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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Wird "Heibo" heute geräumt? + Sachsens Schulen fehlen 1.200 Lehrer + CDU drängt auf weniger Wolfsschutz + Kretschmer mit durchwachsener Bürgergespräche-Bilanz

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Klimaschützer haben den Wald in der Nähe eines Kiestagebaus bei Ottendorf-Okrilla besetzt. Heute könnte es zur Räumung kommen.
Klimaschützer haben den Wald in der Nähe eines Kiestagebaus bei Ottendorf-Okrilla besetzt. Heute könnte es zur Räumung kommen. © dpa

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Guten Morgen,

manchmal erinnert Sachsens Kenia-Koalition an eine Familie - im schlechten wie im guten Sinn. Man streitet sich teilweise heftig, vermeidet das ein oder andere kritische Thema komplett und schafft es unter anderem deswegen, ganz pragmatisch die kleinen und großen Aufgaben des Alltags zu bewältigen. Wie sagt man? Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Angesichts der politischen Machtverhältnisse gilt das in Sachsen auch für die drei Koalitionsparteien: Man konnte und kann sich seine Verbündeten eben nicht aussuchen.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich die einzelnen Beteiligten - auch, weil die Landtagswahl 2024 näher rückt - mehr und mehr ihrer Kernwählerschaft zuwenden, was in der Öffentlichkeit ein mitunter skurriles Bild von dieser CDU/Grüne/SPD-Koalition hinterlässt. So hat Sachsens grüner Energieminister Wolfram Günther erst vor wenigen Tagen einen Kohleausstieg weit vor 2038 in Aussicht gestellt und zugleich die Abbaggerung des Dorfs Mühlrose als fast ausgeschlossen bezeichnet, während CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer bei jeder Gelegenheit betont, dass in Sachsen am Kohleausstieg im Jahr 2038 festzuhalten sei.

Heute nun könnte der nächste Auftritt dieser Art erfolgen. Für die Klimaschützer, die einen Wald nördlich von Dresden besetzt haben, um die Erweiterung eines Kiestagebaus zu verhindern, endet heute die Frist, worum diese sich aber wohl nicht scheren. Es wird voraussichtlich zu einer Räumung kommen.

Für manchen wirtschaftsnahen und ordnungsliebenden CDUler wird ein am Wochenende verschicktes Statement von Grüne-Landeschefin Christin Furtenbacher da wie eine Provokation klingen. "Alle Möglichkeiten, um eine Erweiterung des Kiestagebaus zu verhindern, müssen ausgeschöpft werden", heißt es. Und: "Für die angekündigte Räumung des Camps von Klimaaktivist*innen fordern wir von den Einsatzkräften ein Höchstmaß an Deeskalation und Vorsicht, um Gefahr für Leib und Leben der Menschen vor Ort abzuwenden."

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die neue Woche.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Sachsens Schulen fehlen 1.200 Lehrer

Beim Lehrermangel an Sachsens Schulen gibt es keine Entwarnung. Das zeichnet sich anhand der Bewerberlage für das zweite Halbjahr ab. Dafür sind 1.100 Stellen an sächsischen Schulen ausgeschrieben. Bisher sind nach Angaben des Kultusministeriums Bewerbungen von etwa 670 Lehrerinnen und Lehrern mit abgeschlossener Ausbildung eingegangen. Alle Stellen, die nach dem aktuellen Einstellungsverfahren frei bleiben, sollen zum 1. Mai mit Seiteneinsteigern besetzt werden. Für diese Bewerber will der Freistaat die Hürden senken - allerdings erst zum Schuljahr 2023/24. Wie groß der derzeitige Bedarf ist, verdeutlicht eine Zahl: Damit der Lehrplan voll abgedeckt werden kann, müssten zusätzlich 1.220 Lehrkräfte in Vollzeit arbeiten.

CDU macht Druck gegen Wolfsschutz

Die CDU in Sachsens Landtag drängt auf einen anderen Umgang mit dem Wolf im Freistaat. "Der Bestand ist stetig gewachsen und heute somit höher als der zugelassene Gesamtbestand von Wölfen in europäischen Ländern wie Schweden, Finnland oder Frankreich", heißt es im Entwurf für ein Positionspapier. Es trägt den Titel "Der Wolf ist kein Kuscheltier" und enthält die Forderung nach einem aktiven Bestandsmanagement: "Eine jährliche Entnahmequote von Wölfen ist auf wissenschaftlicher Basis festzulegen."

Am Sonntag nach einer gemeinsamen Klausurtagung mit Görlitzer Kreisräten der FDP sprachen sich einzelne CDU-Politiker für gezielte Abschüsse von Wölfen aus. So etwas müsse grundsätzlich möglich sein, sagte der Görlitzer CDU-Kreischef Florian Oest. "Wir wollen den Wolf nicht ausrotten, aber zurück zur Verhältnismäßigkeit kommen. Der Wolf genießt einen Schutzstatus, den er aufgrund der Populationsstärke schon lange nicht mehr braucht", argumentierte der CDU-Landtagsabgeordnete Georg-Ludwig von Breitenbuch. Wie zuletzt ein Beispiel aus Löbau gezeigt hat, ist ein Abschuss von Wölfen schon heute rechtlich möglich, allerdings an strenge Kriterien gebunden.

Bürgergespräche: Kretschmer hält Zusagen nicht ein

Seit 2018 veranstaltet Ministerpräsident Michael Kretschmer regelmäßig Bürgergespräche. Solche offenen Fragerunden veranstalten aktuell nur zwei weitere Ministerpräsidenten in Deutschland: Dietmar Woidke (SPD) in Brandenburg und in Thüringen Bodo Ramelow (Linke). Doch wie eine Recherche des MDR zeigt, ist das Ergebnis dieser Runden für die Fragesteller oft enttäuschend. Demnach ergriffen bei den sieben Bürgergesprächen der Jahre 2020 und 2021 insgesamt 82 Personen das Wort. 18 Personen stellte Kretschmer eine Rückmeldung oder Hilfe in Aussicht. Von den 17 Personen, die der MDR erreicht hat, haben aber nur zwei überhaupt noch einmal vom Ministerpräsidenten oder seinen Mitarbeitern gehört.


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