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Politik in Sachsen - die Morgenlage

Das kosten Corona-Verstöße in Sachsen +++ Debatte um Impfpflicht +++ Ärzte fürchten Triage +++ Siko-Chef: Moderna besser als Biontech

Von Maximilian Helm
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In Sachsen werden Corona-Verstöße seit der Einführung der schärferen Beschränkungen wieder regelmäßig kontrolliert.
In Sachsen werden Corona-Verstöße seit der Einführung der schärferen Beschränkungen wieder regelmäßig kontrolliert. © Felix Hörhager/dpa

Guten Morgen,

nach fünf Tagen freudiger Abwesenheit aus Sachsen ist die Rückkehr ins Land der Impfmuffel und Super-Schwurbler schon bei der Anreise weithin sichtbar. Kurz hinter dem Autobahn-Schild mit der Aufschrift „Willkommen in Sachsen“ schwenken am Sonntagnachmittag ein paar verwirrte sogenannte „freie“ Sachsen von der A4-Brücke ein paar Spruchbänder. Erfreulich unterstützt von leichtem Regen fordern sie den „Säxit“ und werben für Freiheit. Willkommen zuhause, denke ich verärgert, nur kurz, bevor die erste Teil-Lockdown, oder auch „Wellenbrecher“-Woche, wie manche das Unvermeidliche lieber nennen, weil es netter klingt, voller Dynamik beginnt.

Da versucht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Morgen zunächst noch, die angekündigte Begrenzung von Biontech zu verteidigen. Denn Moderna müsse doch erstmal verbraucht werden, bevor es „verfällt“, sagt der Minister. Na, danke schön, Herr Spahn! So boostert man das ohnehin ramponierte Vertrauen im Impfstoff-Hickhack auch noch ins Jenseits. Da macht es auch nicht besser, dass für Noch-Minister Spahn Biontech nun der „Mercedes“ sein soll und Moderna der „Rolls Royce“.

Mancher in Sachsen würde auch schon ein schlichteres Gefährt, ganz einfach nur mit vier Rädern gerne unter sich bekommen. Doch auch da bleibt sich Sachsen leider treu: Aus dem Land der Impf-Muffel ist eine Impf-Schnecke geworden, in dem sich Tausende von Menschen – sogar einige darunter, die sich zum ersten mal impfen lassen wollen – seit Wochen in einer Warteschlange wiederfinden, als würden sie stunden- oder tagelang auf die Auslieferung eines Trabis warten.

Unterdessen rätselten auch gestern noch etliche Firmenchefs allein mit sich, wie sie denn das mit „3G am Arbeitsplatz“ ab Mittwoch hinbekommen sollen, wenn sie derzeit gar keine Test-Kits in ausreichenden Mengen mehr kaufen können, weil die – wie auch ausreichend Impftermine – ebenso zur Mangelware gehören im fröhlich-infizierten Freistaat. Dafür aber gibt es in Sachsen mal wieder Demonstranten satt am Montagabend – trotz Verbots und Begrenzung laut Corona-Schutz-Verordnung. In Freiberg, Chemnitz, Görlitz und Bautzen sammeln sie sich zu Hunderten. Ungestört von der Polizei. Wenn sie nicht einmal das kontrollieren oder verhindern kann – was denn dann überhaupt? Willkommen im sächsischen Teil-Lockdown...

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger
Leiterin Politikredaktion Sächsische.de

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Die wichtigsten News am Morgen:

+++ Das kosten Corona-Verstöße in Sachsen +++

Mit Sachsens neuen Corona-Regeln gilt auch ein neuer Bußgeldkatalog. Die Bußgelder reichen von 100 Euro bis zu 3.000 Euro. Dabei werden die Strafen auch nach Nutzer und Anbieter unterschieden. So kostet zum Beispiel die Nutzung einer nicht erlaubten Dienstleistung 250 Euro, der Anbieter zahlt jedoch 3.000 Euro. Das Nichttragen einer vorgegebenen Maske kostet 100 Euro. Werden wider der geltenden Vorschrift Kontakte nicht erfasst, beispielsweise in Restaurants, werden 1.000 Euro fällig.

Hier finden Sie den ganzen Bußgeldkatalog.

