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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Das sollen die Großforschungszentren leisten + Gaspreisbremse: Konkret wird es Mitte Oktober + Leag baut Gigawatt-Fabrik + Rekordwert bei Inflation

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff haben am Donnerstag verkündet, welche zwei Großforschungszentren nach Sachsen kommen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff haben am Donnerstag verkündet, welche zwei Großforschungszentren nach Sachsen kommen. © dpa

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Guten Morgen,

in Zeiten wie diesen mit Ukraine-Krieg, Inflation und Energiekrise sehnt man sich ja beinah zu den Zeiten zurück, als Sachsens größte Herausforderung der Strukturwandel im mitteldeutschen und im Lausitzer Kohlerevier war. Nichtsdestotrotz sendet die gestrige Entscheidung, welche beiden Konzepte nun in den zwei geplanten Großforschungszentren verwirklicht werden, ein wichtiges Signal der Hoffnung aus.

Die Dimensionen der Vorhaben - es geht um Investitionen von 2,2 Milliarden Euro bis 2038 und 3.000 Arbeitsplätze - zeigen schon, dass der Freistaat viel auf diese Karte setzt. Rund 20 Prozent der sächsischen Kohlegelder gehen in die beiden Zentren. Verbunden ist damit aber auch ein gewisses Risiko.

Vor allem bei dem in der Lausitz geplanten Zentrum für Astrophysik ist derzeit nur schwer vorstellbar, dass es tatsächlich den gewünschten Aufschwung auslösen kann. Wäre das Zentrum für nachhaltiges Bauen, das ebenfalls im Bewerbertopf war, vielleicht die bessere Wahl gewesen? Und wäre es nicht besser, das Zentrum für Astrophysik dort anzusiedeln, wo der Strukturwandel tatsächlich nötig ist - also beispielsweise in Hoyerswerda oder Weißwasser? Antworten auf diese Fragen werden wir wahrscheinlich erst in 15 bis 20 Jahren bekommen.

Für das lange Wochenende möchte ich Ihnen, passend zum Thema, eine Dokuserie in der ARD-Mediathek empfehlen, die ich gerade für mich entdeckt habe. "Hinter dem Abgrund - Leben in der Lausitz" heißt sie und gibt, wie ich finde, einen sachlichen und unaufgeregten Einblick in den Seelenzustand der Menschen im Kohlerevier Lausitz - abseits von Klischees.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Astronomie für die Lausitz und Chemie für Leipzig

Sachsen bekommt zwei neue Großforschungszentren, eines in der Lausitz und ein weiteres bei Leipzig. Im Lausitzer Revier wird ein neues Institut für Astronomie, Physik und Megadaten entstehen: das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA). Im Mitteldeutschen Revier bei Delitzsch wird das Zentrum für Transformation der Chemie (CTC) gegründet. Insgesamt 2,2 Milliarden Euro stehen dafür bis 2038 zur Verfügung. Es geht um jeweils 1.500 Angestellte in jedem der beiden Forschungszentren, und um noch einmal etwa doppelt so viele Jobs drumherum. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte nach der Bekanntgabe in Berlin: "Heute können wir sagen, wir haben die besten Ideen, die es auf der Welt gab, ausgewählt." Das steckt hinter den Konzepten:

- Deutsches Zentrum für Astrophysik: Die deutsche Astronomie will in der Lausitz ein Datenzentrum für die weltweit größten Teleskope aufbauen, mit Forschungscampus in Görlitz und einem unterirdischen Teleskop im Lausitzer Granit (, was die Linksfraktion im Landtag kritisiert). Astrophysik-Professor Günther Hasinger leitet das Projekt. Er ist Direktor für die Weltraumwissenschaft bei der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Weitere Reaktionen und die nächsten Schritte, fasst saechsische.de zusammen.

