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Richterverein warnt vor Engpässen bei Richtern und Staatsanwälten in Sachsen

Die Justiz in Sachsen steht vor einem Aderlass in Sachen Personal. Die Ursache ist eine ungünstige Altersstruktur. Was sind die Folgen?

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Laut Justizministerium gibt es in Sachsen aktuell 1.110 Richter und 401 Staatsanwälte. Bis 2030 geht fast jeder zweite von ihnen in Pension.
Laut Justizministerium gibt es in Sachsen aktuell 1.110 Richter und 401 Staatsanwälte. Bis 2030 geht fast jeder zweite von ihnen in Pension. © Jens Schlueter/AFP-Pool/dpa

Dresden. An den Gerichten in Sachsen werden aus Sicht des Sächsischen Richtervereins in den nächsten Jahren zahlreiche Richter und Staatsanwälte fehlen. "Bis 2030 wird fast jeder zweite von ihnen (46 Prozent) in Pension gehen", sagte der Vorsitzende der Vereinigung, Reinhard Schade, bei einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Das könnte die Rechtssprechung in Sachsen beeinträchtigen und die Verfahren immer mehr verlängern.

Schade fürchtet, dass viele Strafkammern dann nicht mehr handlungsfähig sein könnten, weil ihnen die Vorsitzenden aus Altersgründen abhanden kämen. Diese Stellen könnten nicht mit Berufsanfängern nachbesetzt werden, sagte Schade. Laut Justizministerium gibt es in Sachsen aktuell 1.110 Richter und 401 Staatsanwälte.

Mehr Richter auf Probe eingestellt

Der Grund für den Schwund bei den Richtern und Staatsanwälten reicht in die Zeit des Neuaufbaus der sächsischen Justiz nach 1990 zurück. Damals waren viele junge Juristen aus Westdeutschland nach Sachsen gekommen. Laut Ministerium werden bis Ende 2028 277 Richter und 45 Staatsanwälte in den Ruhestand gehen. Das Durchschnittsalter der Richter liege bei 52,2 Jahren, das der Staatsanwälte bei 46,5.

Aus Sicht des Richtervereins droht durch die vielen Abgänge auch Fachwissen verloren zu gehen. Deshalb plädiere der Verein dafür, jetzt Richter und Staatsanwälte über den Bedarf einzustellen, um den Übergang abzufedern, so Schade. Aus jetziger Sicht sei es ein Fehler gewesen, die Juristenausbildung an der Technischen Universität in Dresden einzustellen.

Beim Justizministerium wird darauf verwiesen, dass alle Amts- und Landgerichte des Freistaats zu 100 Prozent besetzt seien. Um Altersabgänge zu ersetzen und Engpässen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften zu begegnen würden seit einigen Jahren verstärkt Richter auf Probe eingestellt. Dafür seien auch im neuen Doppelhaushalt 2023/24 weitere Stellen geschaffen worden.

Erforderliche Abschlussnoten wurden abgesenkt

So sei es durch die Neueinstellung junger Proberichter schon gelungen, die personelle Situation an den Gerichten zu verbessern und sogar neue Strafkammern zu eröffnen. Das könne zu einer Verringerung von Verfahrenslaufzeiten beitragen. Mit dem Pakt für den Rechtsstaat hat der Bund in der Vergangenheit ebenfalls eine finanzielle Unterstützung der Länder zur Schaffung zahlreicher Stellen im richterlichen sowie staatsanwaltlichen Dienst geleistet.

Um neue Referendare zu gewinnen, lockt das Ministerium unter anderem mit hohen Gehältern und bietet das Referendariat in Teilzeit an. Flexibleres Arbeiten soll zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Auch die erforderlichen Abschlussnoten für den Eintritt in die Justiz wurden bereits leicht abgesenkt. Die sächsische Justiz bemüht sich zudem nicht nur um Absolventen der Unis. Auch in der Anwaltschaft werden Juristen für den Staatsdienst angeworben.

Die Universität Leipzig verleiht nach eigenen Angaben jährlich etwa 250 Juristen einen Studienabschluss. "Die Absolventenzahlen schwankten in den vergangenen Jahren nur wenig", sagte ein Sprecherin der Uni. Wie viele von ihnen in den Staatsdienst gehen, könne jedoch nicht gesagt werden.

Die Absolventen hätten viele Möglichkeiten. Eine Karriere in der Justiz als Richter oder Staatsanwalt, dem höheren Verwaltungsdienst, als Anwalt, Notar oder Unternehmensjurist seien nur einige von ihnen. Leipzig sei schon wegen des in der Stadt angesiedelten Bundesverwaltungsgerichts und zweier Strafsenate des Bundesgerichtshofs ein überregional bedeutsamer Justizstandort.

Für die Verbraucherzentrale Sachsen dauern die Verfahren schon jetzt viel zu lange. Wenn sich etwa Musterfeststellungsklagen zu lange hinzögen, könnten möglicherweise weitere von dem Fall Betroffene davon möglicherweise gar nicht mehr profitieren. Weil der Sachverhalt mittlerweile verjährt sei. Die Musterfeststellungsklage verliere damit an Schärfe. (dpa)