Kretschmers Vorschlag zur Volksbefragung: Nicht nur reden, auch mal machen!
Der Vorschlag, die deutschen Bürger stärker direkt an wichtigen politischen Entscheidungen zu beteiligen, ist nicht neu. Er ist deshalb aber nicht überholt oder gar schlecht, im Gegenteil. Die aktuelle Debatte über die geplante Stationierung von neuen US-amerikanischen Waffensystemen in Deutschland wirft genug Fragen auf, die uns alle bewegen, weil diese Thematik alle betrifft.
Wenn Sachsens Ministerpräsident dies nun nutzt, um die Bundesregierung aufzufordern, künftig auch auf das Mittel einer Volksbefragung zurückzugreifen und von dem Ergebnis das folgende politische Handeln mit abhängig zu machen, ist das nicht die schlechteste Idee. Gerade in einer Zeit, wo viele Bürger den Eindruck haben, dass die Politik der Ampelregierung in Berlin wichtige Interessen der Deutschen schlichtweg ignoriert und auf die Weise das Vertrauen in die demokratischen Strukturen unseres Staates gefährlich untergraben wird.
Michael Kretschmer wird sich nach seinem berechtigten Vorstoß allerdings einigen kritischen Fragen stellen müssen: So fällt auf, dass sein populärer Vorschlag mitten in die Zeit des sächsischen Wahlkampfes fällt, der seine eigene Landespartei vor hohe Hürden stellt, um nach dem 1. September wie erhofft weiter in der Regierungsverantwortung zu bleiben. Eine ähnlich schwierige Ausgangslage hatte es bereits bei der Landtagswahl vor fünf Jahren gegeben, als Sachsens CDU-Chef einst mit der Ankündigung für Furore sorgte, künftig das verfassungsrechtliche Mittel eines Volkseinwandes im Freistaat einführen zu wollen. Dazu ist es später allerdings nie gekommen.
Mögen Sachsens Christdemokraten noch so viele Gründe anführen, warum eine Umsetzung ausgeblieben ist, hat dieses Scheitern aber Zweifel geschürt, ob die Politik tatsächlich an einer stärkeren Bürgerbeteiligung interessiert ist oder entsprechende Debatten lediglich als Wahlkampfmittel nutzt. Letzteres wäre genau so gefährlich wie das stete Ignorieren von Bürgerinteressen in der aktuellen Tagespolitik.
Wird von politischen Amtsträgern ein entsprechender Vorschlag gemacht, muss dieser über alle Zweifel erhaben sein. Egal, ob die Bundesregierung Kretschmers Idee aufgreift oder nicht, steht Sachsens Regierungschef nun in der Pflicht. Sollte er die Wahlhürde überspringen und weiter in der Verantwortung stehen, muss er bei diesem Punkt zügig liefern. Vermittelt er dagegen den Eindruck, dass er das weder kann noch will, wäre das nicht nur für ihn fatal.