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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Hilbert bleibt Dresdner Oberbürgermeister + Urban als AfD-Chef wiedergewählt + Kretschmer-Kritik an Russland Sanktionen

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Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert freut sich mit seiner Frau Su-Yeon über den Wahlsieg. Er regiert sieben weitere Jahre.
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert freut sich mit seiner Frau Su-Yeon über den Wahlsieg. Er regiert sieben weitere Jahre. © www.loesel-photographie.de

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Guten Morgen,

was macht Ihrer Meinung nach einen Experten aus? Letztlich geht es doch darum, dass er mit seinen Prognosen recht behält, oder? Wenn wir das als Goldstandard nehmen, dann darf sich also der Politikwissenschaftler Hans Vorländer als echter Experte bezeichnen. Im Interview mit sächsische.de sprach er letzte Woche von einem engen Rennen bei der Dresdner Oberbürgermeisterwahl zwischen Dirk Hilbert und Eva Jähnigen. "Es könnte letztlich darauf hinauslaufen, dass Dirk Hilbert 40 Prozent plus X erreicht, Frau Jähnigen 40 Prozent minus X", sagte er. Bei 45,3 Prozent der Stimmen für Hilbert und 38,3 Prozent für Jähnigen lag er damit erstaunlich nah an der realpolitischen Wahrheit.

Ich fand das Interview aber noch aus anderen Gründen sehr bemerkenswert. Erstens: Weil er die Kandidaten und ihren Wahlkampf sehr hart kritisiert. Zitat: "Im Prinzip hätten wir ein anderes Spitzenpersonal gebraucht." Zweitens: Weil er sich auch nicht scheut, Unbequemes auszusprechen: "Dresden hat ein Problem der Selbstbezüglichkeit und der Selbstgenügsamkeit."

Trotz des eher mauen Wahlkampfs lassen sich vier Lehren aus der Wahl ziehen. Die radikalen Kräfte um AfD-Kandidat Maximilian Krah waren letztlich chancenlos. Jähnigen hat über die Grünen-Klientel hinaus Wähler für sich mobilisieren können, aber eben nicht genug. Der Sieg von Hilbert fiel angesichts der guten Lebensqualität in Dresden zu knapp aus. Was wiederum wohl heißt, dass die Sehnsucht nach Aufbruch und Erneuerung groß ist. Oder, wie es mein Kollege Dietrich Nixdorf, in seinem Kommentar schreibt: "Es muss sich vieles ändern, damit Dresden bleibt, wie es ist: schön und lebenswert."

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen:

Hilbert bleibt Dresdner Oberbürgermeister

Dirk Hilbert bleibt für weitere sieben Jahren Oberbürgermeister von Dresden. Der 50-Jährige FDP-Politiker setzte sich am Sonntag im zweiten Wahlgang gegen seine Widersacherin Eva Jähnigen (Grüne) und drei weitere Kandidaten durch. Hilbert kam auf 45,3 Prozent der Stimmen, Jähnigen auf 38,3 Prozent, der AfD-Politiker Maximilian Krah auf 12,2 Prozent (zur Ergebnisseite der Stadt Dresden). In einer ersten Ansprache stellte er klar, dass es mit ihm keine Neuverschuldung der Stadt geben werde: "Mit mir wird es nur das Thema Schuldenfreiheit geben." Man müsse auf eine starke Wirtschaft und eine "ermöglichende Verwaltung" setzen statt auf eine Verhinderungspolitik.

Trotz Pannen beim Versenden der Briefwahlunterlagen will Jähnigen die Wahl nicht anfechten, wie sie gegenüber saechsische.de sagte. Sie gratuliere Hilbert. Er müsse nun die Klimawende und soziale Aufgaben lösen. Den Wahlabend zum Nachlesen in unserem Live-Ticker.

Chrupalla: AfD soll 2024 CDU ablösen

Jörg Urban bleibt Vorsitzender der AfD in Sachsen. Beim Parteitag in Löbau erhielt der 58-Jährige rund 88 Prozent der Stimmen. 229 Mitglieder stimmten am Wochenende für ihn, 30 gegen ihn, fünf enthielten sich. Zuvor hatte AfD-Bundeschef Tino Chrupalla das Ziel für die Landtagswahl in Sachsen 2024 ausgegeben. Die AfD solle dann die CDU ablösen, sagte er. Der Partei müsse es gelingen, seriöse Sachpolitik mit scharfer Opposition zu verbinden. Er nannte auch eine Zielvorgabe für künftige Wahlen im Westen Deutschlands

Kretschmer kritisiert Russland-Sanktionen

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) äußert sich erneut kritisch über die Sanktionen gegen Russland. Im Podcast von "The Pioneer" sagt er, dass er Reaktionen auf den Angriff Russlands auf die Ukraine begrüße. Die Sanktionen träfen derzeit aber die Falschen. "Die ganze Welt stürzt ins Chaos", sagt er. Deutschland sei von russischen Gaslieferungen für die nächsten Jahre abhängig. Darauf sei die Energiewende ausgelegt. Kretschmer fordert eine Lösung des Konflikts "am Verhandlungstisch".

In Sachen Ölembargo fordern Kretschmer und die anderen ostdeutschen Ministerpräsidenten ein Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Es geht erneut um die Zukunft der Raffinerie in Schwedt, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Der Kraftwerksbetreiber Leag sieht auch nach dem Votum von Bundestag und Bundesrat für mehr Stromerzeugung aus Kohle derzeit noch unüberwindbare Hürden für sein Braunkohlekraftwerk in Jänschwalde. Es wird eine Ausnahmegenehmigung gefordert. Derweil erhöht das am Freitag im Bundesrat beschlossene Wind-an-Land-Gesetz den Druck auf Sachsen, die Flächen für Windräder zu erhöhen. Die Freie Presse berichtet. Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) bezeichnet das Gesetz als "Sprung nach vorn".

Gas-Krise: OB weist Sportstättenchef zurecht

Der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) geht gegen Energiespar-Pläne des eigenen Sportstättenbetriebs vor. "Dass jetzt in einem Bereich schon Fakten geschaffen werden sollen, ohne dass eine politische Abwägung über die Konsequenzen stattgefunden hat, ist nicht hinnehmbar", so Hilbert in einem Schreiben. Aus diesem Grund habe er den zuständigen Beigeordneten angewiesen, "die Maßnahmen im Eigenbetrieb Sport nicht umzusetzen". Es sei aber unstrittig, dass man angesichts der aktuellen Engpässe "über verschiedenste Punkte innerhalb der städtischen Infrastruktur" sprechen müsse. Der Sportstättenbetrieb hatte die Vereine informiert, dass Flutlicht und Warmwasser abgeschaltet werden.


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