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Politik in Sachsen - die Morgenlage

Polizeihochschule ohne Chefposten + Mehr Tote durch niedrige Impfquote? + Mehr als 9.000 Corona-Neuinfektionen + Überlastete Lokalpolitiker

Von Maximilian Helm
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© André Schulze

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Guten Morgen,

in diesen Tagen schreibt Deutschland ein neues Kapitel Geschichte. Generationen nach uns werden die dabei entstehenden Seiten vermutlich klarer, als viele es jetzt vermögen, einzuordnen wissen in den besonders seitenreichen Band mit dem Titel "Ihr-habt-es-doch-gewusst-warum-habt-ihr-nichts-getan".

Bei aller Sympathie für Pazifismus. Bei aller Sehnsucht nach einer Friedensordnung, die irgendwann alle Herrschenden auf dieser Erde begeistert umsetzen wollen – noch ist sie nicht gefunden. Willkommen in der neuen Realität. Eine andere gibt’s zurzeit leider nicht. Die alte ist ausverkauft.

Und so wird die Diskussion darüber, ob Deutschland nun schwere Waffen zur Selbstverteidigung der Ukraine liefern soll, auch in den nächsten Tagen mit teilweise bizarren Zügen vermutlich weitergehen. Während im Hintergrund auch aus Sachsen eine merkwürdige politische "Hintergrundmusik" dudelt, dass man doch nicht alle Verbindungen zu Russland zerschlagen solle. Die Botschaft wird sehr wohl gehört auf Dauerschleife – doch es gibt wohl kaum einen schlechteren Zeitpunkt dafür.

So, wie es kaum eine peinlichere deutsche Argumentationskette gibt fürs Abwinken bei ukrainischen "Liefer-Wünschen" nach schweren Waffen. Die Deutschen müssen erstmal prüfen, was überhaupt noch an militärischem Gerät in ihrem Bestand ist. Sie müssen erstmal nachfragen, wie viele Panzer überhaupt noch fahrtüchtig sind. Dann muss natürlich noch überlegt werden, wie viel Geld man zur Verfügung stellen kann, damit die Ukraine sich auf einer zur Verfügung gestellten "Einkaufliste" etwas aussuchen kann – aber nicht von dem, was sie gerade am dringendsten braucht.

Es wird womöglich schon in einigen Wochen, sicher aber noch in vielen Jahren danach gefragt werden, welche Rolle Deutschland in diesem Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine und damit gegen Europa und die westliche Welt mit ihren Werten "gespielt" hat. Nur, dass es eben kein Spiel ist.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+ Chefposten der Polizeihochschule bleiben unbesetzt +

Die Hochschule der Sächsischen Polizei bleibt weiter ohne feste Führungsspitze. Der Zeitpunkt der Besetzung sei offen, sagte ein Sprecher. Die Stelle des Rektors wurde bereits im Februar ein zweites Mal ausgeschrieben, nachdem in einer ersten Runde kein geeigneter Kandidat gefunden worden war. Die Bild berichtete, dass der frühere Generalstaatsanwalt Hans Strobl im Rennen sei. Die Stelle des Kanzlers ist zwar bereits kommissarisch mit Manja Hussner, und damit einer Bekannten der Ehefrau von Innenminister Roland Wöller, besetzt, doch auch hier könnte es Verzögerungen geben: Möglicherweise kommt es hier zu einer Konkurrentenklage eines weiteren Bewerbers.

Unterdessen bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft strafrechtliche Ermittlungen gegen Polizisten. Die Angehörigen einer Spezialeinheit sollen eine Skireise nach Bayern als Fortbildungswoche abgerechnet haben. Nach Informationen der "Freien Presse" soll es sich um ein Vier-Sterne-Hotel im südbayerischen Raum Garmisch-Partenkirchen handeln, in dem die Elitepolizisten Anfang 2019 abgestiegen sein sollen. Wöller sagte, er sei über die Enthüllung "erschüttert, aber nicht überrascht". Die LVZ berichtet, dass es nun aus der Regierungskoalition erheblichen Ärger darüber gibt, dass Wöller nicht von sich aus über die Vorgänge berichtete.

+ Führt die niedrige Impfquote zu mehr Toten in Sachsen? +

Sachsen hat mit 65,4, Prozent immer noch die bundesweit niedrigste Impfquote. Das führte einer Studie des Dresdner ifo-Instituts zufolge auch zu mehr Todesfällen. In Sachsen wurde im zweiten Halbjahr 2021 eine Übersterblichkeit von 12,6 Prozent verzeichnet. Das bedeutet, dass in der vierten Coronawelle 3.500 Menschen mehr verstorben sind, als aufgrund der Altersstruktur zu erwarten gewesen wären. Auch in Thüringen lag die Übersterblichkeit im zweiten Halbjahr 2021 bei etwa 13 Prozent. In Schleswig-Holstein und Berlin war eine deutlich geringere Sterblichkeit zu beobachten. In beiden Bundesländern liegt die Impfquote jedoch auch deutlich höher. Die Forscher vermuten einen Zusammenhang. Auch vom zweiten bis vierten Quartal 2020, als es noch keine Impfung gab, hatte Sachsen eine deutliche Übersterblichkeit. Die anderen Bundesländer unterschieden sich jedoch kaum voneinander.

+ Sachsen meldet 9.139 Neuinfektionen +

In Sachsen wurden am Mittwoch 9.139 Corona-Infektionen registriert. Zum Vergleich: Vor einer Woche waren es noch 7.672 neue Fälle. Laut Gesundheitsministerium sind zudem 29 weitere Corona-Tote gemeldet worden. Damit haben sich seit Beginn der Pandemie im März 2020 1.430.774 Menschen in Sachsen mit dem Coronavirus infiziert, 15.099 starben an oder mit dem Virus. In den sächsischen Krankenhäusern sind aktuell 1.058 Betten auf Normalstation mit Corona-Patienten belegt - eine Auslastung von 75,7 Prozent, auf den Intensivstationen liegen derzeit 159 Patienten (66,8 Prozent Auslastung). Die Überlastungsstufen sind bei 1.300 bzw. 420 belegten Betten erreicht.

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+ Wie belastet sind Sachsens Kommunalpolitiker? +

Der Rücktritt von Bundesfamilienministerin Anne Spiegel ist einer von vielen Fällen der zeigt: Mehrfachbelastung hat auch Politiker ihre Grenzen - vor allem auf der kommunalen Ebene. Schließlich kommt zum politischen Amt oft noch ein Vollzeitjob, und in vielen Fällen noch eine Familie hinzu. Matthias Schöneich sitzt für die CDU im Görlitzer Stadtrat, arbeitet bei Siemens Energy und hat zwei Kinder. Das Aktenstudium für sein Amt verlegt er häufig in die Abend- und Nachtstunden, und ist dabei auf das Verständnis seiner Frau angewiesen. Was ihn trotzdem in den politischen Gremien hält und wie es anderen Mitgliedern des Görlitzer Stadtrates geht, lesen Sie auf Sächsische.de.

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