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Sächsische Schweiz: Wunder Natur – wie schnell sich Wälder nach Bränden erholen

Im August 2018 wütete ein Waldbrand im Basteigebiet. Heute ist davon kaum noch etwas zu sehen, es grünt üppig. Das macht auch Hoffnung in der aktuellen Situation.

Von Thomas Möckel
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Nationalpark-Sprecher Hanspeter Mayr an der einstigen Brandstelle: Erstaunlich, dass es so schnell wieder grün wird.
Nationalpark-Sprecher Hanspeter Mayr an der einstigen Brandstelle: Erstaunlich, dass es so schnell wieder grün wird. © Daniel Schäfer

Das Bild ist noch gut in Erinnerung, es zeigt zwei Campingstühle unter einem Felsvorsprung, eine Zeltplane, Isomatten, Handtücher. An dieser Stelle, schwer zugänglich im Elbsandstein gelegen, fanden sich darüber hinaus zwei Ukulelen, Rucksäcke, ein Campingkocher und Reste einer Feuerstelle. Was auf den ersten Blick aussieht wie ein lauschiges Pausen-Plätzchen, war in Wirklichkeit eine illegale Boofe – und offenbar Ausgangspunkt einer bis dato schlimmsten Feuerkatastrophen.

Mutmaßlich ausgehend von dieser Boofe war am 2. August 2018 um die Mittagszeit im Nationalpark Sächsische Schweiz ein Brand ausgebrochen, nahe der Bastei im Gebiet um den Steinernen Tisch. Die Flammen wüteten schnell auf vielen Felsplateaus, insgesamt erfasste das Feuer eine Fläche von 4.000 Quadratmeter. Die Löscharbeiten wurden zur Tortur, das Gelände war steil und unwegsam, die Absturzgefahr groß. Teilweise mussten die Feuerwehrleute von der Bergwacht gesichert werden, um überhaupt an exponierter Stelle löschen zu können. Fast drei Tage schufteten die Einsatzkräfte bei tropischen Temperaturen, dann war das Feuer aus. 19 Waldbrände registrierte die Nationalparkverwaltung 2018, 17 davon waren definitiv von Menschenhand verursacht. Der Brand an der Bastei war Nummer 15, bis dato einer der schlimmsten.

Zurück blieben verbrannte Erde, verkohlte Bäume, ein ausgeglühter Waldboden. Marko Hänsel von der Nationalparkwacht hat das alles dokumentiert, unmittelbar nach dem Brand begann er, die Stellen regelmäßig zu fotografieren. Auf den ersten Fotos ist noch alles schwarz und verbrannt, jegliches Leben und jegliche Natur – so scheint es anfangs – ist auf den Brandherden erloschen. Doch Hänsels Bilder zeigen auch etwas anderes: Das Wunder Natur, die sich schon nach kurzer Zeit ihren Lebensraum zurückerobert. Von den einstigen Brandflächen ist nach vier Jahren kaum noch etwas zu sehen, das macht auch Hoffnung in der aktuellen Situation.

Ein Foto vom August 2018: Im Brandgebiet ist die Natur zerstört.
Ein Foto vom August 2018: Im Brandgebiet ist die Natur zerstört. © Marko Hänsel
Marko Hänsel von der Nationalparkwacht: Vier Jahre später ist die Natur zurück.
Marko Hänsel von der Nationalparkwacht: Vier Jahre später ist die Natur zurück. © Daniel Schäfer
Plateau in Elbnähe im August 2018: Das Feuer ließ nur den nackten Felsen zurück.
Plateau in Elbnähe im August 2018: Das Feuer ließ nur den nackten Felsen zurück. © Marko Hänsel
Felsplateau in Elbnähe im August 2022: Abgestorbene Bäume zeugen noch vom Brand, doch längst wächst neues Grün.
Felsplateau in Elbnähe im August 2022: Abgestorbene Bäume zeugen noch vom Brand, doch längst wächst neues Grün. © Daniel Schäfer
Verkohlte Borke: Einige Brandspuren von 2018 sind auch heute noch zu sehen, verkohltes Holz verfault nicht.
Verkohlte Borke: Einige Brandspuren von 2018 sind auch heute noch zu sehen, verkohltes Holz verfault nicht. © Daniel Schäfer
Löscharbeiten im August 2018: Die Feuerwehrleute mussten in dem unwegsamen Gelände extra gesichert werden.
Löscharbeiten im August 2018: Die Feuerwehrleute mussten in dem unwegsamen Gelände extra gesichert werden. © Archiv/Daniel Schäfer
Illegale Boofe 2018 im Basteigebiet: Mutmaßlich ging von dieser Stelle das Feuer aus.
Illegale Boofe 2018 im Basteigebiet: Mutmaßlich ging von dieser Stelle das Feuer aus. © Polizei

