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Morgenlage In Sachsen: Schuster im Podcast, Tarifplus, Diakonie vs. Kretschmer

Flüchtlinge: Innenminister sieht Grenze der Aufnahmefähigkeit bald erreicht + Tarifplus kostet 830 Millionen Euro + "Unethisch": Diakonie kritisiert Aussage von Kretschmer

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Sachsens Innenminister Armin Schuster ist seit einem Jahr im Amt. Im Podcast "Politik in Sachsen" erzählt er, warum das Ministerium jetzt so ruhig läuft und was ihn aktuell am meisten fordert.
Sachsens Innenminister Armin Schuster ist seit einem Jahr im Amt. Im Podcast "Politik in Sachsen" erzählt er, warum das Ministerium jetzt so ruhig läuft und was ihn aktuell am meisten fordert. © Ronald Bonß

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Guten Morgen,

als "Merkel-Kritiker" und CDU-Hardliner, ein "Wessi" aus Berlin – so war Armin Schuster vor genau einem Jahr in Sachsen mehr oder minder angekündigt und ins Amt des Innenministers geschoben worden. Die Lücke nach der überraschenden Entlassung von Roland Wöller sollte möglichst schnell und geräuschlos gefüllt werden - mitten in der Legislatur. Ruhiger ist es seitdem geworden in der sächsischen Polizei, dort, wo zuvor alle paar Wochen ein neuer Skandal die Schlagzeilen füllte.

Schuster füllt das Amt aus, wie es einer tun kann, der sich "angekommen" fühlt, obwohl er anfangs als gebürtiger Rheinland-Pfälzer und Wahl-Baden-Württemberger auch in den eigenen CDU-Reihen nicht auf Anhieb allen so willkommen war. Über sein erstes Amtsjahr habe ich mit dem 61-Jährigen für eine neue Folge meines Podcasts "Politik in Sachsen" gesprochen. Es ist ein teilweise unerwartet persönliches, sehr offenes Gespräch geworden.

Geachtet, gelassen und weitgehend geräusch- und reibungsfrei führt Schuster inzwischen das Innenministerium – jedenfalls gelingt es, die Reibungsgeräusche aus dem politischen Betrieb des Hauses seitdem ziemlich ruhig zu halten. Das mag auch an einigen Korrekturen in der Personalpolitik liegen, die Schuster vollzogen hat. Aber vielleicht auch an einer besonderen Stärke des Amtsinhabers: Er muss nicht mehr den Ehrgeiz entwickeln, um sich auch innerhalb der nicht immer ganz einfachen sächsischen CDU oben und wichtig zu halten.

Schuster kann frei agieren und seinen Erfahrungsschatz als Ex-Bundespolizist, Verwaltungsexperte und ehemals oberster Katastrophenschützer ausspielen, noch ein paar wichtige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Ansonsten braucht der 61-Jährige nur - das klingt so wenig - "durchziehen" bis zur nächsten Landtagswahl im Spätsommer 2024.

Vermutlich wird Schuster dann seine Gast-Rolle, die er im Freistaat mit einer nahezu kindlich-bewundernswerten Begeisterungsfähigkeit sowie viel Fleiß und Engagement ausfüllt, nicht mehr weiter übernehmen können. Als "Zugereister" sei er sich bewusst, dass bei der Vergabe von Wahlkreisen andere, die Einheimischen, den Vorzug bekommen müssten. Und eine Kampfkandidatur komme für ihn nicht infrage, betont Schuster. "Wenn mir nichts passiert, dann werden das zweieinhalb Jahre werden. Aber das weiß ich jetzt schon. Es werden die schönsten zweieinhalb Jahre meines Berufslebens sein."

Aber hören Sie einfach mal rein in das ganze Gespräch – viel Spaß beim Zuhören!

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Tarifplus kostet Sachsens Kommunen 830 Millionen Euro

Der jüngste Tarifabschluss für die insgesamt 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen setzt Sachsens Landkreise und Gemeinden finanziell unter Druck. So müssen allein die sächsischen Kommunen mit Mehrkosten von insgesamt 830 Millionen Euro rechnen. Zum Beispiel in Dresden entstehen Mehrkosten von 60 Millionen Euro. Das sagt der Präsident des Kommunalen Arbeitgeberverbands Sachsen (KAV) und Meißener Landrat Ralf Hänsel gegenüber Saechsische.de. "Der größte Tarifabschluss der Geschichte" habe nun vor allem für finanzschwache Gemeinden gravierende Auswirkungen, da diese zusätzliche Einnahmen nur über Gebühren, Beiträge oder Steuern generieren können. "Wenn sie nicht in der Lage sind, die höheren Personalkosten zu finanzieren, werden sie an dieser Schraube drehen müssen." Gleichzeitig fordert Hänsel mehr Unterstützung vom Land.

Aufnahmestopp: Diakonie kritisiert Kretschmer

Nachdem Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) Ministerpräsident Michael Kretschmer wegen dessen Aussagen zur Klimapolitik der Bundesregierung kritisiert hat, gibt es auch von anderen Seiten Reaktionen. Der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), schreibt auf Twitter, wer derzeit dem "Aufruhr in der Bevölkerung" das Wort rede, sei kein verantwortungsvoller Politiker. Die SPD wehrt sich gegen Kretschmers Prognosen einer Deindustrialisierung. Nach Auffassung der in Sachsen mitregierenden Grünen nutze der CDU-Parteichef "Aufruhr-Narrative von AfD und Co für populistische Kampagnen gegen die Grünen", kritisiert der Landesverband. Die AfD im Landtag fordert Kretschmer auf, sich von den Grünen als Regierungspartner zu trennen.

Derweil kritisiert die Diakonie Kretschmers Forderung nach einem Aufnahmestopp für Ortskräfte der Bundeswehr aus Afghanistan als "unethisch". "Diese Menschen haben teilweise über viele Jahre für die westlichen Länder gearbeitet, die sich in den letzten Jahren für ein demokratisches Afghanistan sowie Menschen- und Frauenrechte eingesetzt haben", so Diakonie-Chef Dietrich Bauer. Die Betroffenen würden nun in der Falle sitzen und seien der Verfolgung und Willkür der Taliban ausgeliefert. "Mit solchen Forderungen wird eine falsche Botschaft an die Öffentlichkeit gesendet."

Bürgermeisterin bekräftigt Asylpläne

Dresdens Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) bekräftigt trotz der Proteste gegen die geplanten neun Asyl-Containerstandorte in der Stadt deren Wichtigkeit. "Alle unsere Puffer sind ab Herbst 2023 aufgebraucht, wir haben ein Kapazitätsproblem", sagt sie im Interview mit Sächsische.de. "Sollte der Stadtrat die Container-Standorte ablehnen, müssen wir auf Notlösungen zurückgreifen. Das bedeutet dann, die Turnhallen und die Messe zu aktivieren." Sie könne die Ängste der Bürger verstehen, "denn die meisten haben noch niemals persönlichen Kontakt mit einem Geflüchteten gehabt". Umso mehr ärgert sich Kaufmann, "dass von einigen Parteien die herrschenden Ängste noch befeuert werden. Ich habe mir zum Ziel gesetzt, diesen Vorurteilen und starken Behauptungen mit Fakten zu begegnen."

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