SZ + Update Sachsen
Merken

Sächsischer Elitesoldat für Waffendepot verurteilt

Philipp S. hortete Sprengstoff, Waffen und Munition in seinem Garten in Wermsdorf. Jetzt verurteilte ihn das Leipziger Landgericht.

Von Sven Heitkamp
 3 Min.
Teilen
Folgen
Der Angeklagte, ein ehemaliger Bundeswehrsoldat des Kommandos Spezialkräfte, steht in einem Saal des Landgerichts.
Der Angeklagte, ein ehemaliger Bundeswehrsoldat des Kommandos Spezialkräfte, steht in einem Saal des Landgerichts. © Sebastian Willnow/dpa (Archiv)

Leipzig. Seit Jahren fällt das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr wegen rechtsextremer Vorfälle und verschwundener Munition auf. Als einer der Hauptbeschuldigten aus der Elitetruppe wurde Philipp S. aus Collm bei Wermsdorf (Landkreis Nordsachsen) am Freitag verurteilt: Der heute 46-jährige hatte jahrelang in seinem Garten mehr als zwei Kilo Sprengstoff, diverse Waffenarten und Tausende Schuss Munition versteckt – darunter Gefechtsmunition, Scharfschützenpatronen und Leuchtgranaten.

Daneben hatte er Postkarten und Fotos mit Motiven aus der Nazi-Zeit, ein SS-Liederbuch, rechtsextreme Zeitschriften etwa für ehemalige SS-Soldaten und Thor-Steinar-T-Shirts gehortet. Warum, blieb bis zuletzt unklar. Nach sechs Verhandlungstagen verhängte das Landgericht Leipzig gegen Philipp S. wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz eine Strafe von zwei Jahren Haft, die aber zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Elitesoldat in Afghanistan

„Sie hätten großes Unheil anrichten können“, sagte der Vorsitzende Richter Jens Kaden. Allein 400 Gramm des gefundenen Sprengstoffs hätten ausgereicht, um ein Auto in die Luft zu jagen, dazu kamen weit mehr als 5.000 Schuss scharfer Nato-Munition.

Der suspendierte Bundeswehr-Soldat saß von seiner Verhaftung Mitte Mai bis Ende November in einer streng bewachten Untersuchungshaft in Dresden, wurde dann aber auf Kaution freigelassen. Zuvor hatte Philipp S. eine lange Bundeswehr-Laufbahn hinter sich: Grundwehrdienst in Schneeberg, Unteroffizierslaufbahn, fast 20 Jahre bei der KSK-Elitetruppe mit Einsätzen in Afghanistan, im Kosovo und in Afrika. Zuletzt war er Ausbilder und für die Planung und Durchführung von Schießübungen verantwortlich. Er galt als „Vorzeige-Kommandofeldwebel“ – allerdings ausgerechnet bei der 2. Kompanie der KSK: Sie soll bei einer Abschiedsfeier für einen Kommandeur im April 2017 mit Schweineköpfen geworfen, Rechtsrock-Lieder gehört und den Hitler-Gruß gezeigt haben.

"Aus tiefstem Herzen" entschuldigt

Am 13. Mai begann die sächsische „Soko Rex“, den Garten des Einfamilienhauses von Philipp S. nach Waffen zu durchkämmen. Sie fanden Kisten, Eimer und Säcke mit Munition, dazu ein unbrauchbares Sturmgewehr AK47 und eine Armbrust. Zeitgleich wurde der Oberstabsfeldwebel am KSK-Standort in Calw festgenommen.

Der Militärische Abschirmdienst MAD hatte Hinweise von seiner Ex-Frau erhalten und die „Soko Rex“ informiert. Inzwischen ist die 2. Kompanie aufgelöst worden. „Möglicherweise haben Sie den Sargnagel für die Auflösung der Kompanie geliefert“, sagte Kaden.

Der Angeklagte (M) spricht mit seinen Anwälten. Bei dem KSK-Elitesoldaten waren im Mai 2020 ein illegales Waffenlager sowie Schriften mit rechtsextremen Inhalten entdeckt worden.
Der Angeklagte (M) spricht mit seinen Anwälten. Bei dem KSK-Elitesoldaten waren im Mai 2020 ein illegales Waffenlager sowie Schriften mit rechtsextremen Inhalten entdeckt worden. © dpa-Zentralbild

Der Angeklagte hatte die Taten eingeräumt und sich „aus tiefstem Herzen“ entschuldigt. Sein Dresdner Anwalt Andrej Klein plädierte für eine Bewährungsstrafe von höchstens zehn Monaten. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden forderte dagegen eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Ob eine der beiden Seiten Revision einlegt, blieb gestern offen. Klar ist: Nach einer rechtskräftigen Verurteilung steht dem früheren Elitesoldaten die Entlassung aus der Bundeswehr bevor.

Warum er die Waffen hortete, blieb unklar. Philipp S. erklärte, er habe lediglich Restbestände für Ausbildungen und Übungen gebunkert, weil die Ausrüstung durchweg schlecht sei und es immer wieder zu Engpässen käme. Um Ärger am KSK-Standort zu vermeiden, habe er sein Waffendepot zu Hause angelegt. Der Richter hielt diese Version für wenig glaubwürdig.

Kalaschnikow als Dekoration?

Für eine rechtsextreme Verschwörung sah er indes auch keine Hinweise. Obwohl es Zeichen für rechtsnationale Einstellungen und die Suche nach kriegerischen Werten und Traditionen gebe, müsse der Waffenfreund kein Neonationalsozialist sein. Allerdings sei es nur schwer verständlich, sich eine Kalaschnikow als Deko-Waffe ins Wohnzimmer hängen zu wollen, mit der möglicherweise ein Kamerad erschossen wurde.

In der Untersuchungshaft in Dresden wurde Philipp S. zunächst als gefährlicher Einzelkämpfer eingestuft. Er wurde daher anfangs rund um die Uhr bei Licht und auch elektronisch überwacht, von anderen Gefangenen getrennt und gefesselt. Massive Kritik der Verteidiger an den harten Haftbedingungen ließ der Richter aber nicht so einfach stehen.

Es gehöre zum Mythos der KSK, dass man etwas Besonderes sei, im Verborgenen mit bestmöglicher Ausrüstung agiere und außerhalb der Gesellschaft stehe. Wenn man dann entsprechend behandelt werde, dürfe man keine Verschwörung gegen sich wähnen.