- Forschungszentrum Chemie: Die Mission ist die Entwicklung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, um die Versorgung Deutschlands und Europas mit Feinchemikalien, Materialien und Medikamenten sicherzustellen, sagt Projektleiter Professor Peter Seeberger. Die Ausgangsstoffe, die derzeit aus der Verarbeitung von Öl, Gas oder Kohle stammen, müssen in Zukunft aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Dazu sollen neue Synthese- und Trennverfahren entwickelt werden.

Kretschmer will Diskussion über dauerhafte Energiepreise

Die Bundesregierung hat sich auf einen "Abwehrschirm" von bis zu 200 Milliarden wegen der stark steigenden Energiepreise geeinigt. Die umstrittene Gasumlage ist vom Tisch - dafür soll es eine Gaspreisbremse geben. Dies solle dazu beitragen, dass Rentnerinnen und Rentner, Familien, Handwerksbetriebe und Industrie Preise bezahlen könnten, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD). Er bezeichnete die geplante staatliche Stützung der Energieversorgung und die vorgesehenen Preisbremsen als "Doppelwumms". Wie die Bremse konkret aussieht, daran arbeitet derzeit eine Kommission. Ergebnisse werden Mitte Oktober erwartet. Das Wichtigste zur Energiekrise gibt es in unserem Newsblog.

"Strom- und Gaspreisbremsen müssen schnell umgesetzt werden, damit Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen in Sachsen zügig entlastet werden", sagte Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) nach dem Regierungsentscheid. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte: "Wir müssen uns jetzt die Details anschauen, aber die Richtung stimmt." Er fordert eine Diskussion über dauerhafte Energiepreise, wie der MDR berichtet. Die CDU-Fraktion im Landtag nennt den Regierungsentscheid einen "überfälligen Schritt". Die Linksfraktion erinnert daran, dass es nun auf die Details ankomme. SPD-Fraktionschef Dirk Panter sagt: "Manche in der Staatsregierung können jetzt aufhören, auf den Bund zu zeigen", wie die Freie Presse berichtet.

Leag kündigt Aufbau von "Gigawatt-Factory" an

Der Braunkohlekonzern Leag mit Sitz in Cottbus will in der Lausitz das größte Zentrum erneuerbarer Energien Deutschlands aufbauen. Konzernchef Thorsten Kramer sagte am Donnerstag beim Ostdeutschen Energieforum in Leipzig, bis 2030 werde die Leag Wind- und Solaranlagen mit einer Leistung von sieben Gigawatt ans Netz bringen - so viel, wie heute die Kohlekraftwerke liefern. Später sei eine Verdopplung geplant. In Anlehnung an die Tesla-Gigafab sprach Kramer von einer geplanten "Gigawatt-Factory". 60 bis 70 Prozent sollen aus Windkraft kommen, 30 bis 35 Prozent aus Solaranlagen. Die Leag erwägt, dafür eine eigene Solarmodulfabrik in der Region aufzubauen.

Rekordwert bei Inflation

Die Inflationsrate in Sachsen ist von 7,3 Prozent im August auf 9,2 Prozent im September gesprungen. Das Statistische Landesamt in Kamenz berichtet, bei Nahrungsmitteln habe es noch nie eine so hohe Teuerung festgestellt wie in diesem Monat: 19,3 Prozent verglichen mit dem September vorigen Jahres. Auf dem Energiemarkt lagen die Preissteigerungen im September gegenüber August für feste Brennstoffe wie Kohle und Holz bei 29,8 Prozent - und bei vielen Lieferanten waren Kohlen gar nicht mehr zu bekommen.

Wie eine Studie zeigt, reagieren fast alle Verbraucher beim Lebensmitteleinkauf auf die aktuelle Krise. Das hat die aktuelle Mitteldeutsche Markenstudie von MDR Media und des Instituts für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung (IMK) in Erfurt ergeben. Demnach ist der Anteil der Verbraucher, die ihr Kaufverhalten derzeit geändert haben, auf 90 Prozent gestiegen – nach 66 Prozent während der Corona-Zeit im Vorjahr.


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