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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Kretschmer legt Ziele für zweite "Halbzeit" fest + Mietpreisbremse wohl ab Ende Juni + Corona-Maskenpflicht wird gelockert + OB-Wahl: Debatte um Ukraine-Politik

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Sachsens Landesregierung hat nach der Hälfte der Amtszeit Bilanz gezogen. Ministerpräsident Michael Kretschmer und seine beiden Vizes Martin Dulig und Wolfram Günther bezeichneten den Dissens in der Arbeit als Stärke.
Sachsens Landesregierung hat nach der Hälfte der Amtszeit Bilanz gezogen. Ministerpräsident Michael Kretschmer und seine beiden Vizes Martin Dulig und Wolfram Günther bezeichneten den Dissens in der Arbeit als Stärke. © dpa

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Guten Morgen,

mal ehrlich: Es uns Journalisten recht zu machen, ist nicht ganz einfach. Läuft es in einem politischen Bündnis ruhig, schreiben wir schnell von Selbstverleugnung der jeweils eigenen Ziele und fordern offenere Diskussionen ein. Finden diese dann aber tatsächlich statt, ist schnell von Streit, Zwist, Dissens die Rede.

Daran musste ich gestern kurz denken, als Sachsens schwarz-grün-rote Landesregierung ihre Halbzeitbilanz und die Ziele für die nächsten zweieinhalb Jahre vorstellte. Es sei eine Stärke der Demokratie, das unterschiedliche Parteien auch unterschiedliche Standpunkte hätten und trotzdem miteinander umgehen könnten, hieß es da. Dem ist nur zuzustimmen.

Das Problem ist nur, dass Sachsens Landesregierung ja nicht nur zum Selbstzweck existiert, sondern Entscheidungen zu treffen hat, die das Land voranbringen. Es geht ja nicht nur um ein "miteinander umgehen", sondern um Kompromissfähigkeit im Sinne der Sache. Und daran, dass dies in den kommenden zweieinhalb Jahren bestmöglich gelingen kann, bestehen auch nach dem gestrigen Tag Zweifel.

Dass CDU-Regierungschef Michael Kretschmer ausgerechnet bei der "Halbzeit"-Bilanz fallen lassen muss, dass er für eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke plädiert, was sowieso nicht in seiner Macht liegt, dürfte beim "grünen" Sitznachbarn, Umweltminister Wolfram Günther, für Unbehagen gesorgt haben.

Und dass SPD-Wirtschaftsminister Martin Dulig dem CDU-Koalitionspartner im sächsische.de-Interview Bremsarbeit beim Ausbau der erneuerbaren Energien vorwirft und über die Befindlichkeiten zwischen Kretschmer und der CDU-Fraktion plaudert, dürfte auch nicht zu einem harmonischeren Miteinander beitragen.

"Wir gewinnen gemeinsam. Wir verlieren gemeinsam. Diese schwere Zeit werden wir durchstehen." Das schrieb gestern Abend Kretschmer in den sozialen Netzwerken - gemeint ist bezeichnenderweise aber nicht die Arbeit seiner Regierung, sondern der Abstieg von Dynamo Dresden.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

+++ Landesregierung legt Ziele für zweite Hälfte der Amtszeit fest +++

Sachsens Landesregierung will den Kampf gegen den Fachkräftemangel zu einem der Schwerpunkte für die zweite Hälfte der Amtszeit machen. Laut CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer soll die Zuwanderung aus anderen Ländern gefördert werden, um den prognostizierten Verlust von rund 150.000 Arbeitskräften bis zum Jahr 2030 auszugleichen. Zur Sicherung des Wohlstandes und von Arbeitsplätzen im Freistaat seien außerdem eine stärkere Digitalisierung und der zügige Breitbandausbau notwendig. Kretschmer sprach sich auch für eine längere Laufzeit von Atomkraftwerken aus, wie unter anderem die Freie Presse berichtet. Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) nannte als vorrangige Aufgaben den Gewässerschutz und Waldumbau sowie die Sicherung von Landwirtschaftsflächen. Laut SPD-Wirtschaftsminister Martin Dulig setzt Sachsen weiter auf den Ausbau der Mikroelektronik und arbeitet zudem an einer Strategie zur künftigen Wasserstoff-Verwertung.