Impfpässe werden immer häufiger gefälscht. Ende Oktober gab es laut Innenministerium sachsenweit 35 erfasste Fälle, die meisten in Chemnitz (8) und dem Erzgebirgskreis (7). Allein im September kamen zehn und im Oktober 13 Fälle hinzu.. Lange galten gefälschte Impfpässe als straffreie Gesetzeslücke. Anfang November hat die Generalstaatsanwaltschaft Niedersachsen klargestellt: Die Fälschung eines Impfpasses ist strafbar. Auch Sachsens Innenministerium bestätigt diese Einschätzung, es handelt sich mindestens um eine Ordnungswidrigkeit. Laut aktuellem Bußgeldkatalog sind in Sachsen bei Vorlage einer falschen Impf- , Test- oder Genesenenbescheinigung 200 Euro Strafe fällig. Mit neuen Bundesgesetzen könnte "Fälschung von amtlichen Ausweisen; Vorbereitung der Herstellung von unrichtigen Impfausweisen" mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden. Hier finden Sie den Gesetzentwurf.

+++ Debatte um Impfpflicht +++

Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Körber fordert eine Debatte über eine allgemeine Impfpflicht. Der Zwickauer Politiker erklärte am Montag: "Es darf nicht sein, dass die Mehrheit der Geimpften sich dauerhaft von einer Minderheit von Coronaleugnern, Verschwörungstheoretikern und Impfgegnern die Lebensumstände diktieren lassen soll."

Ministerpräsident Kretschmer äußerte sich am Ende zurückhaltend zu einer allgemeinen Impfpflicht. Eine Diskussion über die Medien sei dazu nicht hilfreich. Immer mehr andere Unionspolitiker zeigen sich indes offen für eine Impfpflicht gegen Corona. Neben CSU-Chef Markus Söder plädierten auch die Ministerpräsidenten Haseloff (Sachsen-Anhalt), Günther (Schleswig-Holstein) und Bouffier (Hessen) dafür.

+++ Ärztekammer-Präsident sieht Triage kommen +++

Laut des Präsidenten der Landesärztekammer, Erik Bodendieck müsse sich Sachsen auf eine Triage vorbereiten. Dem Sender NDR Info sagte Bodendieck, es stünden im Freistaat nur noch wenige Betten auf den Intensivstationen zur Verfügung. Wenn sich daran nichts ändere, müsse über eine Auswahl nachgedacht werden, wer behandelt werde und wer nicht. Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Bei den Prognosen gehe er zudem davon aus, dass Sachsen in den nächsten Tagen so in die Belastung hineingehe, dass zwei Menschen um ein Bett "kämpfen müssen". Ungeimpfte hätten im Fall einer sogenannten extrakorporalen Beatmung, die bei akutem Lungenversagen eingesetzt wird, "eine sehr schlechte Überlebenschance".

Die Krankenhausgesellschaft Sachsen (KHG) sieht hingegen noch Spielraum bis zu einer möglichen Anwendung coronabedingter Triage in den Krankenhäusern des Freistaates. Unmittelbar stelle sich diese Frage noch nicht, sagte Friedrich R. München, stellvertretender Geschäftsführer der KHG, auf Anfrage.

+++ Sachsens Inzidenz kurz vor 1.000 +++

Binnen 24 Stunden sind in Sachsen 4.906 weitere Menschen an Corona infiziert worden. Das meldet das Gesundheitsministerium am Montag. Zum Vergleich: Genau vor einer Woche wurden 2.755 Neuinfektionen registriert. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 haben sich in Sachsen nachweislich 430.028 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 10.668 starben. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Montag eine 7-Tage-Inzidenz von 960,7 und damit erneut einen neuen Höchststand für den Freistaat.

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+++ Siko-Chef: "Moderna ist so wirksam wie Biontech" +++

Sachsen ist das einzige Bundesland mit einer eigenen Impfkommission. Die Siko (Sächsische Impfkommission) empfahl bereits vor Wochen das Boostern für alle ab 18 Jahren. Thomas Grünewald ist der Chef dieses Gremiums. Im Interview mit Sächsische.de beantwortet er die häufigsten Fragen zum Impfen, zu den Stärken und Schwächen der verschiedenen Impfstoffe und warum manche Zulassung in Deutschland länger dauert als in anderen Ländern.

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