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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Polizeichef will noch mehr Polizisten + Maskenpflicht soll gelockert werden + Handwerk will Ausbildung aufwerten + Betrüger landen bei Ex-Justizminister

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Landespolizeichef Jörg Kubiessa spricht sich für eine erneute Aufstockung seiner Mannschaft aus. Nur so könnten auch die Polizeireviere gestärkt werden, sagt er.
Landespolizeichef Jörg Kubiessa spricht sich für eine erneute Aufstockung seiner Mannschaft aus. Nur so könnten auch die Polizeireviere gestärkt werden, sagt er. © Sven Ellger

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Guten Morgen,

wenn die Meldung einer Nachrichtenagentur schon im ersten Satz das Wort "erwartungsgemäß" enthält, dann wissen erfahrene Journalisten: diese Nachricht wird vom Leser nicht besonders viel Aufmerksamkeit bekommen. So geschehen gestern, nachdem die beiden sächsischen Oppositionsparteien, Linke und AfD, ihre Halbzeitbilanz des "Kenia"-Regierungsbündnisses gezogen haben. Diese fällt - wie sollte es auch anders sein - verheerend aus. Während Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt die CDU als Aufbruchs-Bremser ausmacht, empfiehlt AfD-Chef Jörg Urban der CDU die Trennung von den Grünen. So weit, so erwartbar.

Nach der Kabinettssitzung werden nun heute Regierungschef Michael Kretschmer und seine beiden Vizes Martin Dulig und Wolfram Günther öffentlich Bilanz ziehen - und erwartungsgemäß die Chance nutzen, die Erfolge der gemeinsamen Regierungsarbeit in den Vordergrund zu stellen. Nachdem in den vergangenen Tagen aber so viel über die Uneinigkeiten zwischen den Koalitionspartnern geschrieben worden ist, können wir als Beobachter gespannt sein, wie die drei wichtigsten politischen Entscheider im Freistaat den offensichtlichen Zwist wegmoderieren - oder eben auch nicht.

Und apropos erwartungsgemäß: Falls Sie sich fragen, was meine Kollegin Annette Binninger, die Ihnen sonst an dieser Stelle die politische Lageeinschätzung gibt, gerade so macht, dann empfehle ich Ihnen diesen Artikel. Glückwunsch für diese gar nicht erwartungsgemäße Auszeichnung.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+++ Landespolizeichef will noch mehr Polizisten +++

Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa verteidigt die von Innenminister Armin Schuster (CDU) ins Spiel gebrachte erneute Aufstockung der Polizei. Die 2015 vereinbarten tausend zusätzlichen Stellen seien überwiegend in zentralen Einsatzbereichen, wie dem Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum, geschaffen worden, so Kubiessa im Interview mit saechsische.de. Um zum Beispiel auch in den Grenzregionen präsenter zu sein, braucht es laut Kubiessa tausend weitere neue Stellen. Neben hochbelasteten Revieren, wie in Leipzig oder Görlitz, werden diese zusätzlichen Stellen "für den Verkehrsbereich, international agierende Organisierte Kriminalität, Cybercrime-Delikte, Kinderpornografie und Hasskriminalität benötigt". Im Interview spricht Kubiessa auch über eine neue Fehlerkultur in der Polizei.

Im Interview mit der Freien Presse bekräftigt Innenminister Schuster seine Forderung nach mehr Polizeistellen. Er wolle Rechtsextremisten "so wenig Raum wie möglich geben". Sein Haus werde jede Möglichkeit nutzen, auch um Hass im Internet und in sozialen Netzwerken Einhalt zu gebieten. "Extremisten sollen spüren, dass der Staat keine Ruhe lässt, dass wir Druck erzeugen", so Schuster. "Dafür brauche ich einen starken Verfassungsschutz und eine starke Polizei, die das auch personell leisten können." Außerdem soll Sachsens Verfassungsschutz nach Schusters Plänen mehr Freiheiten bekommen. Eine Gesetzesnovelle soll es ihm erlauben, künftig schon extremistische Verdachtsfälle öffentlich benennen zu dürfen, um besser als Frühwarnsystem der Demokratie zu wirken.

