Sachsen
Merken

Morgenlage in Sachsen: Tag X, Kretschmer zu Industriestrompreis, Beben im Stadtrat

Tag X: Stadt Leipzig verbietet Demo + Kretschmer lehnt Industriestrompreis weiter ab + Klage gegen Dienstreise von OB + Linken-Stadträte wechseln zur SPD

 5 Min.
Teilen
Folgen
Nach dem Urteil gegen die Gruppe um Lina E. gab es am Mittwoch Ausschreitungen in Leipzig. Ähnliche Szenen will die Polizei am Wochenende verhindern.
Nach dem Urteil gegen die Gruppe um Lina E. gab es am Mittwoch Ausschreitungen in Leipzig. Ähnliche Szenen will die Polizei am Wochenende verhindern. © SZ

"Politik in Sachsen - Die Morgenlage" als E-Mail-Newsletter - hier kostenlos anmelden

Guten Morgen,

am Ende dieser Woche erwartet uns ein Ausnahmezustand. Mal wieder. Diesmal bereitet sich die Polizei vor allem in Leipzig vor auf den sogenannten "Tag X", eine angekündigte "Abrechnung" von linksextremistischen Gewalttätern nach dem Urteil gegen Lina E.

Am Ende dieser Woche lässt mich die Frage nicht zur Ruhe kommen, wie es eigentlich passieren konnte, dass die beiden größten Städte in Sachsen – Leipzig und Dresden – seit Jahren immer wieder so stark von extremistischen Tendenzen, Kräften und Gewalttaten erschüttert werden.

Die eine, Leipzig, ist immer wieder gefangen in linksextremistisch motivierter Gewalt. Stadt, Land, Polizei und Sicherheitsbehörden haben jahrelang, viel zu lange die Entwicklungen vor allem in Connewitz laufen lassen. Warum ist es nach so vielen Jahren nicht gelungen, diese Ballung der Gewalt dort zu stoppen? Was wurde von wem versäumt?

Die andere Großstadt, die Landeshauptstadt Dresden, hat jahrelang verstärkt mit Rechtsextremisten zu kämpfen, die den 13. Februar für sich und damit für ihr Gedankengut beanspruchen wollten. Nicht dass es gelungen wäre, all diese Probleme in den Griff zu kriegen, dazu gibt es von den unterschiedlichsten Seiten genügend Sympathisanten aus den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen.

Und nun also wieder Spot an auf Leipzig am Samstag. Ein paar Tausend Polizisten werden vor allem am Samstag auch für diese Fehler und Versäumnisse ihr Gesicht und ihren Rücken hinhalten. Nichts könnte die Gewalt, die viele auf den Straßen befürchten, rechtfertigen. Nichts kann Gewalt gegen Polizisten rechtfertigen, die mal wieder versuchen müssen, Recht und Ordnung auf Sachsens Straßen durchzusetzen. Es könnte ein erschreckend heißes Wochenende werden...

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

Tag X: Stadt Leipzig verbietet Demo

Die Stadt Leipzig hat die Demo für den sogenannten "Tag X" nach dem Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. verboten. Der Aufzug sollte am Samstag im Stadtteil Connewitz starten und in die Innenstadt führen. "Nach den derzeit erkennbaren Umständen ist die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet", teilt die Stadt mit. Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, sind nun dezentrale Aktionen zu befürchten. An mehreren Straßen und am Hauptbahnhof soll der Anreiseverkehr überprüft werden, wie unter anderem der MDR und die Leipziger Volkszeitung berichten. Trotz der angespannten Lage soll das sächsische Fußball-Pokalfinale wie geplant in Leipzig stattfinden. Man habe "genügend Kräfte", so die Polizei.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte die Ausschreitungen bei den Solidaritätskundgebungen für die am Mittwoch verurteilte Linksextremistin Lina E., bei denen unter anderem in Leipzig vier Polizisten verletzt wurden, aufs Schärfste kritisiert. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) moniert, dass bei der Demo ein Pilot eines Polizeihubschraubers mit einem Laserpointer geblendet wurde. Die Leipziger Volkszeitung berichtet.

