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CDU-Parteitag: Kretschmer warnt vor "Subventions-Mentalität"

Sachsens Ministerpräsident wirbt beim Landesparteig für eine differenzierte Sicht auf Russland, kritisiert den Atomausstieg und lehnt das geplante Bürgergeld ab.

Von Thilo Alexe
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CDU-Landeschef Michael Kretschmer will ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine.
CDU-Landeschef Michael Kretschmer will ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine. © dpa/Heiko Rebsch

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat für einen differenzierten Umgang mit Russland geworben. Auf dem Landesparteitag der CDU in Schkeuditz verurteilte er den Angriffskrieg in der Ukraine als völkerrechtliches Verbrechen. Zudem forderte er diplomatische Initiativen. "Krieg wird immer am Verhandlungstisch beendet", betonte Kretschmer und fügte hinzu: "Je eher die Waffen schweigen, desto besser ist das."

Der CDU-Landeschef plädierte aber auch dafür, "verschiedene Sichtweisen offen und ehrlich miteinander zu diskutieren". Er beklagte eine "Verengung der Diskussion". Kretschmer hatte mit der vor Wochen erhobenen Forderung, den Konflikt in der Ukraine einzufrieren, Diskussionen ausgelöst und neben Zustimmung auch Kritik, auch CDU-interne, auf sich gezogen.

Der seit knapp fünf Jahren als Regierungschef amtierende Politiker warnte davor, die Beziehungen zu Russland als lange Sicht zu kappen. Das Land sei ein "Nachbar in Europa". "Dieses Russland ist Realität", sagte Kretschmer. Und: "Wir werden damit umgehen müssen." Kretschmer forderte: "Wenn dieser Krieg zu Ende ist, müssen wir wieder miteinander reden, miteinander Handel treiben." Zudem warnte er vor endgültiger Abgrenzung: "Nie wieder, unter keinen Umständen ist ein völlig falscher Ansatz." Er betonte aber auch: „Es ist klar, dass die Ukraine unterstützt werden muss.“

Kritik an Atomausstieg und Bürgergeld

Kretschmer warb zudem für eine sichere Energieversorgung. Aus seiner Sicht ist dazu auch Atomenergie notwendig. "Natürlich wollen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien", sagte der Regierungschef vor 235 Delegierten und etlichen Gästen. Doch angesichts der Kriegsfolgen und des Ausstieges aus der Braunkohle sei Kernenergie notwendig, auch um den Kohlendioxid-Ausstoß zu verringern. "Für die nächsten Jahre werden wir diesen Atomstrom brauchen." Kretschmer wandte sich gegen das von der Ampel geplante Bürgergeld. Der CDU-Bundesvize befürchtet, dass es den Mangel an Fachkräften verschärft. Er bezeichnete es für Sachsen als nicht zustimmungspflichtig und warnte vor einer "Subventions-Mentalität". Ein Alleinverdiener mit einem Lohn von 2.500 Euro brutto komme nur auf wenig mehr, als wenn er Bürgergeld bezöge. Ferner wandte sich Kretschmer gegen die geplante Cannabis-Legalisierung.

Der CDU-Landeschef richtete seinen Blick auf die Wahl in Sachsen in zwei Jahren. "Wir müssen alles dafür tun, dass wir diesem Land wieder eine stabile Regierung geben." Kretschmer bezeichnete die Milliarden-Investition in den Breitbandausbau als Erfolg. Auch würdigte er den von den Keniafraktionen ausgehandelten Haushaltsentwurf. Mit Blick auf die teils aufgeheizte Stimmung in Sachsen forderte Kretschmer die CDU auf: "Wir müssen reden, reden, reden." Die Partei dürfe keinem aus dem Weg gehen, auch wenn es weh tue.

Kretschmer warb zudem für Zuwanderung. Um den Fachkräftemangel zu mildern, müssten jährlich 10.000 bis 15.0000 Menschen nach Sachsen kommen. „Davon hängt ab, ob wir unseren Wachstumskurs fortsetzen können.“ Die Menschen müssten sich willkommen fühlen.

Fraktionschef Christian Hartmann forderte die CDU auf, "realistische Politik mit pragmatischen Lösungen" anzubieten. Zum Auftakt lobte Generalsekretär Alexander Dierks Kretschmer als eine der prägendsten Stimmen der Politik in Ostdeutschland. Er habe mit seinen Warnungen vor Preisexplosionen mit dafür gesorgt, dass Hilfspakete geschnürt worden seien. Dierks grenzte die Partei zudem deutlich von der AfD ab. Eine Partei, die sage, es gehe ihr gut, wenn es Deutschland schlecht gehe, könne nur der Feind der sächsischen Union sein.

Unlängst hatte der thüringische CDU-Landtagsabgeordnete Mike Mohring einen anderen Umgang mit der AfD angeregt und dafür plädiert, sie in politische Verantwortung zu nehmen.

Dierks gab zudem als Ziel aus, möglichst alle Wahlkreise bei der Landtagswahl 2024 zu gewinnen. Damit würde die Partei die AfD zurückdrängen. Um das zu erreichen, stellte Dierks erste Mitglieder des Teams 24 vor. Die Kommunalpolitiker Elaine Jentsch (Kreisverband Bautzen), Jörg Schmidt (Plauen), Stephan Weinrich (Bürgermeister von Niederdorf im Erzgebirge) und Felix Hitzig (Dresden) sollen für die Wahl aufgebaut werden.

In einem Leitantrag des Parteivorstandes fordert die CDU Diplomatie im Ukraine-Krieg: "Dieser Krieg dauert bereits acht Monate, und noch immer ist kein Ende der Kampfhandlungen absehbar. Es braucht deshalb intensive diplomatische Anstrengungen der Europäischen Union, der USA und der Weltgemeinschaft, um Russland zum Einlenken zu bewegen." Russland müsse die Kampfhandlungen einstellen und für Kriegsschäden aufkommen.

Partei für Reaktivierung von Kernkraftwerken

Zu den weiteren Forderungen, die der Parteivorstand in dem Antrag formuliert, gehört die der "Diversifikation" der Energieversorgung. Nach CDU-Auffassung soll der Ausbau der Solar- und Windenergie forciert werden. Der Kohleausstieg soll wie geplant bis 2038 stufenweise vollzogen werden.

Mit Blick auf die Kernkraft fordert die Sachsen-Union, "dass alle reaktivierbaren Kernkraftwerke so lange am Netz bleiben, bis eine sichere und günstige Energieversorgung auf anderem Wege zuverlässig garantiert werden kann". Dazu benötige es auch Lieferverträge für neue Brennstäbe. Der Leitantrag wurde angenommen, es gab eine Gegenstimme.

Sachsens MP Kretschmer neben dem Gastredner, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst
Sachsens MP Kretschmer neben dem Gastredner, dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst © dpa/Heiko Rebsch

Als Gastredner sprach NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu den Delegierten. Er forderte die Ampel-Regierung in Berlin auf, ihre internen Streitigkeiten beizulegen.

In einem Antrag fordert ein Kreisverband die Partei auf, sich gegen Gendersprache in der Verwaltung und im öffentlichen Rundfunk einzusetzen.

In der Aussprache forderte der frühere Landtags- und Bundestagsabgeordnete Alexander Krauß, die CDU müsse stärker Ansprechpartner für Sorgen und Nöte aus der Mitte der Bevölkerung sein. Zudem forderte er mehr Initiative von der Partei: "Wir sind nicht kampagnefähig."