Sachsens Gärten rüsten sich für Hitze- und Dürrezeiten

Botaniker bücken sich gelegentlich mitten im Gespräch, um ein Kräutlein zu inspizieren oder um die Vitalität einer Pflanze zu prüfen. Oder um den Arm 30 Zentimeter tief in ein Laubbett zu schieben. Bis zum Ellenbogen reicht Barbara Ditsch die Frostschutzschicht, die Gärtner des Botanischen Gartens der TU Dresden im Herbst rings um eine Korkeiche angehäuft hatten. "Vor zehn Jahren haben wir sie hierhin gepflanzt, vorher war sie in einem Kübel", sagt Ditsch und zupft sich welke Blätter vom Ärmel.
Die immergrünen Korkeichen leben normalerweise im westlichen Mittelmeerraum, also in Spanien und Portugal. Sie kommen dort mit Trockenheit, Hitze und Waldbränden zurecht. Die Korkrinde schützt vor Flammen. Verliert der Baum alle Blätter im Feuer, treibt er wieder aus. Diese Eigenschaften helfen der Pflanze auch hier weiter: Büßt sie ihre Blätter durch Frost ein, belaubt sie sich innerhalb eines Jahres neu. Das stresst. "Der Baum würde das zwei oder drei Jahre hintereinander nicht verkraften", sagt Ditsch, die den Botanischen Garten leitet. Die Korkeiche ist ein Versuch mit Zukunftsrelevanz.
"Klimawandel und zunehmende Dürren werden alle Gärten massiv betreffen. Das ist gar keine Frage mehr", sagt Ulrich Pietzarka, Kustos des Forstbotanischen Gartens in Tharandt. Botaniker und Forstleute wie er suchen deshalb schon seit Langem nach Pflanzen, die künftig bei uns gedeihen können. Dafür schauen sie in Regionen, in denen schon jetzt die klimatischen Bedingungen herrschen, die Klimaforscher für Sachsen voraussagen. Das sind im Kern trockene Sommer und warme Winter mit Einbrüchen polarer Kaltluft und Spätfrösten. Auch der Regen wird anders fallen: seltener und wesentlich heftiger. Gewächse, die das auf Dauer nicht tolerieren können, werden eingehen. "Wir sehen solche Verhältnisse im mittleren Westen der USA, in Illinois an der Grenze zu den Great Plains zum Beispiel. Oder in Südosteuropa, in Rumänien, Bulgarien bis hin zum Balkan. Auch im russischen Osten, in der Mandschurei, oder in Kirgistan und Usbekistan", sagt Pietzarka.

Eine riesige Tanne wirft ihren Schatten auf das Korkeichenkind. Die Gärtner des Botanischen Gartens haben es ganz bewusst auf deren Nordseite gepflanzt. So schirmt die Tanne die kleine Eiche vor der vollen Sonne ab. "Im Winter sind Sonne, Trockenheit und lange Frostperioden für immergrüne Pflanzen schwierig", erklärt Barbara Ditsch. Der ellbogenhohe Laubschutz rund um den Wurzelteller bewirkt, dass die Erde erst so spät wie möglich einfriert. Damit kann sich der Baum länger selbst versorgen. Einen Steinwurf entfernt: Eine Schwarzkiefer, die um 1890 zur Gründungszeit des Botanischen Gartens gepflanzt wurde und eine Zeder aus den 1950er-Jahren. Hitze, Trockenheit und Stürme der vergangenen Jahre scheinen ihnen nicht geschadet zu haben. Vielen anderen Nadelbäumen in Sachsen sind sie zum Verhängnis geworden. Dass die Fichte jenseits der Gebirge kaum noch eine Zukunft haben wird, pfeifen inzwischen die Spatzen von den Dächern. Was wird dann wachsen? "Douglasien und Pinien kann ich mir vorstellen", sagt Ditsch. Pietzarka rechnet Wacholder und Zypressengewächsen gute Chancen aus.
"Laubbäume kommen mit den Bedingungen generell besser zurecht", sagt Ingolf Hohlfeld, der am Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) in Pillnitz für den Garten- und Landschaftsbau zuständig ist. Aber auch das gilt nicht für alle. Erlen oder Ulmen anzupflanzen, die nasse Standorte brauchen, mache jenseits von Bachläufen kaum noch Sinn, sagt Pietzarka. "Auch Birken und Eukalyptus sind schwierig." Sie reagieren auf Trockenheit, indem sie dem Boden mehr Wasser entziehen und die Verdunstung steigern.
Im Botanischen Garten knattert ein Traktor vorbei. Dürre Zweige recken sich aus einem Gestell aus Maschendrahtzaun. Hüfthoch ist es mit Laub gefüllt – Winterschutz für die Feige. "Alles, was darüber hinausschaut, erfriert", sagt Ditsch. "Im Garten ist vieles möglich. Es gibt nie eine Garantie, dass es gelingt und die Pflanze gedeiht. Aber man kann es versuchen", sagt Barbara Ditsch. Bei Sonnenröschen und Ananasginster scheint es zu funktionieren. Auch sie sind wärmeliebende Mittelmeerbewohner. Der Ginster ist im marokkanischen Hochland beheimatet und verdankt seinen Namen den fruchtig duftenden gelben Blütentrauben. Mit seinen behaarten Blättern hat er sich an das Klima angepasst und reduziert damit die Verdunstung.
Salbei hat die gleiche Strategie. Auch andere mediterrane und subtropische Gehölze wie Rosmarin, Olivenbäume, Granatapfelbüsche, Myrrhen oder die immergrüne Steineiche werden sich künftig in Sachsen wohlfühlen. Vereinzelt gibt es bereits Fächerpalmen in Vorgärten. "Was bisher eine Quälerei war, wird besser wachsen", ist Pietzarka überzeugt. Es ist nicht so, dass nun bald gar nichts mehr wächst, was hier ursprünglich hergehört. "Das Klima ändert sich. Aber auch viele einheimische Pflanzen haben die Möglichkeit, darauf zu reagieren und ein bis zwei Grad höhere Durchschnittstemperaturen vertragen zu können", beruhigt Babara Ditsch. Auch Ingolf Hohlfeld rät zu Augenmaß. "Es spricht nichts dagegen, sich mit trockenheitsverträglichen Stauden zu befassen. Je leichter der Boden, umso mehr Trockenheitsstress haben die Pflanzen. Aber Lieb gewordenes muss man nicht rausreißen." Prachtstauden wie Dahlien saugen viel Wasser aus dem Boden, Rittersporn braucht Luftfeuchte. "Diese Pflanzen wird es auch weiterhin geben, aber sie werden mehr Arbeit machen", sagt Hohlfeld.
Hobbygärtnern, die wissen möchten, welche wärme- und trockenheitstoleranteren Gehölze sie jetzt schon pflanzen können, rät Barbara Ditsch zur Landpartie. Im Rheintal oder am Kaiserstuhl sind die Temperaturen schon seit 150 bis 200 Jahren deutlich höher als in Sachsen. "Man kann sich anschauen, was dort wächst. Das wird hier auch was werden", sagt sie. Ähnliches gilt für Mittelmeerurlauber. Auch sie können Rückschlüsse ziehen. Das geht auch von daheim aus: Online findet sich eine Liste trockenheitsverträglicher Stauden der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. "Wenn man von Reisen etwas mitbringt, dann bitte immer nur Samen", appelliert die Botanikerin. Denn mit Pflanzen oder Erde könnten Schädlinge und Krankheiten eingeschleppt werden.

