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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

CDU-Fraktionschef: "Keine Koalition um jeden Preis" +++ Elf Sachsen bei Koalitionsverhandlungen dabei +++ Wer wird Dresdens neuer Oberbürgermeister?

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Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Christian Hartmann, will die sächsische Regierungskoalition nicht um jeden Preis halten.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Christian Hartmann, will die sächsische Regierungskoalition nicht um jeden Preis halten. © Arvid Müller

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Guten Morgen,

zum Ende dieser Woche mal etwas in "eigener Sache". Nein, es geht dabei nicht um mein Unternehmen, um die Medienbranche im Allgemeinen oder gar um mich. Es geht mir um ein Zitat, die Aussage eines Medien-Machers – so nennt man die ganz "Großen" in der Branche gelegentlich. Es geht um den Satz, der mir auch am Ende dieser Woche nicht mehr aus dem Kopf geht, weil er so vernichtend viel aussagt. Nicht nur, aber vor allem für Journalisten, die im Osten dieses Landes arbeiten.

Ausgangspunkt ist eine SMS von Springer-Chef Mathias Döpfner im Zusammenhang mit dem wegen Compliance-Vorwürfen abgesetzten Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Ausgerechnet der sei der letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig gegen den "neuen DDR-Obrigkeitsstaat aufbegehre", teilte Döpfner in einer, wie er es sagt, eigentlich privat verschickten SMS mit. Nur dass der Adressat den Inhalt durchaus berechtigt für so ungeheuerlich hielt, dass dieser Satz eben nicht privat blieb. Wie auch diese weitere Aussage Döpfners nicht, dass fast alle anderen Journalisten zu "Propaganda-Assistenten" geworden seien. Nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, privat gemeint und daher überspitzt und voller Ironie - so Döpfner selbst dazu.

Warum kann ich darüber nur nicht lachen? Vielleicht weil Vergleiche der Bundesrepublik Deutschland mit dem "DDR-Obrigkeitsstaat" im Jahr 2021 so bizarr wirken, dermaßen von blanker Unkenntnis und Desinteresse zeugen, wie gerade hier im Osten Journalismus in vielen Dingen und Aspekten anders läuft, härter ist, existenzieller in jeder Weise.

"Hinterher ist man immer klüger", scherzte Döpfner gestern in einem Video an alle Springer-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter. Die haben keine pauschale Häme und schon gar keine Verurteilung verdient, die sich jetzt ebenso ungerecht pauschal über sie ergießt.

Doch wenn man hinterher klüger sein soll – also nachdem Reichelt mehr als einmal seine Machtstellung so simpel für das Spiel "Job gegen Sex" missbrauchen konnte, ohne dass sich Widerrede im zuschauenden näheren Umfeld regte - warum beginnt das Hinterher dann, wie auch in diesem Fall, einfach immer wieder zu spät? Wie weit sind wir noch entfernt von einer Unternehmenskultur in Deutschland - quer durch alle Branchen - in der Frauen sich darauf verlassen können, dass ihr Vorgesetzter nach dem ersten "Zwischenfall" entschieden und klar eingreift - und nicht wieder und wieder dem "Täter" eine "zweite Chance" gibt? Und ihn - was für ein Hohn - sogar noch als großen Journalisten lobt.

Ein bisschen mehr Mut, das wünsche ich mir von allen. Mut, um gegenzuhalten und aufzustehen, wenn es notwendig ist. Das wäre ein Anfang.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de


Die wichtigsten News am Morgen:

+++ Hartmann: "Keine Koalition um jeden Preis" +++

Nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl will sich die sächsische CDU innerhalb der Regierungskoalition stärker profilieren. "Wir brauchen auch innerhalb der Koalition mehr Profilierung der Akteure, eine Unterscheidbarkeit der politischen Parteien, ohne dass es in Streit ausartet", sagt der Fraktionschef der Christdemokraten, Christian Hartmann, im Interview mit saechsische.de. Dass die Koalition in großer Geschlossenheit Entscheidungen treffe, müsse man etwas dahingehend korrigieren, "dass der Diskurs dahinter und die unterschiedlichen Perspektiven deutlicher werden". Das Bündnis will Hartmann nicht in jedem Fall halten. "Ich habe ein Interesse, dass die Koalition die Legislatur erfolgreich bestreitet. Ich sage aber auch deutlich, es gibt keine Koalition um jeden Preis."

+++ Elf Sachsen verhandeln beim Koalitionsvertrag mit +++

SPD, Grüne und FDP streben eine zügige Regierungsbildung an. FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte am Donnerstag zu Beginn der Koalitionsverhandlungen, bis Ende November solle ein Vertragswerk vorgelegt werden. In der Woche vom 6. Dezember an solle der neue Bundeskanzler gewählt und die neue Regierung gebildet werden. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, am kommenden Mittwoch werde die Arbeit der einzelnen Arbeitsgruppen losgehen. Diese sollten bis zum 10. November Positionen erarbeiten, die dann in die Hauptverhandlungsgruppen gehen sollten. Der Tagesspiegel mit dem detaillierten Zeitplan. Sächsische.de fasst zusammen, bei welchen Punkten sich die Verhandler einigen müssen. Alle aktuellen Entwicklungen nach der Bundestagswahl gibt es in unserem kostenlosen Newsblog.

Unter den Verhandlern sind auch elf Politikerinnen und Politiker aus Sachsen, sechs Männer und fünf Frauen, mehrere Bundestags- und Landtagsabgeordnete, zwei Landesminister und ein Bürgermeister. Die Sozialdemokraten schicken die größte Gruppe nach Berlin. Mit dabei sind der Ost-Beauftragte der Bundes-SPD und sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig sowie Sozialministerin Petra Köpping. Hier geht es zur kompletten Liste mit allen Namen und Aufgaben.

+++ Dresdner OB-Wahl: Parteien in Lauerstellung +++

Vor der Dresdner Oberbürgermeisterwahl im nächsten Sommer befinden sich die Parteien in Lauerstellung. Dass Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) erneut antritt, ist nicht gesetzt, sagt er selbst. Hilbert will sich "zu gegebener Zeit" entscheiden. SPD und Grüne haben bereits beschlossen, jeweils einen eigenen Kandidaten zu benennen. Die Linke zögert noch, genau so wie die AfD, die bis Jahresende entscheiden will. Der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah hat aber bereits sein Interesse intern bekundet. Bei der CDU hingegen will man sich noch nicht festlegen. Es wird auch diskutiert, keinen eigenen Bewerber ins Rennen zu schicken, was wiederum intern für Kritik sorgt. Bei einer Kandidatur werden Namen wie Kultur- und Tourismusministerin Barbara Klepsch und Kultusminister Christian Piwarz gehandelt.


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