Unterdessen gibt es Diskussionen um die zwischenzeitlich Entlassung von Lina E. aus der Untersuchungshaft. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, kritisiert dies. "Das löst absolutes Kopfschütteln bei uns Polizisten aus", wird er bei der Leipziger Volkszeitung zitiert. Richter Hans Schlüter-Staats begründet die Entscheidung damit, dass Lina E. die Hälfte ihrer Freiheitsstrafe in Untersuchungshaft abgesessen habe, rund zwei Jahre und sieben Monate. Bis sie erneut ins Gefängnis muss, könnte es dauern. E.s Verteidiger haben unmittelbar nach dem Ende des Prozesses angekündigt, das "eklatante Fehlurteil" anzufechten.

Kretschmer lehnt Industriestrompreis weiter ab

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich erstmals öffentlich zur Blackstone Technology GmbH in Döbeln geäußert. Gegen das auch von ihm unterstützte Unternehmen ermittelt seit Februar die Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen Subventionsbetrugs. Es werde dort, wo es um neue Technologien geht, "immer auch zu Rückschlägen kommen", sagte Kretschmer am Donnerstag in einer Fragestunde im Landtag. "Wenn wir immer nur die Dinge unterstützen, die zu 100 Prozent garantiert und ohne Zweifel funktionieren, dann werden wir nichts Neues mehr machen." Zugleich sprach sich Kretschmer erneut gegen den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplanten Industriestrompreis aus: "Es ist kein Instrument, das uns wettbewerbsfähig macht", so Kretschmer. Kretschmers Stellvertreter, SPD-Wirtschaftsminister Martin Dulig, ging via Twitter auf Distanz.

Klage gegen anstehende Dienstreise von Dresdner OB

Nach dem Ärger um eine halb dienstliche, halb private Reise des Dresdner Oberbürgermeisters Dirk Hilbert (FDP) nach Australien, gibt es erneut Ärger um die Reisepläne von Hilbert – jedoch aus anderen Gründen. Vor dem Hintergrund, dass Dresden 2033 die Bundesgartenschau (Buga) ausrichten möchte, will der OB mit allen 70 Stadträtinnen und Stadträten nach Mannheim - Buga-Stadt in diesem Jahr - fahren. Die Linken halten so eine Reise für nicht zeitgemäß und viel zu teuer. Die angesetzten Reisekosten von etwa 12.000 Euro sollen stattdessen für die Sportförderung ausgegeben werden. Doch Hilbert verhindert, dass im Stadtrat überhaupt darüber abgestimmt werden kann. Dagegen klagt die Linke.

Linken-Stadträte wechseln zur SPD

Politisches Beben im Dresdner Stadtrat: Stadträtin Anne Holowenko und ihr Fraktionskollege Magnus Hecht kehren der Linke-Fraktion den Rücken. Beide schließen sich der SPD-Fraktion an, die damit von sechs auf acht Sitze im Rat kommt. Die Linksfraktion wird dadurch wieder kleiner als die CDU. Ihr Abschied von den Linken habe weniger mit der Fraktion oder der Dresdner Partei zu tun, betonten beide am Donnerstag. Holowenko sagt, dass vorwiegend bundespolitische Gründe dazu führten, dass sie sich von der Partei abgewendet hat. Vor allem der Dauer-Streit um Sahra Wagenknecht und ihre Positionen. "Das hat alles dominiert, wir konnten gar keine inhaltliche Arbeit mehr machen."

Der Newsletter "Politik in Sachsen"

© Screenshot

>> Noch mehr News, die Titelseiten-Übersicht aller sächsischen Zeitungen und die Terminvorschau gibt es in der Komplettversion der "Morgenlage" jeden Morgen 5 Uhr bequem als E-Mail-Newsletter. Interesse? Dann hier kostenlos den Newsletter bestellen. <<