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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Sachsen ist ostdeutsche Protest-Hochburg + AfD will Freie Sachsen auf Distanz halten + Lehrermangel: Tscheche braucht Jahre für Zulassung in Sachsen

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Tausende Menschen gehen sachsenweit Woche für Woche auf die Straße, um unter anderem gegen die Energiepolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Nirgendwo sonst im Osten sind die Proteste so stark.
Tausende Menschen gehen sachsenweit Woche für Woche auf die Straße, um unter anderem gegen die Energiepolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Nirgendwo sonst im Osten sind die Proteste so stark. © B&S David Rötzschke

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Guten Morgen,

gelegentlich sollte Sachsen ein bisschen zurückhaltender sein, wenn es gerade darum geht, für irgendetwas Trendsetter zu sein. Schließlich fallen wir schon oft genug auf. Ob es um die höchste Zahl von Demonstrations-Teilnehmern geht in diesen Tagen der Energie-Krise, den derzeit am häufigsten mit den immer gleichen Aussagen zitierten Regierungschef oder eben auch für – naja, nennen wir es – gewisse Zwischenfälle.

An Dresden klebt seit ein paar Tagen auch der traurige Ruhm, das erste Opfer der Kunst-Anschläge der "Letzten Generation" gewesen zu sein. Ende August hatten sich zwei so genannte "Umwelt-Aktivisten" – ja, zugegeben, ich tue mich schwer mit dieser Bezeichnung – an den Rahmen der weltberühmten Sixtinischen Madonna in der nicht minder weltberühmten Galerie Alte Meister geklebt. Inzwischen ist ein Van Gogh in London mit Tomatensuppe besudelt worden und Kartoffelbrei auf einem nicht minder unschuldigen Monet in Potsdam gelandet.

Alles nur, um auf das notwendige, lange überfällige, entschiedene Handeln in der Klimakrise aufmerksam zu machen. Heißt es.

Aber ich oute mich jetzt mal als politische "Spießerin" – nein, ich finde nichts gut daran.

Ich halte nichts davon, Lebensmittel mutwillig zu vernichten. Und Kunst zum Opfer zu machen, Kunstwerke zu beschädigen, ist ein abstoßender politischer Missbrauch, den auch ein noch so wichtiges Anliegen nicht wieder gutmachen kann. Die Aktionen bringen nicht zum Nachdenken, sie machen wütend. Darum, bitte: Schluss mit dem Unsinn!

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen:

Protestbewegung in Sachsen besonders stark

Nirgendwo sonst im Osten sammeln sich derzeit so viele Menschen auf Straßen und Plätzen, um zu demonstrieren wie in Sachsen. So waren am Montag nach Angaben des sächsischen Innenministeriums landesweit mehr als 25.000 Menschen unterwegs, um gegen die Corona-, die Ukraine- oder die Energiepolitik zum Ausdruck zu bringen. Zum Vergleich: In Thüringen verzeichnet die Polizei seit zwei Wochen um die 20.000 Teilnehmer bei den Montagsdemonstrationen. Ein Trend zeichnet sich momentan für alle Ost-Länder ab: Die Zahlen der angemeldeten Proteste sowie die Teilnehmer-Zahl stagnieren, teilweise sind sie sogar rückläufig. Eine Entspannung sehen die Innenminister dennoch nicht - zumal sich ein weiteres Motiv für Protest bereits abzeichnet.

AfD will weiterhin Distanz zu Freien Sachsen

Die Freien Sachsen bleiben auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Das teilt Parteisprecher Michael Pfalzgraf auf Anfrage von saechsische.de mit. Am Wochenende hatte sich der Bundesvorstand zusammen mit Landesvorsitzenden der AfD zu einer Beratung getroffen. Parteivorsitzende Alice Weidel hatte zuvor angekündigt, dass die AfD-Spitzen das Verhältnis zu den Freien Sachsen auf der Zusammenkunft diskutieren wollen. Trotz Unvereinbarkeit gibt es aber Kooperationen von AfD und Freien Sachsen. Unlängst trat der thüringische AfD-Landeschef Björn Höcke mit Vertretern der Freien Sachsen in Gera auf.

Personalprobleme im Dresdner Rathaus werden größer

Die Dresdner Stadtverwaltung steuert auf ein sich verschärfendes Personalproblem zu. Seit August schwelt in Dresden der Streit um die Neubesetzung von fünf Bürgermeisterposten. Weil sich Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und eine Mehrheit im Stadtrat nicht auf einen Kompromiss einigen können, verlieren nacheinander alle fünf Beigeordneten bis Ende Oktober ihren Job. Stattdessen sollen, so OB Hilbert, vor allem Amtsleiter die Mehrarbeit abfedern. Doch dort sind fünf Stellen gar nicht oder nur kommissarisch besetzt. Zudem gehen zwei weitere Chefs in Rente. "Der Druck ist da, wir müssen schnellstmöglich neue Bürgermeister wählen", heißt es nun aus dem Stadtrat.

Lehrer werden schwer gemacht

Sachsen braucht dringend mehr Lehrer. Doch wie hoch die Hürden zuweilen sind, zeigt ein Beispiel aus der Oberlausitz. Vladimir Maticka wohnt in Tschechien gleich an der Grenze zu Sachsen. Er hat an der Universität Liberec Oberstufenlehrer für Mathe und Deutsch als Fremdsprache studiert. Und: Er würde gern in Sachsen arbeiten, doch scheitert seit zweieinhalb Jahren daran. Der Grund: Sein tschechischer Abschluss wird in Sachsen nicht so ohne Weiteres anerkannt. Maticka muss sämtliche Zeugnisse und Abschlüsse in deutscher Übersetzung vorlegen. Es müssen beglaubigte Kopien sein. Und der Übersetzer muss ein deutscher und in Deutschland vereidigter Übersetzer sein. Gesamtkosten: tausend Euro. "Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, ehe ich das alles in der Form zusammenbekommen habe, in der es vom Schulamt akzeptiert wird", erzählt Maticka. Nun wartet er auf eine Entscheidung.

Derweil werden die Folgen des Lehrermangels an anderer Stelle sichtbar. An einer Grundschule in Niesky sind bisher in zwei Klassen Schüler unterrichtet worden, die eine Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) haben. Seit dem neuen Schuljahr gibt es nur noch eine LRS-Klasse. Die zweite musste aufgelöst werden, weil es an Lehrern fehlt. Acht Kinder sind jetzt wieder an ihren Heimatschulen.


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