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Gravierende Mängel beim LKA Sachsen

Experten haben den Munitionsskandal beim Landeskriminalamt Sachsen untersucht. Dort scheint einiges im Argen zu liegen.

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© Symbolfoto: dpa

Der Munitionsskandal im Landeskriminalamt Sachsen (LKA) ist nach Einschätzung von Experten durch gravierende Mängel in der Organisationsstruktur und der Dienstaufsicht begünstigt worden. Am Freitag stellte eine dreiköpfige Expertenkommission unter Leitung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Der Bericht selbst ist Verschlusssache. Journalisten wurde aber eine Zusammenfassung mit Handlungsempfehlungen präsentiert.

Im März war bekannt geworden, dass ein Mobiles Einsatzkommando (MEK) des LKA 2018 ohne Erlaubnis an einem Schießtraining auf einem privaten Schießplatz in Güstrow teilgenommen hatte und dafür mit mindestens 7.000 Schuss Munition aus eigenen Beständen bezahlte. Weitere rund 7.500 Schuss wurden entwendet, um das Schießtraining zu absolvieren. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt. Den betroffenen 17 Beamten wird Diebstahl von Munition beziehungsweise Beihilfe dazu sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Vier Hauptbeschuldigte sind vom Dienst suspendiert, der Rest wurde in andere Dienststellen versetzt und das Kommando aufgelöst.

Die Generalstaatsanwaltschaft soll auch klären, ob die Beamten Kontakte zur rechtsextremen Szene hatten. Die Schießanlage in Güstrow war bei Ermittlungen gegen die Gruppe "Nordkreuz" in den Fokus geraten. Dahinter verbirgt sich eine mutmaßlich rechtsextreme Prepper-Gruppierung. Anhänger dieser Szene bereiten sich mit dem Horten von Vorräten auf den "Tag X" vor. Zum Teil legen sie auch illegale Waffenlager an.

Verschossene Munition jahrelang nicht kontrolliert

Die Expertenkommission fand keine Hinweise auf eine Vernetzung sächsischer LKA-Beamter mit Rechtsextremen - dafür aber eine ganze Reihe von Mängeln: "Es muss eindeutig geregelt werden, wer wie an Munition herankommt und dass diese nicht zweckentfremdet wird", sagte Manfred Murck, vormals Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hamburg. Der für Waffen und Munition zuständige Mitarbeiter habe zugleich als Schießleiter fungiert und noch andere Funktionen ausgeübt. "Der hat sich praktisch selbst kontrolliert", betonte Friedrich Eichele, Ex-Präsident der Bundesbereitschaftspolizei. Es habe jahrelang keine Kontrolle bei verschossener Munition gegeben.

Viele Fragen der Führung der SEK seien nur unzureichend geregelt gewesen, sagte Murck. "Es gab eine ganze Reihe von begünstigenden Faktoren, die für sich genommen vielleicht nicht bedeutend waren, sondern nur in der Summe", ergänzte Eichele. Durch Personalabbau sei es auch in Sachsen zu personellen Engpässen in der Polizei gekommen. Einsparungen bei der Bundeswehr hätten Auswirkungen auf Schießplätze gehabt. Dem sächsischen MEK attestierte er eine hohe Einsatzbelastung. Das Kommando habe Nebenaufgaben übernehmen müssen.

Sachsen plant eigenen Schießplatz für Sondereinsatzkommandos

Innenminister Roland Wöller (CDU) kündigte zahlreiche Änderungen an. Sie betreffen sowohl das Personal als auch die Organisationsstruktur: "Gute Führung umfasst auch eine wirksame Dienstaufsicht." Man wolle das MEK wieder aufbauen und das Personal verstärken. Die zuständige Abteilung bekomme eine neue Führung. Es werde eine klare Trennung zwischen Schießtrainern und der Verwaltung von Munition geben. Wöller kündigte auch eine bessere Fortbildung an.

Der Innenminister möchte, dass künftig alle Polizisten vom Landesamt für Verfassungsschutz überprüft werden. Dafür müsse aber erst eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Für Sonderkommandos soll es noch eine gesonderte Sicherheitsüberprüfung geben.

Zudem möchte Sachsen einen zentralen Schießplatz für Sondereinsatzkommandos aufbauen und diesen auch anderen ostdeutschen Bundesländern zur Verfügung stellen. Wöller schwebt dafür die Liegenschaft der Polizeifachschule in Schneeberg vor. Private Anbieter sollen keine Rolle mehr spielen.

Nach Einschätzung der Linken teilte Wöller erneut zu wenig über die Fall mit. Nun müsse sich der Innenausschuss des Landtages mit dem Bericht befassen. "Aus meiner Sicht muss nun alles dafür getan werden, die Handlungsfähigkeit unserer Spezialeinheiten schnell wiederherzustellen. Darüber hinaus sehe ich die Notwendigkeit, dass jede Polizeidirektion zusätzlich zu den vorhandenen Kräften künftig über ein eigenes Mobiles Einsatzkommando verfügen muss", betonte AfD-Innenpolitiker Sebastian Wippel. Ziel müsse "eine moderne Polizei sein, die demokratischen Werten, gesellschaftlicher Offenheit und Transparenz verpflichtet ist", sagte Valentin Lippmann (Grüne). (dpa)