit Tagen ist die sächsische Polizei und mit ihr Verstärkung aus mehreren Bundesländern wegen dieser Gewalt-Ansage in Alarmbereitschaft. Die Sorge, dass mehr „passiert“, ist sehr groß.

Spürbar ändern wird sich überraschend auch etwas für russische Staatsbürger, die in Sachsen leben und/oder arbeiten. Konnten sie bisher kurz mal im russischen Generalkonsulat in Leipzig vorbeigehen, um ihren Pass zu verlängern oder neu zu beantragen, wird diese Einrichtung zum Jahresende nach Sächsische.de-Informationen spätestens bis zum Jahresende die Pforten schließen. So, wie drei der vier weiteren russischen Generalkonsulate in Deutschland. Das hat mit dem Rauswurf eines großen Teils deutscher Beschäftigter aus Russland zu tun – nun reagiert das Auswärtige Amt in Berlin und verlangt von Russland, einen Teil seiner Leute abzuziehen. Die Auswirkungen des Krieges, sie sind nicht nur an diesem „Detail“ festzumachen.

Überraschend schnell ist gestern auch das Interview meines Kollegen Gunnar Saft mit Ministerpräsident Michael Kretschmer zustande gekommen. Er wollte sich äußern zu all den Vorwürfen, die sich seit einigen Tagen gegen ihn angesammelt haben – so werfen ihm beispielsweise SPD, Linkspartei und Grüne Populismus und gefährliche Annäherung an die AfD vor. Kretschmer sieht das anders. Aber lesen Sie selbst.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

Kretschmer verteidigt Asyl-Vorschläge

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat in einem Interview mit Sächsische.de einen neuen Asylkompromiss gefordert. Der alte Kompromiss von vor 30 Jahren müsse an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden, forderte er. Kretschmer sprach sich weiter für eine Überarbeitung des Grundrechts auf Asyl aus und betonte, dass Deutschland mit den hohen Sozialleistungen im Vergleich zu anderen EU-Ländern Anreize für Asylbewerber schaffe. Er kritisierte zudem, dass Maßnahmen zur Steuerung der Migration nicht ergriffen wurden und warf der Bundesregierung vor, nicht an einer vernünftigen Lösung mitarbeiten zu wollen. Kretschmers Vorschläge waren zuvor auf heftige Kritik gestoßen, insbesondere von seinen Koalitionspartnern SPD und Grünen, aber auch aus den eigenen Reihen. Einzig die AfD unterstützte Kretschmer in der Forderung nach einer Grundgesetzänderung.

Linksextremistin Lina E. verurteilt - vorerst frei

Das Oberlandesgericht Dresden hat die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. am Mittwoch wegen Angriffen auf mutmaßlich Rechtsextreme zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Haftbefehl wurde unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, wenn das Urteil rechtskräftig ist. Bei der Verkündung des Strafmaßes war es zuvor zu Tumulten gekommen, ausgelöst von Anhängern der Angeklagten. Gegen die drei Mitbeschuldigten von Lina E. verhängte die Staatsschutzkammer Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren fünf Monaten und drei Jahren drei Monaten. Lina E. und ein gleichaltriger Mann wurden der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig gesprochen, ein 37-Jähriger und ein weiterer 28-Jähriger wegen deren Unterstützung. Die Verteidigung von Lina E. kündigte Revision an. Es wurden Ausschreitungen befürchtet, jedoch blieb es weitgehend friedlich. Das Gericht blieb mit dem verhängten Strafmaß unter den Anträgen der Bundesanwaltschaft. Laut Anklage wurden 13 Menschen verletzt, zwei davon potenziell lebensbedrohlich.

Russisches Generalkonsulat in Leipzig wird geschlossen

Als Reaktion auf die Ausweisung Hunderter deutscher Bediensteter aus Russland hat die Bundesregierung Moskau den Betrieb von vier Generalkonsulaten in Deutschland untersagt. Nach SZ-Informationen steht inzwischen fest, dass das Generalkonsulat in Leipzig bis Jahresende geschlossen wird und damit das einzige in Ostdeutschland. Darüber soll der russische Generalkonsul in Sachsen am Abend bereits informiert haben. Vom Jahresende an darf Russland nur noch die Botschaft in Berlin und ein weiteres von bislang fünf Generalkonsulaten in Deutschland betreiben. Hintergrund ist die Ausweisung vieler Deutscher aus Russland.

Inflation in Sachsen gesunken

Ein typischer Warenkorb in Sachsen ist von April zu Mai 0,3 Prozent billiger geworden. Im Mai wurden die Preise für frisches Gemüse, Kaffee und Bier sowie an den Tankstellen im Schnitt um 2,5 Prozent gesenkt. Die Einführung des Deutschlandtickets für 49 Euro im Monat spielte ebenfalls eine Rolle bei der Berechnung des Warenkorb-Preises. Die Pfingstfeiertage im Mai trugen zu den Preiserhöhungen im Hotel- und Reisegewerbe bei. Pauschalreisen wurden im Jahresvergleich um 13,6 Prozent teurer, Übernachtungen in sächsischen Hotels und Gasthöfen um elf Prozent. Die Kaltmieten stiegen innerhalb eines Jahres um 1,3 Prozent. Die Jahres-Inflationrate sank im Mai auf 6,5 Prozent. Experten gehen davon aus, dass sich die Inflation bei Lebensmitteln in der zweiten Jahreshälfte deutlich abschwächen wird.

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