Das ist ein Punkt, der auch Wolfgang Friebel, dem ehemaligen Gartenmeister des Pillnitzer Schlossparks, Sorgen bereitet. "Milde Winter lassen Schädlinge überleben, um die wir uns früher keine Sorgen machen mussten. Durch den wenig kontrollierbaren Pflanzenhandel sind die Türen für neue Schädlinge offen. Saubere Luft lässt den Pilzen mehr Chancen. Zum Schluss braucht der Sturm nur noch abräumen", befürchtet er. Das Umweltamt hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass wärmeliebende Pilzkrankheiten wie Echter Mehltau verstärkt und früher aufgetreten sind. Sternrußtau hat den Rosen und die Monilia-Spitzendürre der Forsythie zugesetzt, von den Verheerungen, die der Buchsbaumzünsler inzwischen sachsenweit anrichtet, ganz zu schweigen. Aber auch hier längst etablierte Plagegeister wie Blattläuse und Spinnmilben fühlen sich noch wohler, vermehren sich intensiver, breiten sich schneller aus. Es wird dauern, bis Natur und Mensch darauf Antworten finden.
Der März war der sonnigste seit fast 70 Jahren. Er war auch einer der niederschlagsärmsten. Unter der zarten Schneeschicht, die der April als Begrüßungsgeschenk verteilt, ist der Boden staubtrocken. Solche Tatsachen lassen Ulrich Pietzarka sagen: "Unser Trinkwasser wird so wertvoll sein, dass wir es gar nicht mehr in den Garten gießen dürfen werden. Zu Recht." Um sich auch daheim ein wenig auf den Klimawandel einzustellen, wäre seine erste Maßnahme, die Wasserspeicherkapazitäten auszubauen, Regentonnen aufzustellen oder Zisternen zu errichten. Pietzarka selbst hat vor drei Jahren einen Gartenteich angelegt, aus dem er in trockenen Sommern Gießwasser entnimmt.
Hobbygärtner sind im Gegensatz zu Waldbesitzern klar im Vorteil. Denn sie können ihre Pflanzen intensiver betreuen, vor Frösten schützen, indem sie sie abdecken. Sie können gezielt gießen. Die meisten Obstbäume wie Apfel oder Pflaume werden auch künftig bei uns wachsen. Dazu kommen wärmeliebende Arten wie Pfirsich und Aprikose. Allerdings blühen sie zeitig – Spätfröste können die ganze Ernte kosten. Barbara Ditsch empfiehlt, Bäume in jedem Fall so weit auseinander zu pflanzen, wie die Krone werden soll. "So kann jede Pflanze ihren Wurzelbereich ausdehnen, ohne dass sie sich unterirdisch das Wasser streitig machen", erklärt sie. Unweit ihres Büros wächst eine Bananenstaude. Sie blüht regelmäßig, aber Früchte hat sie noch keine ausgebildet.
Telefonforum zum Saisonbeginn im Garten
- Wetterbedingungen sind nur ein Aspekt, den Hobbygärtner im Blick behalten müssen. Andere sind Bodenbeschaffenheit, Düngung, Rückschnitt, Aussaat und Pflanzenpflege. Haben Sie Fragen dazu?
- Am Dienstag, den 5. April, von 14 bis 16 Uhr stehen Ihnen dafür unsere Gartenfachleute im Telefonforum zur Verfügung.
- Für Sie an den Telefonen sind: Gartenberaterin Helma Bartholomay (0351-48642805), Gartenmeister a. D. Wolfgang Friebel (0351-48642806) und Gartenfachberaterin Katrin Keiner (0351-48642807).