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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

+++ Grüne stimmen für Koalitionsverhandlungen +++ Parteiloser gewinnt Wahl in Löbau +++ Tausende demonstrieren gegen Pegida +++

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Kassem Taher Saleh ist für sächsischen Grünen neu im Bundestag. Er will in den kommenden vier Jahren für einen modernen Osten eintreten, sagt er.
Kassem Taher Saleh ist für sächsischen Grünen neu im Bundestag. Er will in den kommenden vier Jahren für einen modernen Osten eintreten, sagt er. © kay herschelmann

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Guten Morgen,

wir haben hier an dieser Stelle ja vor wenigen Tagen anerkennend darüber geschrieben, wie geräuschlos die Sondierungsgespräche zwischen SPD, Grünen und FDP bislang gelaufen sind. Dieser Eindruck verfestigt sich auch nach den wegweisenden Entscheidungen, die in den vergangenen drei Tagen getroffen worden sind: Es gibt seit Freitag ein Sondierungspapier, das sogar Friedrich Merz als "beachtlich" bezeichnet, und SPD sowie Grüne haben bereits den Weg für Koalitionsverhandlungen frei gemacht. Es wäre eine Sensation, wenn die FDP-Spitze heute anders entscheidet.

Doch lassen wir uns nicht täuschen. Für die gute Zusammenarbeit der drei Parteien gibt es gute Gründe. Sie alle verbindet das Selbstbewusstsein des Wahlsiegers. FDP und Grüne sehnen sich zudem danach, nach langer Abstinenz endlich wieder zu regieren. Zugeständnisse sind da schnell gemacht - zumal für ein Papier, das am Ende nichts zählt. Insofern können wir gespannt auf die nächsten Tage und Wochen blicken, wenn die Koalitionsverhandlungen starten und sich vielleicht erste Risse in der heilen rot-grün-gelben Welt auftun.

Einer, der dabei plötzlich ganz nah dran ist, ist Kassem Taher Saleh. Er wurde über die sächsische Landesliste der Grünen zum ersten Mal in den Bundestag gewählt und will dort in den kommenden vier Jahren den modernen Osten vertreten. Das jedenfalls hat er meiner Kollegin Franziska Klemenz gesagt, die ihn für ein Porträt begleitet hat. Sie zeichnet ein Bild eines Mannes, der nur schwer in eine Schublade passt: Geboren im Irak, zuhause in Sachsen. Seine Fluchtgeschichte will er aber nicht in den Vordergrund stellen. Er ist Bauingenieur und Dynamo-Fan, K-Block wohlgemerkt. Er spricht vier Sprachen und oft rutscht dabei ein sächsisches "Nu" in den Satz. Ich wünsche Ihnen einen gute Lektüre.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de


Die wichtigsten News am Morgen

+++ Grüne stimmen für Koalitionsverhandlungen +++

Nach der SPD haben am Sonntag auch die Grünen für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene gestimmt. Bei einem kleinen Parteitag in Berlin votierten die Delegierten mit großer Mehrheit für die Aufnahme der Gespräche zur Bildung einer gemeinsamen Regierung. Am Freitag hatten die Unterhändler der Ampel-Parteien ihr Sondierungsergebnis gemeinsam vorgestellt. Danach sollten in allen drei Parteien noch Gremien befragt werden. Die SPD hatte bereits am Freitag einstimmig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen votiert. Am Montag will die FDP-Führung über diese Frage entscheiden.

Das Sondierungspapier sieht unter anderem einen vorzeitigen Kohleausstieg, idealerweise schon bis 2030 statt 2038, vor. Außerdem soll das Wahlrecht bereits für 16-Jährige gelten und der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben werden. Worauf sich die Parteien noch geeinigt haben, fasst sächsische.de hier zusammen. Und hier geht es zur Analyse, welche Partei sich bei welchen Punkten durchgesetzt hat. Alle aktuellen Entwicklungen nach der Bundestagswahl gibt es in unserem kostenlosen Newsblog.

Der Bautzener CDU-Landtagsabgeordnete Marko Schiemann kritisierte indes die Bestrebungen für einen früheren Kohleausstieg. Es sei ein "falsches Signal" für die Lausitz, sagte er am Sonntag. Bis dahin seien die notwendigen Infrastrukturprojekte noch nicht abgeschlossen. Schiemann führte etwa den geplanten sechsspurigen Ausbau der Autobahn 4 an sowie die Elektrifizierung der Bahnstrecke Görlitz-Dresden und den Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Görlitz. Kritik an den Plänen kam auch vom CDU-Vorsitzenden im Landkreis Görlitz, Florian Oest. "SPD, Grüne und FDP verscherbeln die Zukunftschancen der Oberlausitz."

+++ Parteiloser gewinnt OB-Wahl in Löbau +++

Albrecht Gubsch ist der neue Oberbürgermeister von Löbau. Der Einzelkandidat setzte sich im zweiten Wahlgang am Sonntag mit 40,28 Prozent gegen Heiko Neumann (36,26 Prozent) von der Bürgerliste durch. Neumann hatte den ersten Wahlgang gewonnen. CDU-Kandidat Ringo Hensel erhielt 21,84 Prozent der Stimmen. Den parteilosen Dirk Rocho wählten 1,62 Prozent. Der Wahlsieger zeigte sich am Abend überrascht, aber erfreut über das Ergebnis. Gubsch ist bislang Bauamtsleiter in Löbau und war der Favorit seines Vorgängers Dietmar Buchholz. Den Einwohnerrückgang in der Stadt sieht er als eines der drängendsten Probleme in den kommenden Jahren.

+++ Breiter Widerstand gegen Pegida-Kundgebung +++

In Dresden hat sich am Sonntag ein breiter Widerstand gegen die asyl- und ausländerfeindliche Pegida-Bewegung formiert. Pegida versammelte sich am frühen Nachmittag auf dem Dresdner Altmarkt, um ihren siebten Geburtstag zu begehen, darunter auch Pegida-Gründer Lutz Bachmann. Vor der Bühne fanden sich Schätzungen zufolge knapp 1.000 Menschen ein. Deutlich mehr, etwa 2.500 bis 3.000 Protestierende, versammelten sich in Hör- und Sichtweite und übten lautstark Protest - mit Trillerpfeifen, Rasseln und Kochtöpfen als Trommeln.

Mehrere Bündnisse hatten zu Gegendemonstrationen und zu Protestzügen Richtung Innenstadt aufgerufen. Von der TU Dresden setzten sich am Mittag mehrere hundert Menschen in Bewegung. "In unserer Universität leben wir ein Miteinander, das getragen ist von Respekt gegenüber Andersdenkenden, -lebenden und -aussehenden", erklärte die Rektorin der TU Dresden, Ursula Staudinger, bei einer von der TU angemeldeten Demonstration. Die Demos blieben lange Zeit friedlich. Am Ende des Tages kam es zu einer Festnahme und es wurden Rauchbomben gezündet. Zwei Reden bei Pegida werden strafrechtlich geprüft.


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