Sachsen
Merken

Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Wanderwitz zieht sich aus der Sachsen-CDU zurück + Kritik an Lohnforderungen im öffentlichen Dienst + Applaus und Buhrufe für Kretschmer

 5 Min.
Teilen
Folgen
Einst war er Spitzenkandidat der sächsischen CDU. Jetzt zieht sich Marco Wanderwitz aus dem Landesverband zurück - und spart nicht mit Kritik an Michael Kretschmer.
Einst war er Spitzenkandidat der sächsischen CDU. Jetzt zieht sich Marco Wanderwitz aus dem Landesverband zurück - und spart nicht mit Kritik an Michael Kretschmer. © Sebastian Kahnert/dpa

"Politik in Sachsen - Die Morgenlage" als E-Mail-Newsletter - hier kostenlos anmelden

Guten Morgen,

es ist wieder ein bisschen einsamer geworden um Michael Kretschmer. Der Ministerpräsident hat einen weiteren einst engen Parteifreund und Mitstreiter endgültig verloren. Aufgekündigt hat Marco Wanderwitz die lange Gefährtenschaft gestern mit einer Art "Brandbrief" an die sächsische CDU, dabei war er formal nur an den eigenen Zwickauer Kreisverband gerichtet.

"Man gewinnt Wahlen gemeinsam, man verliert Wahlen gemeinsam", schreibt Wanderwitz darin. Als Kretschmer bei der Bundestagswahl 2017 quasi vor dem Nichts gestanden habe mit dem Verlust seines Mandats, habe man ihn "aufgefangen und getragen". Heute wirft Wanderwitz dem langjährigen politischem Weggefährten "mangelnde Teamfähigkeit" vor, "unstetes Corona-Management" sowie "Sündenbock-Suche" – beispielsweise bei der Entlassung von Innenminister Roland Wöller.

Harte Vorwürfe. Das sitzt. Da rechnet einer ab, auf den viele in der sächsischen CDU viele Jahre auch in Zukunft gesetzt haben - das vor allem ist dem Brief von Wanderwitz zu entnehmen. Es klingt nach einer Abrechnung ohne Zorn, doch in aller Klarheit. Vor allem bei dem Passus, dass Wanderwitz der sächsischen CDU rät, sich auf ihre drei Wurzeln zu besinnen – die christlich-soziale sowie die liberale. Und er fügt hinzu: "Sie täte gut daran, die rechtsradikale AfD als absoluten Hauptgegner einer weiteren gedeihlichen gesellschaftlichen Entwicklung in unserer Heimat vehement(er) zu bekämpfen."

Mit dem "Abgang" von Marco Wanderwitz dürfte dies der Partei nun noch schwerer fallen, als es ohnehin schon seit längerem scheint.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen:

Wanderwitz zieht sich aus Sachsen-CDU zurück

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz kandidiert nicht mehr für den Vorsitz seines Heimat-Kreisverbandes Zwickau. In seinem Brief an die Parteimitglieder verbindet er die Absage mit heftiger Kritik an CDU-Landeschef und Ministerpräsident Michael Kretschmer. Er wolle nicht mehr unter diesem Landesvorsitzenden dienen, heißt es in dem Schreiben, das saechsische.de vorliegt. Wanderwitz kritisiert Kretschmer unter anderem wegen dessen "unstetem Corona-Management", das sich im Bundestagswahlkampf für die CDU als wenig hilfreich erwiesen habe. "Sonderwege und Eigenpositionen, aktuell die unselige "Putin-Versteherei", verbunden mit mangelnder Teamfähigkeit gefährden auch künftige Wahlen." Wanderwitz' Abschiedsbrief dürfte so etwas wie ein Schlussstrich unter seine Zeit in der Sachsen-CDU sein.

Kritik an Lohnforderungen im öffentlichen Dienst

Die von den Gewerkschaften Verdi und dbb für die nächste Tarifrunde angekündigte Forderung für höhere Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst stoßen in Sachsen auf Unverständnis und Ablehnung bei den kommunalen Arbeitgebern. Die Gewerkschaften bestehen bei den im Januar 2023 startenden Verhandlungen auf 10,5 Prozent mehr Einkommen. Die Umsetzung der aktuellen Forderungen würden allein im Freistaat für zusätzliche Kosten von etwa 750 Millionen Euro sorgen, teilt der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) auf Anfrage von saechsische.de mit. SSG-Geschäftsführer Mischa Woitscheck warnt: Die Forderung sei "weder maßvoll noch angemessen".

Applaus und Buhrufe für Kretschmer

Rund 3.000 Menschen haben am Dienstagabend auf dem Marktplatz in Grimma gegen die Energiepolitik der Bundesregierung demonstriert. Als einer der letzten Redner sprach Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). "Wenn die Mehrheit zu leise ist, ist die Minderheit zu laut", sagte er und erntete Applaus und Buhrufe in gleichem Maße. Auch "Hau ab"-Rufe waren zu hören.

Derweil hat der Bautzner Oberbürgermeister Karsten Vogt (CDU) einen umstrittenen Auftritt bei der Montagsdemo in Bautzen verteidigt. Solange die Organisatoren nicht vom Verfassungsschutz beobachtet oder die Demos verboten würden, halte er es für legitim, dort aufzutreten. Zugleich begründet er, warum er sich nicht von den auf der Demo verbreiteten Verschwörungserzählungen, den gezeigten Reichsfahnen oder den Symbolen der Freien Sachsen abgegrenzt habe. "Es war ein erstes Gespräch zum Thema. Da kann ich nicht gleich zu Dingen sprechen, die uns am meisten trennen", sagt er. Auch Zeit Online berichtet über den Auftritt.

In Wurzen ist es am Montagabend zu einem Angriff auf eine Gruppe von Journalisten gekommen. Dabei musste die Polizei eingreifen. Nach Angaben eines Polizeisprechers sei es aus Reihen der Protestierenden gegen 19 Uhr zu einem Übergriff auf etwa zehn Journalisten gekommen, die mit Begleitschützern unterwegs waren. Nach dem Angriff löste die Polizei die Versammlung auf. Ermittelt wird nun gegen drei Personen.

Umfrage: Sachsen erwarten langen Ukraine-Krieg

Die Menschen in Sachsen stellen sich auf einen noch lange Zeit andauernden Ukraine-Krieg ein und befürchten eine Ausweitung der Kämpfe auf andere Länder. Das ist das Ergebnis mehrere repräsentativer Umfragen von saechsische.de und den Meinungsforschern von Civey. Jeweils ein Fünftel der Sachsen schätzen demnach ein, dass der Krieg noch bis zu einem oder gar bis zu zwei Jahre andauern wird. Ein Viertel der Sachsen traut sich bei der Frage keine Einschätzung zu. 65 Prozent der Sachsen fürchten eine Ausweitung des Krieges. Außerdem wollten wir wissen, welche Partei derzeit die besten Vorschläge für den Umgang mit dem Ukraine-Krieg macht. Die Sachsen sehen dabei die Grünen gemeinsam mit der CDU ganz vorn.


Der Newsletter "Politik in Sachsen"

© Screenshot

>> Noch mehr News, die Titelseiten-Übersicht aller sächsischen Zeitungen und die Terminvorschau gibt es in der Komplettversion der "Morgenlage" jeden Morgen 5 Uhr bequem als E-Mail-Newsletter. Interesse? Dann hier kostenlos den Newsletter bestellen. <<