Erstaunt, wie schnell neue Bäume wachsen

Seit zwei Wochen brennt es in der Hinteren Sächsischen Schweiz, die bislang verheerendste Brandkatastrophe, die Fläche, wo das Feuer tobt, ist wesentlich größer als jene damals an der Bastei. „Angesichts dessen wollen aber auch viele Menschen wissen, wie es auf den verbrannten Flächen weitergeht“, sagt Nationalpark-Sprecher Hanspeter Mayr. Daher gelte es auch jetzt, das Interesse am Wald und seiner Entwicklung aufrechtzuerhalten – und zu zeigen, dass die Natur auch nach solch schlimmen Ereignissen in der Lage ist, sich selbst zu heilen.

Weil Bilder mehr sagen als Worte, hat die Nationalparkverwaltung zu einem Vorort-Termin eingeladen auf den einst verbrannten Flächen im Basteigebiet, gelegen in der Nationalpark-Kernzone, die eigentlich abseits der Wege nicht betreten werden darf. Zu den Felsplateaus geht es über steile Passagen, über jahrhundertealte Stiegen mit ausgetretenen Sandsteinstufen, kaum vorstellbar, wie die Feuerwehr damals auf diesem Terrain die Löschstrecken über 400 Meter aufgebaut hat.


Der erste Halt ist an einer kleinen Schlucht, sie war damals vollkommen ausgebrannt, wegen der Kaminwirkung wüteten die Flammen hier besonders schlimm. Erschwerend kam hinzu: Das Feuer brach kurz vor Ende der Vegetationsperiode aus, ab Herbst tut sich bei der Natur nicht mehr viel, alles fällt in den Ruhemodus. Es blieb kaum Zeit, um sich zu erholen. „Doch schon im September zeigte sich hier das erste Grün“, sagt Hänsel, „und wir haben alle gestaunt, wie schnell das geht.“

Ringsum wächst üppig Heidekraut, wer nicht weiß, dass es hier brannte, sieht davon nichts. Mayr zeigt auf kleine Kiefern, etwa vier Jahre alt, sie müssen sich unmittelbar nach dem Feuer ausgesamt habe. Sie reifen nun zu einer Besonderheit heran – zu einem Riffkiefernwald, wie es ihn so nur in der Sächsischen Schweiz gibt. „Das ist genau der Wald“, sagt Mayr, „wie er hier von Natur aus wachsen würde."

Verbrannter Humus ist nährstoffreicher Dünger

Die nächste Station ist ein Plateau kurz vor der Elbe, hier haben die Feuerwehrleute den Waldboden großflächig aufgerissen, um an die tieferliegenden Glutnester zu kommen. So schlimm das Feuer auch war, für die Natur hatte es auch etwas Gutes: aus dem verbrannten Humus wird nährstoffreicher Dünger für die kommende Pflanzengeneration. An einigen Kiefern sind noch Brandspuren zu sehen, die Flammen schlugen hier mehrere Meter hoch, die Hitze ließ die Zellen unter der Borke platzen, die Bäume hatten keine Chance. Das verkohlte Holz wird noch lange bleiben, es verfault nicht.

Auf dem Vorsprung gegenüber war nach dem Feuer nackter Fels, inzwischen stehen überall kleine Birken, Kiefern, Fichten und Pappeln, manche davon sind bereits übermannsgroß. Es sind sogenannte Pionierbäume, die sich besonders gut mit dem kargen Terrain arrangieren. Das erste Grün war bereits einen Monat nach dem Brand zu sehen, die Fachleute waren erstaunt, dass im Herbst überhaupt etwas in diesem Ausmaß wuchs. „Daher ist es schon ein Wunder“, sagt Hänsel, „dass es hier schon wieder fast so aussieht wie früher". Die neuen Samen hat größtenteils der Wind herbei geweht, aber auch Tiere und Insekten verbreiten die Keimlinge, auch über große Entfernungen.

Für die Nationalpark-Experten gibt das viel Zuversicht, dass sich auch die Gegend um den Winterberg so entwickelt. Allerdings, sagt Mayr, werde es dort wohl nicht so schnell wie an der Bastei gehen, dazu seien die vom Brand betroffenen Flächen zu groß und zu ausgeglüht. „Aber die Hoffnung ist groß“, sagt der Nationalpark-Sprecher, „dass sich die Natur auch in dieser Gegend wieder erholt.“