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So will Sachsen den Ärztemangel bekämpfen

Studienplätze, Stipendien, Digitalisierung: Sachsen hat einiges unternommen, um neue Ärzte zu gewinnen. Doch die medizinische Versorgung ist vielerorts weiter angespannt. Besonders Hausärzte fehlen.

Von Andrea Schawe
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In Sachsen fehlen derzeit mehr als 450 Hausärzte. Vor allem auf dem Land droht Unterversorgung.
In Sachsen fehlen derzeit mehr als 450 Hausärzte. Vor allem auf dem Land droht Unterversorgung. © ZB

Dresden. In Sachsen fehlen Hunderte Ärzte – vor allem auf dem Land, aber auch in Chemnitz wird es zunehmend schwieriger, offene Stellen zu besetzen und alle Patienten zu versorgen. Um die ärztliche Versorgung sicherzustellen, hat Sachsen 2019 ein 20-Punkte-Programm beschlossen. "Ich freue mich sehr, dass das Programm weitgehend umgesetzt werden konnte", sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) nach der Kabinettssitzung am Dienstag. Köpping zufolge sollen alle Maßnahmen des 20-Punkte-Planes regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Die hausärztliche Versorgung ist besonders auf dem Land angespannt. In Frankenberg-Hainichen, Reichenbach, Torgau, Weißwasser und Werdau herrscht nach Angaben des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen Unterversorgung, in 27 weiteren Bereichen droht sie. Sachsenweit sind zum 1. April 452,5 Hausarztstellen unbesetzt. Die Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte sowie die zu erwartenden Altersabgänge in den nächsten Jahren verstärken diese Entwicklung, so Köpping. Das Durchschnittsalter der derzeit 2.597 Hausärzte in Sachsen liegt bei 54 Jahren.

Neben Allgemeinmedizinern fehlen auch Hautärzte, Kinderärzte, Nervenärzte, Urologen und Augenärzte in mindestens einer Region in Sachsen. "Damit eine gute ärztliche Versorgung auch in Zukunft möglich ist, brauchen wir dringend Nachwuchs an Fachärztinnen und Fachärzten insbesondere in der Allgemeinmedizin", so Köpping.

Zahl der Medizinstudienplätze wurde erhöht

An den sächsischen Universitäten sind zusätzlich 90 Studienplätze in der Humanmedizin entstanden. Insgesamt gibt es derzeit 615 Studienplätze an den medizinischen Fakultäten in Dresden und Leipzig sowie in einem Modellstudiengang in Chemnitz. Über das Programm "Studieren in Europa – Zukunft in Sachsen" finanziert die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen sowie seit 2020 die Landesregierung weitere 40 Studienplätze in Ungarn an der Universität Pécs. Dafür verpflichten sich die Studierenden, nach abgeschlossener Facharztweiterbildung in Sachsen außerhalb der Städte Leipzig, Markkleeberg, Dresden und Radebeul für mindestens fünf Jahre etwa als Hausarzt tätig zu sein.

Werbung für die Fachrichtung Allgemeinmedizin

Um mehr Medizinstudenten in der Allgemeinmedizin auszubilden, gibt es in Sachsen spezielle Programme wie das Hausarztstipendium. Die 180 Teilnehmer bekommen 1.000 Euro pro Monat während der Regelstudienzeit. 24 arbeiten bereits als Fachärzte in Bautzen, Meißen, Nordsachsen, dem Erzgebirgskreis und dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge.

Die Fachrichtung soll auch an den Universitäten gestärkt werden. Beide medizinischen Fakultäten wollen die bisherigen Lehrstühle zu selbstständigen Instituten aufwerten. Zudem wurden die Weiterbildungsstellen für Ärzte ausgebaut. Die Anzahl der Facharztanerkennungen in der Allgemeinmedizin konnte so bereits gesteigert werden, sagte Köpping. Im Jahr 2022 wurden 96 Allgemeinmediziner anerkannt, im Jahr davor 105. 2015 waren es nur zwischen 57 und 86 Anerkennungen. Die Werbung für Allgemeinmedizin wirke, sagte die Gesundheitsministerin.

Sachsen prüft Quote für Zahnärzte auf dem Land

Damit nicht auch bei Zahnärzten eine Unterversorgung droht, wirbt der Fachverband für eine eigene Landzahnarztquote. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung erreichen mehr als 60 Prozent der Zahnärzte in Sachsen absehbar das Rentenalter. Mit einer Quote würden mehr Absolventen im Freistaat bleiben. Köpping kündigte an, den Vorschlag gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium zu prüfen. "Wir sollten nicht so lange warten wie bei der Landarztquote."

In Sachsen werden erst seit 2022 Medizinstudienplätze außerhalb des Numerus clausus vergeben. Die Teilnehmer verpflichten sich dafür, nach der Facharztausbildung vorzugsweise im Bereich der Allgemeinmedizin für die Dauer von zehn Jahren in einer unterversorgten oder von der Unterversorgung bedrohten Region im Freistaat zu arbeiten. In diesem Jahr gab es für die 40 Plätze 119 Bewerbungen.

Aufbau von regionalen Versorgungszentren

Neben dem demografischen Wandel ist auch die Zunahme von Teilzeit ein Grund für den Mangel. Etwa 30 Prozent der angestellten Ärzte arbeiten nicht in Vollzeit – die Quote hat sich innerhalb von sechs Jahren verdoppelt. Um den Bedarf an Ärzten zu decken und dem Trend zu mehr ambulanten Behandlungen zu folgen, will Sachsen regionale medizinische Versorgungszentren aufbauen. Dort könnten Mediziner verschiedener Fachrichtungen zusammenarbeiten. Das sei auch eine Alternative für Orte in denen Krankenhäuser schließen mussten, so Köpping. Für eine bessere Arbeitsteilung könnten auch externe Dienstleister mit einbezogen werden, etwa Optiker, die mit Augenärzten kooperieren.

Außerdem investiert der Freistaat zehn Millionen Euro pro Jahr in den Ausbau der Digitalisierung von Krankenhäusern. In Telemedizin-Netzwerken könnten sich Krankenhäuser über Video austauschen. Kooperationen gibt es schon in der Kinderintensivmedizin. "Nicht jedes Krankenhaus hat die nötige Technik oder das spezialisierte Personal", sagt Köpping.