+++ Handwerk will Ausbildung aufwerten +++

Der Sächsische Handwerkstag sieht einen Aufschwung nach zwei Jahren Corona-Pandemie in weite Ferne gerückt. Als Ursachen für die gedämpfte Stimmung nannte Vizepräsident Tobias Neubert am Montag in Dresden Lieferengpässe, gestiegene Kosten für Material und Energie sowie einen Mangel an Fachkräften. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine habe die Verwerfungen noch verstärkt. Die Preise für Vorprodukte stiegen nahezu wöchentlich, die Baukosten seien explodiert. Eine seriöse Kalkulation ließe sich kaum noch machen. Kostensteigerungen könnten nur bedingt an die Kunden weitergegeben werden. Neubert stellte zudem Ergebnisse der Frühjahrskonjunkturumfrage vor.

Mit Blick auf den Fachkräftemangel forderte Jörg Dittrich, Präsident des Handwerkstages, der dualen Berufsausbildung mehr Bedeutung zu geben. Nach dem Beispiel Österreichs und der Schweiz sollte die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung rechtlich verankert werden. Ferner schlug Dittrich eine "Exzellenzinitiative Berufliche Bildung" vor. Zudem nannte der Präsident "praktische Wirtschaft" als Lehrinhalt in der Schule und ein Freiwilligenjahr im Handwerk als Alternative zum Dienst in der Bundeswehr und zum Freiwilligen Sozialen Jahr.

+++ Maskenpflicht im ÖPNV soll gelockert werden +++

Sachsens Landesregierung will die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr lockern. Das berichtet die Leipziger Volkszeitung. Demnach soll der überwiegende Teil der Corona-Regeln im Freistaat verlängert werden. In Bus und Bahn soll nicht mehr eine FFP2-Maske vorgeschrieben werden, sondern nur noch ein einfache OP-Maske. Die Regelung soll das Kabinett heute beschließen. Die neue Verordnung soll von Samstag an für drei Wochen gelten.

+++ Freie Sachsen: Kandidatin will sich nicht an Gesetze halten +++

Ulrike Karla Böhlke gehört zu den wenigen Frauen bei den Freien Sachsen - und sie will Bürgermeisterin in der ostsächsischen Stadt Dohna werden. Die Partei, die für einen "Säxit" wirbt und vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Bestrebung eingestuft und beobachtet wird, tritt gegen den CDU-Kandidaten und Amtsinhaber Ralf Müller an. Böhlke macht im Gespräch mit saechsische.de deutlich, wofür die Freien Sachsen stehen. "Bürgermeister haben mehr Befugnisse als man allgemein denkt", sagt sie. Gesetze seien für sie nicht bindend, wenn sie von der "Zentralregierung" kommen. Gemeint ist damit im abwertenden Freie-Sachsen-Jargon die Bundesregierung. Der MDR zeigt in einem Report, wie sich die Freien Sachsen organisieren und vernetzen.

+++ Trickbetrüger geraten an Ex-Justizminister +++

Eine angebliche Festnahme der Tochter und ein falscher Polizist - mit diesem Szenario haben Trickbetrüger versucht, per Telefon Geld zu machen. Das Problem: Sie landeten ausgerechnet bei Sachsens Ex-Justizminister Geert Mackenroth (CDU), der als ehemaliger Richter und als langjähriger Landesvorsitzender der Opferschutzorganisation Weißer Ring diese Masche kennt. Mackenroth erstattete nun Anzeige bei der Polizeidirektion Dresden. Er gab auch seine Einwilligung, die Verbindungsdaten auszuwerten. Ein bisschen ärgert er sich aber, die Betrüger nicht in ein längeres Gespräch verwickelt zu haben und es dann mitzuschneiden.


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