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Sachsen hat bundesweit die meisten Borreliose-Fälle

Die Infektionszahlen nach Zeckenstichen steigen wieder. Die Pandemie ist dafür aber nur ein Grund.

Von Stephanie Wesely
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Zecken leben im Unterholz und werden im Vorbeigehen abgestreift.
Zecken leben im Unterholz und werden im Vorbeigehen abgestreift. © Bernd Weißbrod/dpa

Dresden. Zecken können schwere Erkrankungen übertragen – am häufigsten die Borreliose, eine bakterielle Infektion. Kassenärzte in Sachsen diagnostizierten 2020 und 2021 jeweils etwa 920 Infektionen pro 100.000 Versicherte. Laut Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung ist das die höchste Zahl bundesweit. Die niedrigste hat Hamburg mit 210 diagnostizierten Fällen pro 100.000 Versicherten.

Nach einem Rückgang in den letzten zehn Jahren steigen die Infektionszahlen seit 2020 wieder an. Das könne eine Folge erhöhter Freizeitaktivitäten im Grünen wegen der Einschränkungen durch die Coronamaßnahmen sein, sagt Institutsleiter Dominik von Stillfried. Denn Zecken leben im Unterholz und werden im Vorbeigehen abgestreift. „Die Zeckenpopulation hängt aber auch vom Nahrungsangebot ab“, sagt Ute Mackenstedt, Parasitologin der Universität Hohenheim. So gebe es mehr Nager, Vögel und Wildtiere.

Roter Ring bildet sich nur bei jedem Zweiten

Hinzu kommt eine offenbar höhere Sensibilität der Ärzte: „Wir verzeichnen seit einigen Jahren eine Zunahme der zu untersuchenden Blutproben. Die Ärzte denken heute offenbar eher an eine Borreliose als früher“, sagt Dr. Christian Scholz vom Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin. Im Blut werden nicht die Borrelien selbst, sondern die Antikörper nachgewiesen. Rund 35.000 solcher Laboruntersuchungen rechnen sächsische Kassenärzte pro Jahr ab. Ein positiver Befund ist in Sachsen und in acht anderen Bundesländern meldepflichtig.

Rechtzeitig erkannt und mit Antibiotika behandelt, heilt eine Borrelioseinfektion meist folgenlos ab. „Doch die Diagnostik ist schwierig“, sagt Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin. So tritt das Kardinalsymptom für eine Blutuntersuchung – der sich ausbreitende rote Ring um die Einstichstelle, auch Wanderröte genannt, – etwa nur bei jedem zweiten Patienten auf. Unbehandelt kann sich die Borreliose nach Jahren zu einem chronischen Leiden entwickeln, bei dem Nervensystem, Gelenke, Herz und Haut geschädigt werden. Das betrifft etwa drei Prozent der Borrelioseinfizierten. Erwerbsunfähigkeit ist oft die Folge.

Eine Impfung gibt es anders als bei der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) nicht. In Sachsen wurden im letzten Jahr 23 FSME-Infektionen gemeldet. Sachsen gilt damit fast komplett als Risikogebiet. Immer mehr Menschen lassen sich impfen. Rund 400.000 FSME-Impfungen rechnen Kassenärzte pro Jahr ab. 2017 waren es knapp halb so viele. Für einen vollständigen Schutz braucht es drei Spritzen – zwei im Abstand von drei Monaten und die dritte nach einem Jahr.