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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

+++ Kretschmer schert aus +++ Dulig sondiert mit +++ Landarztquote beschlossen +++ Aus für Stadtrat-Livestreams?

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stimmte im CDU-Präsidium gegen Gespräche mit FDP und Grünen - als Einziger.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer stimmte im CDU-Präsidium gegen Gespräche mit FDP und Grünen - als Einziger. © dpa

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Guten Morgen,

eine aufregende Woche liegt hinter uns. Tage, die Geschichte schreiben. Spannend, vielseitig, anstrengend für uns Beobachter. Um wieviel mehr müssen sich die politisch Verantwortlichen gerade nach einem etwas ruhigeren Wochenende sehnen? Doch da muss ich alle enttäuschen: Der Krimi "Deutschland sucht eine neue Regierung" wird bis auf weiteres fortgesetzt. Und da gibt es nahezu täglich neue Kapitel, manchmal auch nur Selfies.

Damit bleiben nicht nur die Koalitionswilligen in Berlin unter Dauerstress, sondern auch die regionalen Wahl-Verlierer unter Druck. Denn jetzt ist die beliebteste Zeit, um Schuldige zu suchen. Denn jeder zusätzliche Schuldige könnte ja ein bisschen von eigenen Versäumnissen ablenken. Oder so? Jedenfalls mindestens so lange, bis der wie in Trance befindliche "Ich-hab-doch-gar-nicht-verloren"-Noch-Parteichef Armin Laschet noch daran glaubt, Kanzler werden zu müssen.

So wurde auch Sachsens CDU-Landeschef und Ministerpräsident Michael Kretschmer in dieser Woche schon kräftig "gerupft". Erst Schuld für die Wahl-Niederlage an einen Parteifreund verteilen, dann wieder retour. War doch gar nicht so gemeint. Dann holte ihn im Landtag auch noch die völlig verunglückte Ordensverleihung an "Milchbaron" Theo Müller wieder ein. Ärger, hausgemacht.

Vermutlich dachte Kretschmer, er sei zumindest beim Empfang des Arbeitgeber-Verbands in Sicherheit. Doch auch die sonst eher CDU-nahe Vereinigung der sächsischen Wirtschaft heizte Kretschmer am Mittwochabend kräftig ein. Präsident Jörg Brückner erklärte (laut Redemanuskript), die Zeit der Volksparteien für beendet. Die Bürger und die Unternehmer erwarteten eine Fehler-Suche. Und überhaupt: Sachsen lebe über seine Verhältnisse, zu hohe Personalausgaben. Und: "Immer neue Projekte werden angeschoben, deren Effekte unklar sind", so Brückner. Keine "Schuldenorgien", Hände weg von der Schuldenbremse, lautete seine Mahnung an alle Parteien im Landtag, vor allem aber an CDU, Grüne und SPD, die derzeit eine Verfassungsänderung erwägen, um die Corona-Schulden zu stemmen.

Mancher im Saal wunderte sich, dass Kretschmer angesichts der verbalen "Dusche" nicht aufstand und ging. Es wird für Wahlverlierer gerade sehr ungemütlich im Freistaat, vor allem für diejenigen, die ihn regieren. Und das obwohl es doch eine Bundestags- und keine Landtagswahl war. Der "Warnschuss" vor dem nächsten Landes-Votum 2024, er sitzt tief.

Ein sonniges, ruhiges Wochenende wünsche ich Ihnen,

herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de


Die wichtigsten News am Morgen

+++ Kretschmer gegen Gespräche mit FDP und Grünen +++

Nicht alle Mitglieder des CDU-Präsidiums haben den geplanten Gesprächen der Union mit FDP und Grünen parallel zu den Sondierungen der SPD voll zugestimmt. "Es gab auch andere Stimmen, die gesagt haben: Nein, wir finden, jetzt sollten die anderen erstmal miteinander sprechen", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Donnerstag in Berlin. Es habe aber eine große Mehrheit dafür gegeben. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer habe "eine etwas andere Sichtweise" geäußert. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war er der Einzige, der sich in der Sitzung negativ zu Wort meldete.

Derweil wird der scheidende sächsische SPD-Landesvorsitzende und Wirtschaftsminister, Martin Dulig, Teil des Sondierungsteams, dass die Chancen für eine Regierungskoalition unter SPD-Führung auslotet. Das bestätigte Dulig am Donnerstag der Leipziger Volkszeitung. Demnach koordiniert Dulig, der auch Ostbeauftragter seiner Partei ist, die Interessen der Ost-SPD. Er wolle sich vor allem für einen Mindestlohn von zwölf Euro und Rentengerechtigkeit einsetzen. In den weiteren Sondierungsteams von CDU, Grünen und FDP befinden sich keine sächsischen Vertreter. Alle aktuellen Entwicklungen nach der Bundestagswahl gibt es in unserem Newsblog.

+++ Landtag stimmt für Landarztquote +++

Sachsen führt eine Landarztquote für das Medizinstudium ein. 6,5 Prozent der Studienplätze werden demnach vorab vergeben. Der Landtag hat dem Gesetz am Donnerstag mehrheitlich zugestimmt. Pro Jahr können somit etwa 40 Bewerberinnen und Bewerber einen Studienplatz für Humanmedizin erhalten, ohne dass sie den dafür nötigen Numerus clausus erfüllen. Zwar spielen in dem zweistufigen Auswahlverfahren auch Noten eine Rolle, aber das Ergebnis eines Eignungstests, eventuelle Erfahrungen im Gesundheitswesen oder im Ehrenamt und persönliche Eigenschaften wie kommunikative Kompetenz und Empathie sollen auch berücksichtigt werden. Im Gegenzug verpflichten sich die Studenten zu zehn Jahren vertragsärztlicher Versorgung auf dem Land – als Allgemeinmediziner.

+++ Künftig weniger Livestreams aus Stadträten? +++

Livestreams aus Stadt - und Gemeinderäten könnten künftig deutlich leichter unterbunden werden - und zwar von den Stadträten selbst. In einem Schreiben an die sächsischen Landratsämter hat das Innenministerium mitgeteilt, dass ein Livestream aus öffentlichen Gemeinderatssitzungen nur zulässig sei, wenn alle Mitglieder des Rates – jeder einzeln für sich – diesem Prozedere zugestimmt hätten. Dies wurde auf der jüngsten Sitzung des Meißner Stadtrats bekannt. Bislang genügte ein Mehrheitsbeschluss. Laut Innenministerium habe sich die zu den Livestreams geltende Rechtsauffassung in der Praxis zwar bewährt, die Landesdatenschutzbeauftragten und Urteile der Justiz würden dieser Verfahrensweise allerdings widersprechen. Nun stehen Liveübertragungen von mehreren Stadtratssitzungen auf der Kippe.


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