Sachsen
Merken

Sachsens Flüchtlingsrat beklagt mangelnde Empathie

Belarus lässt Flüchtlinge an die EU-Grenze kommen. Das lässt die Zahl der Flüchtlinge auch in Sachsen steigen. Nun äußert sich der Flüchtlingsrat zu der aktuellen Lage.

 0 Min.
Teilen
Folgen
Ein Junge sitzt an einem Zaun in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt.
Ein Junge sitzt an einem Zaun in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt. © Patrick Pleul/dpa-Zentralbild (Symbolfoto)

Dresden. Der Sächsische Flüchtlingsrat hat mangelnde Empathie für Schutzsuchende beklagt, die derzeit vermehrt über die Grenze von Belarus und Polen nach Deutschland kommen. Das betrifft vor allem Menschen aus dem Irak und Syrien. "Der lebensgefährliche Alltag zweier zerstörter Länder scheint - wie die Katastrophe in Afghanistan - abgehandelt, das Bedürfnis der Unterstützung von konfliktgeplagten Menschen gerät in den Hintergrund", erklärte Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat am Freitag in Dresden.

Fokus der Debatte sollte sein, wie man den Menschen schnell helfen kann und dass an der polnischen Grenze mit "Pushbacks und gewalttätigen Übergriffen gerade massiv europäisches wie internationales Recht gebrochen wird". Schmidtkte: "Wie oft tatsächlich Menschen aus der EU geprügelt oder dem Tod überlassen werden, ist gar nicht abschätzbar." Denn die polnische Regierung verwehre Pressevertretern und Nichtregierungsorganisationen den Zugang ins Grenzgebiet zu Belarus.

In den vergangenen Tagen hatten sich Meldungen gehäuft, wonach immer mehr Flüchtlinge über Belarus und Polen nach Deutschland kommen. Nach Angaben der Bundespolizei betraf das allein im sächsischen Teil der deutsch-polnischen Grenze im August und September 750 Menschen und damit viel mehr als in den Monaten zuvor. "Sie berichten davon, dass Kräfte des polnischen Grenzschutzes Gewalt gegen Flüchtende einsetzen, illegale Pushbacks betreiben und Menschen nachts erfrieren", teilte der Flüchtlingsrat mit.

"Was gerade in den Grenzgebieten von Polen und Belarus geschieht, ist ungeheuerlich und bedarf eines Einschreitens der EU, damit rechtsstaatliche Prinzipien wie das Recht auf Asyl gewahrt bleiben", betonte die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel. Das Recht auf Asyl müsse respektiert werden.

Flüchtlingsrat sieht Kapazitätsgrenzen erreicht

Zugleich sieht der Rat etwa in der Leipziger Erstaufnahmeeinrichtung Kapazitäten erreicht. "Statt wie gewöhnlich 400 Menschen leben jetzt bereits 700 Menschen im Lager. Zimmer, die eigentlich für vier Menschen geplant waren, werden nun für die Unterbringung von bis zu zwölf Personen vorbereitet. Ursprünglich angedachte Corona-Schutzkonzepte können kaum mehr eingehalten werden. Die Ankommenden weisen Verletzungen auf, die vor allem durch lange Fußmärsche in der Kälte entstanden - im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus werden erste Tote gemeldet", hieß es.

Nach Angaben der Landesdirektion Sachsen kamen in den vergangenen fünf Tagen im Schnitt 73 Flüchtlinge in die Erstaufnahme. "Momentan verfügen die drei Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates Sachsen über 3913 Plätze. Diese sind mit 2971 Personen belegt", sagte ein Behördensprecher auf Anfrage. Eine Erhöhung der Kapazitäten werde derzeit gemeinsam mit dem Finanzministerium vorangetrieben: "Wie dies genau geschehen wird, steht gegenwärtig noch nicht fest." (dpa)