Trotz regelmäßiger Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionspartnern sehen Kretschmer, Günther und Dulig das Regierungsbündnis nicht in Gefahr, im Gegenteil. Es handele sich um eine funktionierende Arbeitskoalition von drei demokratischen Parteien. Dissens sei letztlich sogar eine ihrer Stärken, weil es dann stets um die beste Lösung für das Land geht.

Im Interview mit sächsische.de wird Dulig dann aber deutlicher. "Das Grundproblem des Koalitionsvertrages ist, dass dort keine Priorisierung stattgefunden hat", sagt er. "Es ist schon ein Unterschied, ob man zu zweit oder zu dritt in der Koalition ist, weil es komplett andere Abstimmungsprozesse gibt." Er ziehe dennoch ein positives Fazit, bedaure aber, "dass wir manchmal zu viel Zeit und Energie verlieren in der Klärung von Prozessen". Von der CDU fordert er beim Ausbau erneuerbarer Energien, die "Handbremse" zu lösen.

+++ Mietpreisbremse wohl ab Ende Juni +++

Nachdem sich Sachsens Regierungskoalition im vergangenen Jahr grundsätzlich auf eine Mietpreisbremse für Dresden und Leipzig geeinigt hat, wird es nun konkret. Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, soll die entsprechende Verordnung demnächst das Kabinett passieren und bis Ende Juni veröffentlicht werden. Dann dürfen in beiden Städten die Mieten zu Beginn eines neuen Mietverhältnisses maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Die Verordnung wird bis Ende 2025 begrenzt.

+++ Maskenpflicht im ÖPNV wird gelockert +++

Die sächsische Regierung hat die geltende Corona- Schutzverordnung bis zum 18. Juni verlängert. Bisherige Maßnahmen zum Basisschutz gelten somit im Wesentlichen fort. Eine Änderung gibt es lediglich beim öffentlichen Nahverkehr: Anstelle der bisherigen Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske muss hier ab Samstag nur noch ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Das Personal im Nahverkehr wie Kontrolleure und Fahrer sind nur dann zur Benutzung einer medizinischen Maske verpflichtet, wenn sie Kontakt zu anderen Personen haben. Welche Corona-Regeln ab dem Wochenende gelten, fasst sächsische.de hier zusammen.

Derweil bietet saechsische.de zur Dresdner Oberbürgermeisterwahl eine Entscheidungshilfe. Die sechs wichtigsten Kandidaten haben dafür 34 Thesen im Kandidatencheck beantwortet. Wenn Sie wissen wollen, wie Ihr Kandidat zu wichtigen Punkten wie Stadtgestaltung, Finanzen, Soziales und anderem steht, klicken Sie sich einfach durch die Thesen.

+++ OB-Wahl: Die erste Amtshandlung der Kandidaten +++

Was kommt in den ersten 100 Tagen? Beim Wahlforum von saechsische.de am Dienstagabend (hier in voller Länge) haben die Bewerber um das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters verraten, was sie gleich zu Beginn ihrer Amtszeit tun würden. Amtsinhaber Dirk Hilbert (FDP) will eine Klima-Eröffnungsbilanz in den ersten 100 Tagen auf den Tisch legen, die Maßstab für Verbesserungen oder Verschlechterungen sein soll. AfD-Kandidat Maximilian Krah hat durchaus konkrete, wenn auch überraschende Vorstellungen. Ostkunstwerke will er aus den Depots holen und eine Ausstellung im Stadtmuseum dafür organisieren. Den Finger in die Wunde legt SPD-Kandidat Albrecht Pallas und zählt die Projekte auf, die in den vergangenen Jahren kaum vorangekommen sind. "Stadtbahn, Blaues Wunder, Radverkehrskonzept: Ich werde Projekten, die längst hätten fertig sein müssen, auf die Beine helfen." Die Ukraine-Flüchtlingswelle hat am Abend als eines der wenigen Themen das Potenzial für eine Debatte zwischen den insgesamt sechs anwesenden Kandidaten.

Derweil bietet saechsische.de zur Wahl eine Entscheidungshilfe. Die sechs Kandidaten haben dafür 34 Thesen im Kandidatencheck beantwortet. Wenn Sie wissen wollen, wie Ihr Kandidat zu wichtigen Punkten wie Stadtgestaltung, Finanzen, Soziales und anderem steht, klicken Sie sich einfach durch die Thesen.

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