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Sind Aufnahmerituale bei Sachsens Polizei weiter verbreitet als geahnt?

Nach erneuten Ermittlungen gegen sächsische Elitepolizisten fordern Politiker Aufklärung. Der Vorfall beim MEK Leipzig soll auch an der Polizeihochschule Thema werden.

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Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen 25 Beamte des MEK Leipzig und eine Polizeiärztin.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen 25 Beamte des MEK Leipzig und eine Polizeiärztin. © Peter Gercke/dpa (Symbolfoto)

Dresden. Nach Bekanntwerden eines obskuren Aufnahmerituals bei einer Spezialeinheit der sächsischen Polizei steht weitere Aufarbeitung an. Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann sagte nach einer Sitzung des Innenausschusses im Landtag am Donnerstag, für ihn bleibe vor allem die Frage offen, ob es entsprechende Rituale bei den Mobilen Einsatzkommandos (MEK) auch in der Vergangenheit und an anderen Standorten gegeben habe. Linken-Politikerin Jule Nagel twitterte, es sei um die Fragen gegangen, ob das gängige Rituale in der Polizei seien und was noch komme.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass sie gegen 25 Beamte des MEK Leipzig und eine Polizeiärztin ermittle. Bei einer Abschlussprozedur für zwei neue MEK-Angehörige sei einer der beiden von Schüssen aus einer Übungswaffe getroffen und verletzt worden. Es sei Farbmunition abgefeuert worden. Das Landeskriminalamt hatte mitgeteilt, dass zwei Führungskräfte suspendiert wurden.

"Ich erwarte, dass das Innenministerium alle geeigneten Maßnahmen ergreift, um dies schnellstmöglich aufzuklären. Dazu gehört für mich, dass alle entsprechenden MEK-Kräfte hierzu befragt werden. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass sich offensichtlich die Spezialkräfte innerhalb des Landeskriminalamtes über Jahre hinweg vollkommen verselbstständigt haben und in selbstherrlicher Art und Weise mit Regeln und geltendem Recht umgegangen sind", sagte Lippmann. Umso mehr gelte es Maßnahmen zu ergreifen, um strukturellen Ursachen entgegenzuwirken: "Dazu gehört auch ein wirksamer Whistleblower-Schutz sowie bessere Kontrolle- und Beschwerdestrukturen."

Roland Wöller (CDU), Innenminister von Sachsen
Roland Wöller (CDU), Innenminister von Sachsen © Archiv/Robert Michael/dpa

Innenminister Roland Wöller (CDU) erinnerte daran, dass das Landeskriminalamt in der Vergangenheit vor allem durch einen Munitionsskandal beim MEK Dresden in "schweres Fahrwasser" geriet. "Daher habe ich eine unabhängige Untersuchungskommission eingesetzt, die die Ursachen geklärt und Maßnahmenvorschläge unterbreitet hat. Vor allem die Dienst- und Fachaufsicht war vernachlässigt worden", sagte Wöller. Die Ablösung des LKA-Präsidenten und des zuständigen Abteilungsleiters Spezialkräfte sowie weitere Maßnahmen sollten dem LKA einen Neuanfang ermöglichen.

"Das hat Widerstände erzeugt, was ich verstehen kann. Wie notwendig aber dieser Neuanfang und die weiteren andauernden konsequenten Überprüfungen sind, zeigen die jüngsten Ermittlungen gegen Beamte des MEK Leipzig wegen Körperverletzung und verbotener Aufnahmerituale", betonte der Minister. Leider reiche das Fehlverhalten einiger weniger, um das Vertrauen in die gute und professionelle Arbeit von den vielen Polizistinnen und Polizisten zu beschädigen. "Das kann nicht sein!"

Der Vorfall beim MEK Leipzig soll auch an der Polizeihochschule Thema werden. "Der Fall wird natürlich auch in der Ausbildung thematisiert werden. In Fächern wie Berufsethik oder Führungslehre wird man sich intensiv mit den Auswirkungen eines derartigen Fehlverhaltens auseinandersetzen", teilte die Hochschule in Rothenburg in der Oberlausitz auf Anfrage mit.

Angehenden Polizistinnen und Polizisten sollten in Ausbildung und Schule Kernkompetenzen vermittelt worden. Dazu zählten Haltung, Rechtstreue, Vorbildwirkung, Charakterfestigkeit und ein untadeliger Lebenswandel dienstlich wie privat. Aufnahmerituale, wie sie offensichtlich beim Mobilen Einsatzkommando (MEK) Leipzig abgehalten wurden, widersprächen der Berufsethik einer modernen Polizei und schadeten dem Ansehen. (dpa)