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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Gashandel mit Russland? Kritik an Kretschmer + Energiekrise: SPD legt Plan für "Sachsenpaket" vor + Grüne und SPD wollen mehr Geld für mehr Kita-Erzieher

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer muss wegen einer Aussage über die künftigen Handelsbeziehungen zu Russland Kritik einstecken - auch aus der eigenen Partei.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer muss wegen einer Aussage über die künftigen Handelsbeziehungen zu Russland Kritik einstecken - auch aus der eigenen Partei. © Deutsche Presse-Agentur GmbH

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Guten Morgen,

was meinen Sie? Wenn ein Tsunami auf Sie zukäme, würden Sie dann von einer Notlage sprechen? Vermutlich ja, oder? Die sächsische CDU scheint die Lage anders einzuschätzen. Da ist zum einen der Landesparteichef Michael Kretschmer, der auch am Wochenende in der Bild-Zeitung wieder das Schreckensbild eines sich aufbauenden Tsunamis beschworen hat, der die Wirtschaft hinfortzuwaschen droht. Und da ist zum anderen Sachsens CDU-Landtagsfraktionschef, Christian Hartmann, der bei sächsische.de geschrieben hat: "Eine [...] Notlage ist für uns als CDU – im Gegensatz zur Corona-Krise – aktuell noch nicht gegeben."

Jetzt werden Sie sich vielleicht fragen, wie das zusammenpasst? Ganz simpel: Der eine (Kretschmer) spricht in seiner Rolle als CDU-Bundesvize und damit de facto Oppositionspolitiker. Die Krise so groß wie möglich zu machen, erhöht den Druck auf die gegnerische Bundesregierung, die aus CDU-Sicht nicht aus den Puschen kommt. Der andere (Hartmann) wiederum ist zwar auch in der CDU, aber in Sachsen an einer Regierungskoalition beteiligt, der Finanzminister ist Parteikollege. Die Notwendigkeit eigener sächsischer Hilfsprogramme wird also kleingeredet und mit dem Finger nach Berlin gezeigt.

Aus Sicht der CDU scheint diese Taktik schlüssig zu sein, ob dies auch die Bürger verstehen? Jedenfalls verstärken nun in Sachsen die beiden Koalitionspartner, die wiederum an der Bundesregierung beteiligt sind, den Druck auf die CDU. Nachdem die Grünen bereits einen Hilfsfonds von 1,5 Milliarden Euro gefordert haben, hat am Sonntag auch die SPD einen konkreten mindestens 3,5 Milliarden Euro schweren Entlastungsplan für den Freistaat vorgelegt, der unter anderem durch ein Aufweichen der Schuldenbremse finanziert werden soll, was die CDU ebenfalls strikt ablehnt. Eine der spannenden Fragen in den kommenden Tagen und Wochen wird sein, ob es dabei bleibt und, wenn ja, was das für die Zukunft der Sachsen-Koalition bedeutet.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen:

Kretschmer will russisches Gas - nach dem Krieg

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich erneut für eine Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach dem Krieg ausgesprochen. "Wir brauchen langfristige Verträge für Flüssiggaslieferungen aus den USA, Katar und anderen arabischen Ländern. Außerdem müssen wir endlich eigenes Erdgas in der Nordsee erschließen. Und wenn der Krieg vorbei ist, sollten wir auch wieder Gas aus Russland nutzen", sagte er der Bild am Sonntag. Auf die Frage, ob er davon ausgeht, dass die beschädigte Gas-Pipeline Nord Stream 1 wieder repariert werde, sagte er: "Wir werden Pipeline-Gas brauchen, und das geht nur mit funktionierenden Pipelines." Zugleich bekräftigte er seine Forderung nach verstärkten diplomatischen Anstrengungen für Friedensverhandlungen. Ein CDU-Ministerpräsident kritisierte Kretschmer für dessen Aussage.

Für seine viel zitierte Forderung nach einem "Einfrieren des Kriegs" erntet Kretschmer derweil erneut Kritik. Der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) hat in der ZDF-Talksendung "Markus Lanz" den Kurs Kretschmers im Umgang mit Russland als "politisch töricht" bezeichnet. Waigel widerspricht zwar nicht direkt, sieht perspektivisch ebenso den diplomatischen Weg als den richtigen an, betont jedoch, dass es dafür klare Bedingungen geben müsse. Das Wichtigste zur Energiekrise gibt es in unserem Newsblog.

SPD legt Plan für "Sachsenpaket" vor

Die sächsische SPD hat am Wochenende erstmals detaillierte Vorschläge zur Co-Finanzierung der Entlastungspakete sowie zusätzliche landeseigene Hilfen in der Energiekrise vorgelegt. Dazu soll ein Sondervermögen von mindestens 3,5 Milliarden Euro aufgelegt werden. Damit solle auch ein Härtefallfonds finanziert werden, teilten die beiden SPD-Chefs, Kathrin Michel und Henning Homann, mit. Diese Pläne hatte zuvor bereits der SPD-Fraktionschef Dirk Panter bei sächsische.de angedeutet. Das sogenannte "Sachsenpaket" enthält unter anderem den Vorschlag, die Elternbeiträge für Krippe, Kindergarten und Hort zu deckeln - dafür werden pro Jahr mindestens 100 Millionen Euro veranschlagt. Zudem sollen Kommunen entlastet werden.

Initiative für tausend zusätzliche Kita-Erzieher

Nachdem eine Studie erneut auf erheblichen Personalmangel in Sachsens Kitas hingewiesen hat, wollen die Koalitionsparteien Grüne und SPD zusätzliches Geld für mehr Personal ausgeben - und dies in den derzeit laufenden Haushaltsverhandlungen durchsetzen. Die SPD setzt sich dafür ein, eine Personalreserve im Kita-System aufzubauen, um die Fehlzeiten durch Krankheit zu kompensieren. Die Grünen unterstützen das Vorhaben. Zusätzlich 816 Vollzeitstellen sollen geschaffen werden, was etwa tausend Erziehern entspräche. Nach internen Berechnungen würde das pro Jahr etwa 69 Millionen Euro kosten. Ein weiterer Punkt auf der Liste ist die Fortsetzung des Programms der Sprach-Kitas.

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