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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

+++ Seehofer schließt Grenzkontrollen nicht aus +++ Erste Luftfilter wohl Ende November in Schulen +++ Mehrheit für Ende des Corona-Ausnahmezustands +++

Von Tobias Winzer
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Bundespolizisten stehen in Guben vor Flüchtlingen, die an der deutsch-polnischen Grenze gestoppt wurden. Stationäre Grenzkontrollen gibt es bislang nicht.
Bundespolizisten stehen in Guben vor Flüchtlingen, die an der deutsch-polnischen Grenze gestoppt wurden. Stationäre Grenzkontrollen gibt es bislang nicht. © dpa

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Guten Morgen,

die Verunsicherung erhält immer wieder neue Nahrung und Verschwörungstheoretiker haben ihre helle Freude: Die Impf-Zahlen sollen gar nicht stimmen, sondern liegen vermutlich einige Prozentpunkte höher. Seit Monaten nährt das renommierte Robert-Koch-Institut selbst die Zweifel an der eigenen Statistik. Die tatsächlich erfassten Impf-Zahlen passen einfach nicht zusammen mit dem, was Befragungen ergeben. Und so wissen wir seit einigen Wochen, dass wir auch in dieser Frage eigentlich nichts so ganz genau wissen. Ausgerechnet in Deutschland. Ausgerechnet jetzt, wo manche am liebsten schon das Ende der Pandemie ausrufen möchten.

Es ist nur sehr schwer zu verstehen – aber kein bisschen zu akzeptieren – warum es noch immer so viele Ungenauigkeiten bei der statistischen Erfassung der Impfungen in Deutschland gibt. Mal soll es an den Betriebsärzten liegen, die nicht rechtzeitig ans Meldesystem angeschlossen waren, mal an den Ärzten, die ihre Piks-Leistungen nicht korrekt an das RKI weitergereicht haben. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Deutschland ein Entwicklungsland in Digitalisierungs-Fragen ist – hier ist er, bitte schön!

Wie aber will man Bürgerinnen und Bürger von der Notwendigkeit überzeugen, sich impfen zu lassen, wenn man selber nicht weiß, wo man steht? So riskiert man, auch jene zu verlieren, die sich jetzt noch an Regeln halten. Regeln, die zum Schutz aller – vor allem aber der Ungeimpften – aufgestellt worden sind.

Ich wünsche Ihnen eine gute, sonnige Woche,

herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de


Die wichtigsten News am Morgen:

+++ Seehofer schließt Grenzkontrollen nicht aus +++

Angesichts der Migration über die Belarus-Route hat Bundesinnenminister Horst Seehofer in Aussicht gestellt, "falls notwendig" weitere Beamte der Bundespolizei im Grenzgebiet zu Polen einzusetzen. "An der deutsch-polnischen Grenze haben wir schon jetzt den Grenzschutz mit acht Hundertschaften Bundespolizei verstärkt", sagte der CSU-Politiker der Bild am Sonntag. "Falls notwendig, bin ich bereit, dort noch weiter zu verstärken. Wir werden den Grenzraum und die grüne Grenze zu Polen engmaschig kontrollieren." Seehofer machte auch deutlich, dass dort gegebenenfalls Grenzkontrollen erwogen werden könnten. Vergangene Woche hatte Seehofer zunächst angekündigt, mit verstärkten deutsch-polnischen Grenz-Patrouillen die hohe Zahl der illegal Einreisen bremsen zu wollen. Kommunale Spitzenverbände sprechen sich für stichprobenartige Kontrollen an der Grenze und Verhandlungen auf EU-Ebene aus, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland zusammenfasst.

Im ARD-Magazin "Bericht aus Berlin" am Sonntag hat sich auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zu dem Thema geäußert. Er plädiert dafür, Polen bei der Sicherung der EU-Außengrenze finanziell zu helfen. Außerdem spricht er sich für Sanktionen gegen Fluggesellschaften aus, die Flüchtlinge nach Belarus bringen.

In der sächsischen Grenzregion ist man beim Thema Grenzkontrollen gespalten. Während der Görlitzer Landrat Bernd Lange sie befürwortet, lehnt sie der Görlitzer Oberbürgermeister Octavian Ursu (beide CDU) ab, weil sie nicht praktikabel seien.

Unterdessen hat die Polizei in der Nacht zu Sonntag mehrere Rechtsextreme bei einem sogenannten Grenzgang aufgespürt. Die rund 50 Personen seien dem Umfeld der rechtsextremen Splitterpartei Der Dritte Weg zuzurechnen und offensichtlich dem Aufruf der Partei zu dem sogenannten Grenzgang gefolgt, wie die Polizei am mitteilte. Die Partei wollte mit der Aktion gegen Migranten an der Grenze vorgehen. Bei der Überprüfung der aufgegriffenen Personen stellte die Polizei Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke sicher.

+++ Erste Luftfilter sollen Ende November kommen +++

Nachdem die Landesregierung in der vergangenen Woche die Förderbedingungen für die Anschaffung von Luftfiltern in Schulen und Kitas beschlossen hat, könnten Ende November die ersten Anträge genehmigt werden. Doch wie bereits jetzt feststeht, wird es keinen flächendeckenden Einsatz geben. Das liegt zum einen an den Förderbedingungen und zum anderen an der Skepsis der Kommunen. So werden zum Beispiel in der Stadt Radebeul keine Lüfter zum Einsatz kommen. Einige haben sich auch nach einer Testphase gegen mobile Luftfilter entschieden – etwa, weil sie zu laut und zu störend gewesen seien. Die Linke empfindet das Förderprogramm anderthalb Jahre nach dem Beginn der Pandemie als "schlechten Scherz". In anderen Bundesländern ist man den Geräten gegenüber positiver eingestellt.

+++ Mehrheit für Ende des Corona-Ausnahmezustands +++

Der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), nach mehr als anderthalb Jahren Pandemie den bundesweiten Corona-Ausnahmezustand am 25. November auslaufen zu lassen, stößt in der Bevölkerung mehrheitlich auf Zuspruch. Das geht aus einer bundesweiten repräsentativen Umfrage von saechsische.de und den Meinungsforschern von Civey hervor. Demnach halten es 47 Prozent der Deutschen für richtig und 44 Prozent für falsch, dass die seit März 2020 geltende "epidemische Lage von nationaler Tragweite" nicht verlängert werde. In Sachsen ist die Zustimmung zu Spahns Vorstoß noch größer.

Die Bundesländer haben sich derweil gegen ein Ende des Corona-Ausnahmezustands ausgesprochen. Man brauche weiterhin Vorsicht und Mechanismen, um die Corona-Pandemie bekämpfen zu können, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU), am Freitag nach Beratungen der Bundesländer in Königswinter. Die Länder bräuchten eine "sichere Rechtsgrundlage, damit auch niedrigschwellige Basismaßschutzmaßnahmen in den kommenden Herbst- und Wintermonaten möglich sind", ergänzte er. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warnt gegenüber dem MDR vor einem rechtlich unklaren Zustand.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), hat unterdessen die Verschärfung der Corona-Regeln und eine schnelle Einführung der 2G-Regelung in sensiblen Bereichen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen, Schulen und Kitas gefordert. "Das sollte gelten für Beschäftigte, Besucherinnen und Besucher und alle, die dort geimpft werden können“, sagte der Leipziger Oberbürgermeister den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der MDR berichtet. Wie der Fußball-Bundesligist RB Leipzig am Sonnabend ankündigte, soll künftig beim Stadionbesuch die 2G-Regel gelten.


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